Osterburken: Gegen Beschränkungen in Fachmarktzentrum
Gemeinderat stellt Weichen für flexible Weiterentwicklung - Verzicht auf Ausschluss zentrenrelevanter Sortimente

"Hätten wir damals gewusst, dass der ganz große (Lebensmittel-) Markt nicht kommt, wäre der Bebauungsplan anders ausgefallen", stellte Bürgermeister Jürgen Galm fest und machte damit Änderungsbedarf deutlich, ehe Planer Glaser vom Ingenieurbüro für Kommunalentwicklung (Mosbach) einen Rückblick auf die Planungsgeschichte des Fachmarktzentrums Industriestraße gab und die Erforderlichkeit einer Planänderung und deren Zweck erläuterte.
Kernziel bei der Aufstellung des Bebauungsplans im Jahr 2008 war demnach neben der Ansiedlung kleinerer Fachmärkte die Realisierung eines Lebensmittel-Vollsortimenters (Supermarkt), der mit mit 1 500 Quadratmetern rund 70 Prozent der damals geplanten Gesamtverkaufsflächen von 2 180 Quadratmetern einnehmen sollte.
Aufgrund dieser Gesamtgröße der Verkaufsflächen sei gemäß Baunutzungsverordnung und Regelungen des Einzelhandelserlasses Baden-Württemberg für das Fachmarktzentrum eine Sondergebietsausweisung erforderlich gewesen. Im Sondergebiet seien zudem nur die Einzelhandelssortimente Lebensmittel, Textil, Drogerie und Garten-/Baumarkt mit eng definierten Verkaufsflächenobergrenzen für zulässig erklärt worden.
Zusätzlich wurden damals in der südlich angrenzenden, bisher noch nicht bebauten gewerblichen Baufläche die zentrenrelevanten Angebotssortimente Lebensmittel, Drogeriewaren, Textilien und Schuhe zur Vermeidung einer unverträglichen Einzelhandels-Agglomeration ausgeschlossen.
Da in dem 2009 errichteten Fachmarktzentrum der zentrale Baustein Lebensmittel-Vollsortimenter, der die Sondergebietsausweisung überhaupt erforderlich machte, nicht realisiert wurde und gleichzeitig durch die engen sortimentsbezogenen Beschränkungen eine Weiterentwicklung der kleineren Fachmärkte verhindert und Neuansiedlungen erschwert würden, empfehle sich die Änderung und Teilaufhebung des Bebauungsplans, unterstrich Glaser.
Auch Bürgermeister Galm verwies auf Handlungsbedarf. Wenn es bei den bisherigen Beschränkungen bliebe, müsse bei jedem Ansiedlungswunsch erst ein aufwändiger Verfahrensweg beschritten werden, der potenzielle Investoren abschrecke. Er wisse, dass im Stadtzentrum "nicht jeder glücklich" wäre über einen Wegfall von Sortimentsbeschränkungen im Fachmarktzentrum, betonte Galm und stellte heraus, dass es ein wichtiges Anliegen sei, die Innenstadt und ihre Geschäftswelt attraktiv zu halten. Allerdings dürfe man auch Weiterentwicklungen auf dem Areal an der Industriestraße nicht verhindern.
Über das Für und Wider in Sachen Bebauungsplanänderung entwickelte sich im Gemeinderat eine längere Debatte, in der eingangs auch die Vertreter des Gewerbevereins zu Wort kamen. Vorsitzender Wohlfart und Hartmut Rauch machten dabei deutlich, dass die beabsichtigte Aufhebung der Vorgaben für das Fachmarktzentrum nicht eben Freude in der innerörtlichen Geschäftswelt auslöse. Man wolle zwar "kein Bremser" sein, es sei aber fraglich, ob es sinnvoll sei, auf die Beschränkungen zu verzichten, betonte Rauch, und für den Gewerbeverein erhoffte sich Wohlfahrt eine Art Mitspracherecht bei Entscheidungen über die Ansiedlung von Anbietern innenstadtrelevanter Sortimente.
Werner Geiger (Freie Wähler) sprach sich mit Nachdruck dafür aus, es bei den bisherigen Beschränkungen zu belassen und bei Bedarf im Einzelfall zu entscheiden. Damit sei man bisher gut gefahren. Der Stadt dürfe es nicht egal sein, wer im Fachmarktzentrum welches Angebotsspektrum anbiete. Auch sein Ratskollege Erwin Knörzer-Ehrenfried mahnte, sich Steuerungsinstrumente nicht aus der Hand nehmen zu lassen.
Dagegen unterstrichen unter anderem die CDU-Räte Andreas Heck, Johannes Geier und Dr. Xaver Nafz die Notwendigkeit einer Änderung, weil Einschränkungen Investitionen verhindern könnten. Geier rief zu einer "liberaleren" Haltung auf, und Heck wies darauf hin, dass man mit einem Festhalten an der bisherigen Regelung auch Anbieter ausschließen würde, die in der Innenstadt gar keine Ansiedlungsmöglichkeiten fänden.
Gemeinderätin Sabine Kühnel-Kaiser (BIO) verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass es in der Friedrichstraße aktuell andere Probleme gebe als Konkurrenz im Fachmarktzentrum.
Nach längerer Aussprache sprach sich der Gemeinderat schließlich einstimmig für die Aufhebung des Bebauungsplans für das bisherige Sondergebiet aus. Das mittlerweile bebaute Areal soll dem Innenbereich gemäß Baugesetzbuch zugeordnet werden.
Bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung wurde zugleich beschlossen, die einzelhandelsbezogenen Nutzungsausschlüsse im Gewerbegebiet im Süden aufzuheben. Dort soll der Bebauungsplan beibehalten werden, um einen städtebaulich klaren Rahmen für eine zukünftige Bebauung zu geben.
Die Planänderung und -aufhebung dient, wie vom Planer betont worden war, der flexiblen und raumordnerisch verträglichen Weiterentwicklung des bestehenden Fachmarktzentrums unterhalb der Schwelle einer großflächigen Einzelhandelsnutzung sowie der gewerblichen Weiterentwicklung von Osterburken.
Im Einzelnen umfasst die Bebauungsplanänderung folgende Punkte: Reduzierung des Geltungsbereichs auf das festgesetzte Gewerbegebiet und Aufhebung des Plans im Bereich der Sondergebietsausweisung. Der Bebauungsplan besitzt damit noch eine Größe von 0,92 Hektar und enthält den Verzicht auf den Ausschluss der zentrenrelevanten Sortimente Lebensmittel, Drogeriewaren, Textilien und Schuhe im verbleibenden Gewerbegebiet.