Kasernen in Hardheim und Walldürn: Kommen nach den Asylbewerbern chinesische Studenten?
Ideen für die Nachnutzung der Bundeswehrliegenschaften in Hardheim und Walldürn vorgestellt - Erlebnispark in Altheim denkbar

Mitte 2017 gibt die Bundeswehr die Hardheimer Carl-Schurz-Kaserne endgültig auf. Wird dort dann eine Hochschule eingerichtet? Foto: R. Busch
Von Rüdiger Busch
Hardheim/Walldürn. Ein Freizeitpark mit Achterbahn und Riesenrad, ein internationaler Bildungsstandort mit 1000 Studenten aus China und Indien und ein "grüner" Gewerbepark: Die Ideen für die künftige Nutzung der militärischen Liegenschaften im Raum Hardheim-Walldürn sind vielversprechend und könnten dafür sorgen, dass die Folgen der Konversion für die Region weniger schmerzlich ausfallen, als derzeit zu erwarten ist. Was sich davon aber wirklich umsetzen lässt, das steht noch in den Sternen.
Am Donnerstag stellte Prof. Dr. Peter Heck vom IfaS-Institut (Umwelt-Campus Birkenfeld) in Hardheim das von ihm und seinen Mitarbeitern erarbeitete Konversionsentwicklungskonzept vor. Konkret geht es um die Standorte Carl-Schurz-Kaserne (38 Hektar, Schließung voraussichtlich 2017), Materiallager Wurmberg (20 Hektar, 2019) und Munitionsdepot Altheim (105 Hektar, 2017).
Drei Themenschwerpunkte wurden erarbeitet: Bildung, Tourismus und Gewerbe. Für das Munitionsdepot Altheim, sieht das Konzept einen Erlebnispark rund um das Thema "Erneuerbare Energien" vor. Ein Waldlehrpfad, Ausstellungen zu Photovoltaik und Windkraft sind ebenso vorgesehen wie ein Parcours mit Elektrokarts.
Neben der Bildung soll der Spaß nicht zu kurz kommen, weshalb auch eine Sommerrodelbahn oder ein Abenteuerspielplatz angedacht sind. Auf 25 Millionen Euro werden die Investitionskosten geschätzt. Für das Materiallager in Hardheim wurde die Idee eines "Null-Emissions-Gewerbeparks" geboren, in dem sich innovative Unternehmen ansiedeln könnten - am liebsten aus dem Bereich "Erneuerbare Energien". Nicht nur das Materiallager, sondern alle drei Standorte sollen komplett mit regenerativer Energie versorgt werden. Die Carl-Schurz-Kaserne könnte nach dem endgütigen Auszug der Bundeswehr ein Hort der Bildung werden. Ein so genanntes Freshman-Programm, in dem zum Beispiel chinesische Studenten auf ihr Studium in Deutschland vorbereitet werden, könnte den Startpunkt für einen Bildungsstandort darstellen. "Allein in China fehlen jährlich zwei Millionen Studienplätze", zeigte Prof. Dr. Heck auf. Private Bachelor- oder Masterstudienangebote könnten ergänzend dafür sorgen, dass ein internationaler Hochschulstandort aufgebaut werden könnte.
In den nächsten Monaten soll nun versucht werden, diese Ideen mit Leben zu füllen, Fördermöglichkeiten abzuklopfen und mögliche Partner und Investoren zu finden. Ein großes Fragezeichen stellt aber die Landeserstaufnahmeeinrichtung für 650 Flüchtlinge in der Kaserne dar. Solange nicht abzusehen ist, wie lange diese betrieben wird, erscheint eine Nachnutzung nur sehr schwer möglich. Und nicht zuletzt ist der Bär, über dessen Fell nun spekuliert wird, noch lange nicht erlegt: Die Bundeswehr ist auf der Suche nach einem neuen Panzerbataillon in Süddeutschland. Der Standort Hardheim soll dabei in der engeren Auswahl sein, wie aus gut unterrichteten Kreisen zu hören ist ...
Hintergrund
Von Rüdiger Busch
Hardheim. Ein Bildungsstandort mit ausländischen Studenten und einheimischen Auszubildenden, ein Freizeitpark, der sich um das Thema "Erneuerbare Energien" dreht und Gewerbeflächen: So könnte die zukünftige Nutzung der militärischen Liegenschaften im
Von Rüdiger Busch
Hardheim. Ein Bildungsstandort mit ausländischen Studenten und einheimischen Auszubildenden, ein Freizeitpark, der sich um das Thema "Erneuerbare Energien" dreht und Gewerbeflächen: So könnte die zukünftige Nutzung der militärischen Liegenschaften im Konversionsraum Hardheim-Walldürn aussehen. Zu diesem Ergebnis kommt das Konversionsentwicklungskonzept (KEK), das am Donnerstagabend in der Hardheimer Erftalhalle öffentlich vorgestellt wurde. Inwieweit sich die vorgestellten Ideen und Gedankenspiele in die Tat umsetzen lassen, ist aber noch völlig offen.
Besondere Projekte erfordern besondere Maßnahmen: Erstmals fanden sich die Gemeinderäte aus Hardheim, Höpfingen und Walldürn zu einer gemeinsamen Versammlung ein. Neben interessierten Bürgern waren auch Landrat Dr. Achim Brötel, IHK-Geschäftsführer Bernhard Kraft, Bereichsleiter Jürgen Gergely von der Handwerkskammer und Friedrich Pelgen vom Regierungspräsidium Karlsruhe gekommen.
"Was kommt danach?" Diese Frage beschäftige die betroffenen Gemeinden seit der Bekanntgabe der Standortschließungen im Oktober 2011", sagte Bürgermeister Volker Rohm. Während in den Ballungszentren sehnsüchtig auf die Freigabe der militärischen Liegenschaften gewartet werde, bedeute die Konversion für den ländlichen Raum eine Herkulesaufgabe.
Konversionsbeauftragter Meikel Dörr stellte die Entwicklung seit der Standortentscheidung dar. Von 2050 Dienstposten im Konversionsraum fallen 1120 weg. Konkret geht es um die Standorte Carl-Schurz-Kaserne (38 Hektar, Schließung voraussichtlich 2017), Materiallager Wurmberg (20 Hektar, 2019) und Munitionsdepot Altheim (105 Hektar, 2017). Das vom Land geförderte Gutachten (Kosten: rund 150 000 Euro, Zuschuss: ca. 100 000 Euro) wurde in den zurückliegenden beiden Jahren vom IfaS-Institut erarbeitet
Institutsleiter Prof. Dr. Peter Heck stellte zunächst die Erfolgsgeschichte des von ihm mitentwickelten Umwelt-Campus Birkenfeld vor. Aus einer ehemaligen US-Kaserne wurde ein Hochschulstandort mit knapp 3000 Studenten.
"Wir müssen aus der Not eine nachhaltige Tugend machen", unterstrich Heck. Deshalb hätten seine Mitarbeiter und er drei Themenschwerpunkte (siehe unten und S. 5) herausgefiltert:
> Bildungsstandort (sowohl akademische als auch nicht-akademische Angebote)
> Tourismus
> gewerbliche Infrastrukturnutzung
Parallel spiele auch das Thema Energie eine große Rolle: Ziel sei es, die drei Standorte komplett mit regenerativer Energie zu versorgen. Durch eine Dämmung der Gebäude könnte je nach Bauart und Zustand zudem Energie eingespart werden. Außerdem sei das Potenziale für Photovoltaikanlagen größer als der geschätzte Strombedarf.
Doch wie geht es jetzt weiter? Prof. Heck schlug vor, bis Mitte des Jahres ein Starterteam ins Leben zu rufen, das aus Vertretern der lokalen Wirtschaft, von Tourismusverbänden, Bildungsträgern oder lokalen Initiativen bestehen sollte. In einer zweiten Entwicklungsstufe soll anschließend eine Konversions-Entwicklungsgesellschaft gegründet werden, welche die geschäftsführenden Aufgaben der Konversionsstandorte bis zur vollständigen zivilen Nachnutzung übernehmen würde.
In der anschließenden Diskussionsrunde schlug Martin Berberich vor, ein Gründerzentrum in der Kaserne einzurichten. Diesen Vorschlag nahm Heck auf.
Walldürns Bürgermeister Markus Günther zeigte sich vom Konzept angetan und unterstrich, dass nun die nächsten Schritte folgen müsste. Die innovativen Ideen passten gut in die Region. Die Begeisterung müsse man nun an die Unternehmen und die Bevölkerung weitergeben. Allerdings sei klar, dass es eine Mammutaufgabe für die nächsten zehn bis 15 Jahre sei.
Hintergrund
Von Heiko Schattauer und Rüdiger Busch
Mosbach/Hardheim. Nicht der Abzug der US-Armee, sondern die Schließung von Bundeswehrkasernen war und ist eine Herausforderung für zwei weitere Kommunen in der Region. In Mosbach ist der Konversionsprozess fast abgeschlossen, in
Von Heiko Schattauer und Rüdiger Busch
Mosbach/Hardheim. Nicht der Abzug der US-Armee, sondern die Schließung von Bundeswehrkasernen war und ist eine Herausforderung für zwei weitere Kommunen in der Region. In Mosbach ist der Konversionsprozess fast abgeschlossen, in Hardheim ist er erst am Anfang.
Nach dem Militär ist vor der "Mischnutzung" - zumindest bei der Konversion der ehemaligen Neckartalkaserne auf dem Mosbacher Hardberg. Nachdem Mitte 2010 die letzten Bundeswehrsoldaten vom 27 Hektar großen Areal abgezogen sind, zeichnet sich seit Frühjahr 2014 ein Abschluss des Umwandlungsprozesses ab. Im April stimmte der Mosbacher Gemeinderat für eine Änderung des Flächennutzungsplans für das vom Militär nicht mehr benötigte Gelände. Das soll künftig eine "Mischnutzung" erfahren: Das Mosbacher Entsorgungsunternehmen Inast will sich dort ansiedeln, der Bundesverband Rettungshunde plant die Einrichtung eines Schulungszentrums.
Über den Kaufpreis hat man sich längst verständigt, Zahlen nennen will weder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) als Verkäufer noch Inast als Käufer. Derzeit werden laut Bima-Mitarbeiter Tobias Kerschke die notwendigen Verträge erarbeitet, bis Mitte des Jahres soll die Übergabe dann abgeschlossen werden.
Bis Ende 2015 könnte es erste Umzüge von Inast aufs Gelände geben, "wenn alles optimal läuft", so Prokurist Michael Hörtkorn. Nach viereinhalb Jahren wird die Konversion der Neckartalkaserne also abgeschlossen sein. Im Rahmen des Konversionsprozesses hatte es zwei Bürgerbeteiligungen und Mosbachs erstes Bürgercafé gegeben. Dabei hatte sich die Mischnutzung mit Gewerbe und Ausbildung als die realistischste Variante herauskristallisiert.
Besonders betroffen von der Strukturreform ist der Raum Hardheim-Walldürn im nordöstlichen Teil des Neckar-Odenwald-Kreises: Auf einer Strecke von gerade einmal 15 Kilometern werden gleich drei Standorte geschlossen, in denen zu Hochzeiten mehr als 1000 Soldaten und weit über 100 zivile Mitarbeiter gearbeitet haben. In Hardheim werden 2017 die für viele Millionen Euro sanierte Carl-Schurz-Kaserne (38 Hektar) und 2019 das Materiallager (20 Hektar) zugemacht. In Walldürn wird 2017 das Munitionsdepot (106 Hektar) im Ortsteil Altheim geschlossen. Die ersten Auswirkungen des Truppenabzugs auf die Bevölkerungsstruktur, die Beschäftigungssituation oder den Einzelhandel sind bereits jetzt zu spüren.
Die Kommunen haben den "Konversionsraum Hardheim-Walldürn" gegründet und beim Institut für angewandtes Stoffstrommanagement der Universität Trier ein kommunales Entwicklungskonzept in Auftrag gegeben. Ziel ist es, Ideen für mögliche Nachnutzungen im Bereich erneuerbare Energien, Bildung und Tourismus zu finden.
Der erste Nachnutzer wurde aber bereits gefunden: In der Carl-Schurz-Kaserne stellt die Firma Kuhn aus Höpfingen seit über einem Jahr umweltfreundliche Wasserkraftschnecken her. Aktuell bemüht sich die Hardheimer Hollerbach-Gruppe (Hoch- und Tiefbau, Metallbau, Ladenbau) darum, einen Teil des Materiallagers bereits vor dem Abzug 2019 nutzen zu können.
Die europaweit tätige Unternehmensgruppe (520 Mitarbeiter) möchte ihren Sitz dorthin verlagern, scheiterte aber bislang am Nein der Bundeswehr. Auch dank breiter politischer Unterstützung hat das Verteidigungsministerium nun Gesprächsbereitschaft signalisiert.
Hintergrund
Breiten Raum nahm zunächst der Punkt "Konversion militärischer Liegenschaften" mit der Auftragsvergabe zur Erstellung eines Kommunalen Konversions-Entwicklungskonzepts (KEK) ein. Wie Meikel Dörr ausführte, wurde der Gemeindeverwaltungsverband durch die Gemeinderäte der Mitgliedsgemeinden mit der Auftragsvergabe betraut. Der Lenkungskreis habe sechs Fachbüros zur Erstellung des Konzepts ausgewählt und diese zur Angebotsabgabe aufgefordert.
Nach weiteren Informationen von Prof. Dr. Peter Heck vom Institut für angewandtes Stoffstrommanagement, Fachhochschule Trier - Umwelt Campus Birkenfeld, beschloss die Verbandsversammlung einstimmig, dieses Institut zum Preis von 131 940 Euro mit der Erstellung eines Kommunalen Konversions-Entwicklungskonzept zu beauftragen. Damit erhielt der teuerste, aber nach Ansicht der Entscheidungsträger vielversprechendste Bewerber den Zuschlag.
In welche Richtung die Konzepte und Vorschläge der Experten gehen werden, lässt sich zum aktuellen Zeitpunkt natürlich noch nicht sagen. Die Auftragsvergabe zeigt aber deutlich, dass potenzielle Nachnutzungen für die Hardheimer Kaserne, das Materiallager und das Munitionsdepot Altheim aber in den Schwerpunktebereichen Energie und Bildung gefunden werden könnten.
Schließlich gilt Heck als Experte für erneuerbaren Energien. So leitet er das Institut für angewandtes Stoffstrommanagement (IfaS) in Birkenfeld. In der Referenzliste von IfaS steht zum Beispiel das Kompetenzzentrum Erneuerbare Energien, das in der ehemaligen Bundeswehrkaserne Heinrich Hertz in Birkenfeld entsteht, oder die Morbacher Energielandschaft auf einer Konversionsfläche von mehr als 140 Hektar.
Auch in der Region ist Prof. Dr. Heck kein Unbekannter: Für den Landkreis arbeitet er gerade an einem regionalen "Klimaschutzorientierten Investitionsprogramm" (die RNZ berichtete).
Der Gemeindeverwaltungsverband hat die Ampel durch seine Auftragsvergabe auf "Grün" gestellt. Denkbar sind ein Kompetenzzentrum für Erneuerbare Energien, mit Schulung, Vorführung und Forschung. So besteht auf diesem Sektor eine große Nachfrage - zum einen innerhalb Deutschlands, aber auch ausländische Studenten und Institutionen interessieren sich für deutsche Umwelttechnologien. Doch dies ist zum derzeitigen Stand alles noch Zukunftsmusik.
Und das Ganze kann natürlich auch wieder in eine andere Richtung gehen: "Wir sind nach wie vor offen für andere Lösungen, zum Beispiel Gewerbeansiedlungen", sagte der stellvertretende Verbandsvorsitzende, Hardheims Bürgermeister Heribert Fouquet, auf Nachfrage der RNZ. Falls die von IfaS erarbeiteten Konzepte aber zielführend seien, dann spreche nichts dagegen, diesen Weg auch einzuschlagen.
Einstimmig beschloss die Verbandsversammlung außerdem eine neue Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Wahrnehmung von Aufgaben als Untere Verwaltungsbehörde und als Untere Baurechtsbehörde. Die neuen Gebühren betragen, wie Sabine Böna erläuterte, je Stunde 56 Euro (zuvor 48 Euro) sowie je Viertelstunde 14 Euro (zuvor 12 Euro).
Auch die Forcierung des Tourismus war Thema: Bei zwei Enthaltungen vergab die Verbandsversammlung den Auftrag zur über die Anschaffung von je zwei Elektrorädern pro Verbandsgemeindean die Firma Zweirad Kreis (Walldürn) zum Preis von 15 300 Euro. Die Kosten für die Vermietung eines Pedelec betragen für einen Tag 17 Euro, für einen halben Tag zwölf Euro und für sieben Tage 95 Euro. Ohne Aussprache genehmigte die Verbandsversammlung einen eigenen Internetauftritt für den Verband. Mit der Erstellung beauftrage das Gremium die Werbeagentur Schreiber und Grimm (Buchen) zum Preis von 8829,80 Euro.
Der Verband fasste ferner den Aufstellungsbeschluss für die Änderung der 1. Fortschreibung des Flächennutzungs- und Landschaftsplanung im Parallelverfahren zum vorhabenbezogenen Bebauungsplan für das Sondergebiet zur Erweiterung der bestehenden Biogasanlage im Gewann Spangelrain, Gemarkung Walldürn. Das Gremium fasste auch den Aufstellungsbeschluss für die Änderung des Flächennutzungs- und Landschaftsplanes im Parallelverfahren zur 3. geplanten Bebauungsplanänderung "Walldürner Berg", Gemarkung Waldstetten. Die Änderung dient der Abrundung dieses Wohngebietes.
Bürgermeister Markus Günther verabschiedete abschließend Bürgermeister Ehrenfried Scheuermann als seinen Stellvertreter und dankte für die jederzeit gute Zusammenarbeit.