Hochwasser im Neckar-Odenwald-Kreis: Regen, Wasser
 und kein Ende

Unwetterartige Niederschläge sorgen 
in Billigheim, Dallau und entlang
 des Neckars für Überschwemmungen

30.05.2016 UPDATE: 31.05.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 59 Sekunden

Land unter am Campingplatz: Aufgrund des extrem schnell steigenden Neckarpegels mussten die Plätze in Neckarzimmern und Binau (unsere Aufnahme) gestern eilig geräumt werden. In Billigheim und Elztal sorgten Überschwemmungen derweil für immense Verwüstungen und Schäden. Foto: Heiko Schattauer

Von Heiko Schattauer

Neckar-Odenwald-Kreis. Regen, Regen, Regen. Nach dem Unwetter vom Samstagabend und dessen zum Teil verheerenden Folgen sorgten die Unmengen an Regen, die in der Nacht von Sonntag auf Montag über der Region niedergingen, für Chaos und Verwüstung. Nachdem am Sonnabend vor allem das Winterhauchdorf Schollbrunn und Neckargerach betroffen waren, erwischte das neuerliche Unwetter nun insbesondere Billigheim und seine Ortsteile sowie Dallau. In Form eines rasant steigenden Wasserpegels löste der Starkregen zudem entlang des Neckars Unruhe aus.

Vor allem in Allfeld bot sich nach Überschwemmungen ein Bild der Verwüstung, in Neckarzimmern und Binau mussten im Morgengrauen die Campingplätze evakuiert werden, um Schlimmeres zu verhindern.

"So schnell ist der Neckar noch nie gekommen", berichtet Martha Hunzinger aus Neckarelz von den unschönen Erfahrungen in der Nacht von Sonntag auf Montag. Während der Regen unaufhörlich niederprasselte, stieg auch der Pegel des Neckars unaufhaltsam - und vor allem sehr schnell. So schnell, dass man auch flussabwärts in Binau ganz schnell handeln musste. "Um 4.30 Uhr kam die Meldung", erklärt Björn Andres, Betreiber des Campingsplatzes "Fortuna", "dass der Neckar im Laufe des Montagvormittags die Marke von 7,50 Meter erreichen wird." Eine ob des Dauerregens "sehr unruhig" schlafende Dauercamperin hatte den Platzbetreiber mit den neuesten Prognosen zur Hochwasser-Entwicklung versorgt. Und da es ab 6 Meter Wasserhöhe unangenehm nass auf dem Zelt- und Caravanplatz am Neckar wird, gab es nur eine Möglichkeit: Räumung.

Andres verständigte umgehend Feuerwehr und Gemeindeverwaltung, Hilfe folgte auf dem Fuße. "Wir sind seit 5 Uhr im Einsatz", schildert Bürgermeister Peter Keller am frühen Vormittag, in Gummistiefeln und Bundeswehrparka vor Ort anpackend. Gegen 3 Uhr in der Nacht hatte er bereits eine Meldung aufs Handy bekommen, dass der Neckar einen Pegel von 3,40 Meter (Normal sind etwa 2,20 Meter) erreicht habe. Kein Grund zur Aufregung, dachte sich der Schultes. Als dann um 4.45 Uhr allerdings bereits 5 Meter von der Schleuse Gundelsheim übermittelt wurden, wurde auch Keller schlagartig bewusst: Jetzt droht Schlimmeres.

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Das konnte indes verhindert werden, weil rund um den Fortuna-Platz schnelle Hilfe geleistet wurde. Mithilfe von Feuerwehr, Gemeinde und schwerem Gerät wurden rund 70 Stellplätze eilig geräumt, während im Hintergrund die braunen Fluten des Neckars mehr und mehr ins Areal sickerten. "Die Organisation war wirklich top", lobt Dauercamper Hubert Alter aus Fürth. Kurz vor neun Uhr war das allermeiste in Sicherheit gebracht, eine Vielzahl an Wohnwägen und -mobilen an den hoch gelegenen Sportplatz geschafft worden.

Vor allem für die Dauercamper mit den "Waterfront"-Plätzen war unterdessen schnelles Handeln angesagt. Mit Erreichen der Sechs-Meter-Marke standen die ersten Pavillons und Blumenbeete schon im bzw. unter Wasser. "Um kurz nach fünf Uhr hat das Telefon geklingelt", schildert Ira Barber aus Bad Rappenau, wie sie die Nachricht von der ad-hoc-Räumung erreichte. Die dreifache Mutter musste dann erst mal auf die Schnelle den Schultransfer ihrer Kinder organisieren, um sich dann zur Rettungsaktion auf den Weg nach Binau zu machen.

Räumung war auch ein paar Kilometer weiter neckaraufwärts angesagt, am Campingplatz "Cimbria" in Neckarzimmern. Bis der Scheitelpunkt des Hochwassers (knapp sieben Meter) am Mittag erreicht war, hatte man den Platz längst in Eigenregie geräumt.

In Billigheim, Sulzbach, Allfeld und Dallau wurde zu diesem Zeitpunkt bereits das ganze Ausmaß des (nächtlichen) Hochwassers offensichtlich. Immense Wassermengen waren gleich an mehreren Stellen durch die Teilorte geschossen, rissen Pflastersteine, Geröll, Schlamm und Autos mit sich. "Da ist man den Tränen nahe, wenn man das sieht", so Kreisbrandmeister Jörg Kirschenlohr gestern Nachmittag, nachdem er sich in Billigheim und Elztal ein Bild der Unwetterfolgen gemacht hatte. Wie schon in Schollbrunn und Neckargerach waren es auch hier die immensen Mengen an Oberflächenwasser, die in der Nacht auf Montag Sturzbäche durch Gassen und Wege schießen ließen. Dazu traten Schefflenz, Elz und Sulzbach über die Ufer - mit verheerenden Folgen. In Allfeld, so Kirschenlohr weiter, habe man die aktuellen Überschwemmungen zum Teil als noch schlimmer als das Jahrhunderthochwasser von 1993 wahrgenommen. Der Kreisbrandmeister berichtet von rund 400 Feuerwehrmännern und -frauen, 60 THW-Helfern und gut zwei Dutzend DRK-Kräften, die am Montag in Billigheim und Elztal (erneut) im Einsatz waren. "Ich habe seit Samstag vier Stunden geschlafen", erklärt Kirschenlohr, "und damit bin ich nicht allein." So mancher Helfer sei inzwischen an der Belastungsgrenze angelangt.

Indes ist die Bahnstrecke zwischen Neckarsulm und Neckarelz betroffen. Dieser Abschnitt ist bis voraussichtlich Freitag, 3. Juni, für den Zugverkehr gesperrt. Ein Ersatzverkehr mit Bussen ist eingerichtet.

Beeindruckt zeigt sich der Kreisbrandmeister unterdessen von der Bürgerhilfe. "Es ist toll zu sehen, wie sich die Leute gegenseitig helfen, wie viele mit anpacken." Gemeinsam konnte man auch verhindern, dass Menschen ernsthaft zu Schaden kommen (ertrunken sind allerdings offenbar mehrere Rinder und Ziegen). Außer drei leicht verletzten Helfern bei der Feuerwehr waren laut Kirschenlohr beim Unwetter keine Verletzten zu beklagen. Einige Personen habe man aus überfluteten Gebäuden retten müssen und damit (noch) Schlimmeres verhindert.

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