Hardheimer Windparkgegner: "Bürgermeister hat die Unwahrheit gesagt"

Bürgerinitiative übt harsche Kritik an Reaktion auf gemeinsames Gespräch - Keine Terminabsprache?

18.12.2015 UPDATE: 20.12.2015 06:00 Uhr 3 Minuten, 25 Sekunden

Steffen Berberich, Dieter Popp und Thorsten Lang (v. l.) trugen die Stellungnahme der "Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz" vor, in der harsche Kritik an Bürgermeister Rohm und dam geplanten Windpark geübt wird. Foto: R. Busch

Hardheim. (rüb) In den zurückliegenden Monaten war es rund um das Thema "Windkraft" erstaunlich ruhig gewesen. Doch die Gegner des geplanten Windpark "Kornberg/Dreimärker" haben die Flinte nicht ins Korn geworfen, wie man hätte vermuten können. Im Gegenteil: In einem Pressegespräch übten Vertreter der "Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz" (BGN) nun harsche Kritik an der Art und Weise, wie das Thema in der Gemeinderatssitzung vom 30. November behandelt worden war. Die Vorstandsmitglieder Dieter Popp, Thorsten Lang und Steffen Berberich legten dabei die Sicht der BGN dar, und bezichtigten Bürgermeister Volker Rohm, "unwahre Behauptungen" aufgestellt zu haben.

Hintergrund

Probleme von Windkraftanlagen (WKA) auf dem Kornberg/Dreimärker oder von WKA allgemein:

• Rodung von ca. 10 Prozent der dortigen Waldfläche

• Zerstörung eines hochwertigen Naturschutzgebietes

• Wald im Winter nicht mehr betretbar

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Probleme von Windkraftanlagen (WKA) auf dem Kornberg/Dreimärker oder von WKA allgemein:

• Rodung von ca. 10 Prozent der dortigen Waldfläche

• Zerstörung eines hochwertigen Naturschutzgebietes

• Wald im Winter nicht mehr betretbar (Eiswurf/-fall im Radius bis zu 500 Meter)

• Anlagen stehen zu nah an der Wohnbebauung (z. B. Windpark Hettingen ist 2400 Meter von der Wohnbebauung entfernt)

• es gibt schon genügend WKA im Umkreis

• Verspargelung der Landschaft

• Gesundheitliche Beeinträchtigung durch Lärm, Infraschall, Leuchtbefeuerung

• Bei Ausweisung des Gebiets ist mit weiteren und eventuell höheren WKA zu rechnen

Das vom Bürgermeister angeführte Argument "Wir müssen ausweisen, da der Gesetzgeber dies gefordert" ist falsch:

• § 36 Baugesetzbuch bietet genug Ansätze für eine Kommune, Windkraftprojekte zu verhindern, auch wenn sie keine Windvorranggebiete ausweisen sollte

• mittlerweile gibt es viele Kommunen aller Größenordnungen die - gestützt auf stichhaltige Argumente - trotz dieser "Drohung" keine Windvorranggebiete ausweisen, bspw. Ludwigsburg, Bietigheim-Bissingen, Marbach am Neckar, Freiberg am Neckar, Kornwestheim uvm.

• es gibt auf Gemarkung der Gemeinde Hardheim bereits ausreichend Windkraftanlagen, was schon Grund genug gewesen wäre kein weiteres Gebiet auszuweisen

• die "kommunale Planungshoheit" ist das "Königsrecht" einer Kommune und wenn eine Kommune im Hinblick auf ihre Zukunftsfähigkeit bzw. mit Rücksicht auf die nachfolgende Generation auf ihrer Gemarkung gegen Windkraftpläne vorgeht, bestehen gute Aussichten, derartige Windkraftpläne vor Gericht zu Fall zu bringen

• erst durch die Ausweisung des Gebiets öffnet man den Investoren Tür und Tor

• der ländliche Raum ist schon über Gebühr belastet, die Metropolregionen sind außen vor

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Zunächst fassten sie den Ablauf des strittigen Geschehens zusammen: Bürgermeister Rohm habe zwei Mitglieder der Bürgerinitiative zu einem Gespräch am 19. August ins Rathaus eingeladen und dabei den Vorschlag unterbreitet, die Windkraftanlage (WKA), die Bretzingen am nächsten steht, wegfallen zu lassen. Weiterhin wurde vorgeschlagen, die eine WKA, die auf Privatgrund errichtet werden soll, in den Wald zu verschieben.

Rohm habe außerdem erwähnt, dass das Gutachten bereits fertig gestellt sei und es keine K.o.-Kriterien zur Verwirklichung der Anlagen gäbe. "Man verabschiedete sich unter der Prämisse, dass man wieder aufeinander zugehen wolle", so die drei Vorstandsmitglieder.

In der darauf folgenden Vorstandssitzung im September sei innerhalb der BGN Rohms Vorschlag diskutiert worden. "Wir wunderten uns, weshalb Rohm auf einmal eine WKA streichen möchte, obwohl es nach seiner Aussage doch keine K.o.-Kriterien gäbe, die einen Verzicht rechtfertigen könnte", hieß es weiter. Die BGN habe jedoch gewusst, dass das Gutachten überhaupt noch nicht fertig gestellt sein konnte, denn dieses müsse während der kompletten Vegetationszeit von März bis November laufen.

"Es gab in diesem Gespräch keine Terminvereinbarung für eine Rückmeldung. Auch wurde nicht, wie vom Bürgermeister weiterhin behauptet, Vertraulichkeit vereinbart", betonte Dieter Popp. "Dies hätte auch keinen Sinn gemacht, da die Bevölkerung, zumindest aber der Gemeinderat über entsprechende Angebote des Bürgermeisters unterrichtet sein sollte." Dass die Vertrauensleute der Bürgerinitiative den Vorstand und die Mitglieder über das Gespräch informieren würden, sei selbstverständlich gewesen. Und entgegen der Aussage des Bürgermeisters sei weder bei den Vertrauensleuten noch bei den Vorstandsmitgliedern der BGN Anfang Oktober oder zu irgendeinem anderen Zeitpunkt eine Rückfrage von Rohm zum vorausgegangenen Gespräch eingegangen. Vielmehr habe der Bürgermeister weiterhin jede Gelegenheit genutzt, um die BGN in der Öffentlichkeit in ein schlechtes Licht zu rücken.

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Den Vorwurf, die BGN habe die Chance auf Einflussnahme vertan, weisen Popp, Berberich und Lang entschieden zurück. "Die BGN hat sehr lange auf eine Reaktion des Bürgermeisters zur Sache gewartet und sich Aufgrund der Flüchtlingsproblematik in Hardheim aus Menschlichkeit in dieser schwierigen Phase für die Gemeinde zurück gehalten", so die Ausführungen. Hier stelle sich die Frage, warum Rohm, wenn er die Angelegenheit für so dringlich und wichtig gehalten hat, nicht nochmals schriftlich nachgehakt habe? "Wenn es doch die Chance auf Einflussnahme und einer Verbesserung gegeben hätte, warum hat er dies dann nicht nachdrücklich gemacht? Wo er doch einen Eid als Bürgermeister darauf geschworen habe, sich zum Wohle seiner Bürger einzusetzen."

"Er kann doch nicht allen Ernstes behaupten, dass es heute nicht mehr möglich ist, das gesamte Projekt zu verwerfen, wenn man zu dem Entschluss käme, dass die damalige Entscheidung ein Fehler war oder durch aktuelle Entwicklungen neu zu bewerten ist", so die Gegner des Windparks. "Oder gibt es Absprachen mit dem Projektierer, von denen die Bevölkerung nichts weiß?"

Laut Aussage des Gutachters Beck werde die Flugroute des Roten Milans von ihm so genau beobachtet, dass die Standorte der WKA so gewählt werden könnten, dass Vogel und WKA sich nicht im Wege seien. Bürgermeister Rohm habe aber bei der Begehung des Hettinger Windparks "Großer Wald" größten Wert darauf gelegt zu betonen, dass die Windkraftanlagen an den bereits vorhandenen Wegen gebaut würden, um so wenig wie möglich Wald roden zu müssen. "Wer wird nun Vorrang haben? Der Raubvogel, der Wunsch danach, so wenig Wald wie möglich zu opfern oder das Bedürfnis, eine weitere WKA im Gemeindewald bauen zu wollen", das würden sich die Mitglieder der Bürgerinitiative fragen. Solche Aussage zeigten für die BNG, dass je nach Fragestellung immer eine passende Antwort gefunden werden kann, auch wenn sich dies alles in allem und zusammengenommen nicht mehr logisch erklären lasse, so der Vorwurf der Windparkgegner.

Den Bürgerwillen sehen die Gegner des Windparks missachtet, denn die Bürger hatten schon bei der Abgabe ihrer ersten Unterschriften im Oktober 2014 und später dann beim offiziellen Bürgerbegehren ihre Meinung mit ihrer Unterschrift kundgetan. "Über 1500 Unterschriften gegen den geplanten Windpark wurden einfach von Bürgermeister Rohm ignoriert. "Selbst eine rechtlich zugelassene Bürgerbefragung wurde von ihm nicht angestrebt."

Dass die von der Gemeinde initiierte Unterschriftenaktion zur Flüchtlingsproblematik für den Bürgermeister eine größere Bedeutung habe als die Unterschriften gegen den Windpark, die nach einem förmlich vorgeschriebenen Verfahren gewonnen wurden, lasse tief blicken und verdeutliche, so die Kritiker, "die einseitige und wenig unabhängige Sichtweise des Bürgermeisters".

Abschließend betont Popp: "Für Krisen ist Rohm nicht gemacht." Dies habe man schon in der FAZ (21. Oktober, d. Red.) lesen können, als es um das Thema Flüchtlinge ging. Auch die BGN stelle sich mittlerweile die Frage, ob Rohm angesichts seiner Unerfahrenheit in politischen Dingen überfordert sei, oder ob er aus Vorsatz so handele. "Es wurde von uns stets ein fairer Umgang angestrebt, der leider nicht auf Gegenseitigkeit beruht."

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