Hardheimer Bürgerinitiative will "keine Windkraft zu Lasten von Mensch und Natur"

"Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz Hardheim" informierte - Wohnraum werde unattraktiv, Immobilien unterlägen massivem Wertverlust, und auch gesundheitliche Beeinträchtigungen seien zu erwarten

16.07.2015 UPDATE: 17.07.2015 06:00 Uhr 2 Minuten, 54 Sekunden

Die Windkraftstandorte rund um Bretzingen. Die roten Punkte bezeichnen die bestehenden Anlagen, die gelben Kreise die Planungen. Repro: A. Brosch

Bretzingen. (adb) "Die Betonung muss darauf liegen, dass wir nicht gegen Windkraft im Allgemeinen sind, sondern gegen die Windkraft im Bereich ,Kornberg-Dreimärker‘: Mit diesen Worten charakterisierte Vorsitzender Dieter Popp (Höpfingen) am Mittwoch die neu gegründete "Bürgerinitiative für Gesundheit und Naturschutz Hardheim - Keine Windkraft zu Lasten von Mensch und Natur". Diese ging aus der im Herbst letzten Jahres gegründeten Bürgerinitiative hervor.

Im voll besetzten Bretzinger Bürgerhaus wies Popp nach der Begrüßung darauf hin, dass in der Bundesrepublik jeden Tag "vier bis fünf Windkraftanlagen" aufgestellt werden. Er bezeichnete dies als "größte Naturzerstörung der deutschen Geschichte", die vor allem die Gesundheit der als "Versuchskaninchen" geltenden Betroffenen gefährde. Bei der Gemarkung "Kornberg-Dreimärker" gehe es konkret um einen sechs Anlagen à 200 Meter Höhe umfassenden Windpark.

Karin Thoma merkte in ihrer Ausführung an, dass Vorrangflächen ursprünglich einer Verspargelung der Landschaft entgegenwirken sollten - die sie jedoch erst begünstigten. "Wenn ein Gebiet erst einmal ausgewiesen ist, dann bleibt es nicht bei einer Handvoll Windrädern", betonte Thoma und verwies auf diesbezügliche Beobachtungen aus Nachbargemeinden.

Gleichsam beklagte sie, dass man "die Anwohner hätte anhören müssen" und sich die einzelnen Kommunen und Verbände "die Verantwortung gegenseitig zuschieben". Trotz über 870 am letztjährigen Bockbierfest eingeholten Unterschriften gegen die Ausweisung einer Vorrangfläche im fraglichen Gebiet und einem aus 1 500 Unterschriften bestehenden Bürgerbegehren seien mit kommunalen Vertretern zu keiner Zeit fruchtbare Dialoge möglich gewesen, was nicht mehr nur bedauerlich, sondern auch traurig sei.

Im Anschluss informierte Steffen Berberich das Publikum über die Faktenlage: Eine wirtschaftliche Analyse sei zu dem Schluss gekommen, dass der geplante Standort aufgrund einer zu niedrigen mittleren Windgeschwindigkeit von 5 bis 5,5 Metern pro Sekunde und einem daher bis zu 25 Prozent geringeren Ertrag nicht für den Aufbau eines Windparks prädestiniert sei.

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Weitaus größeres Kopfzerbrechen bereiten unterdessen gesundheitliche Risiken, an deren Spitze der sogenannte "Infraschall" steht: Durch das Rotieren entstehen Schwingungen in der Luft, die das menschliche Ohr zwar nicht als Töne wahrnehmen kann, die aber Auswirkungen auf den gesamten Organismus haben und so die Lebensqualität drastisch mindern und "bereits mittelfristig zu einer definitiven Gefahr für die Gesundheit" seien.

Die unter dem Namen "Wind-Turbine-Syndrom" zusammengefassten Nebenwirkungen von Infraschall können unter anderem zu Schlaflosigkeit, Herzrasen, Konzentrations- und Gefühlsstörungen oder vereinzelt zu Krebserkrankungen führen. "30 Prozent der Bürger reagieren sehr sensibel auf Infraschall", wusste Berberich zu berichten und leitete über zu einer den Sachverhalt plausibel darstellenden Filmsequenz.

Nicht zu unterschätzen sei zudem speziell in der kalten Jahreszeit der Eiswurf, der einen Radius von bis zu 500 Metern erziele und ein überproportional hohes Risiko für Wanderer oder Waldarbeiter darstelle: Dadurch würde sich der Wald als Erholungsgebiet disqualifizieren und sei gerade im Winter Sperrgebiet, was einen weiteren Aspekt verschärfe - und zwar den, dass "die Natur der größte Verlierer sein wird".

Ferner müsse man, um die Anlagen überhaupt aufbauen zu können, Zufahrtsstraßen errichten, für die umfangreiche Teile des Waldes abzuholzen seien. Hauptsächlich in der geplanten Gemarkung "Kornberg-Dreimärker" seien zudem ein hoher Altbaumbestand, das Vorkommen windkraftempfindlicher Fledermausarten und Rotmilane zu verzeichnen.

Albrecht Reichert beklagte vor allem die "Ignoranz der Gemeindevertreter", mit denen man bis dato keinerlei zielführende Gespräche habe führen können. Viele Handlungen der Bürgerinitiative seien öffentlich entweder "missinterpretiert oder bewusst falsch dargestellt worden", wobei sich das Kämpfen trotz allem Gegenwind nach wie vor auszahle: "Man tut es ja auch für die Heimat und die Natur, durch die unsere Region erst so lebens- und liebenswert wird", erklärte Reichert.

Die sechs Windräder würden daher auch sämtliche Anwohner tangieren, da der Wohnraum unattraktiv werde, Immobilien massivem Wertverlust unterlägen und auch gesundheitliche Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Persönliche Fehden in der Dorfgemeinschaft und sogar zwischen Familien durch die Windkraftthematik seien jetzt schon zu verzeichnen.

Kritik übte Reichert an der Gemeinde, die "eine Entscheidung gegen das Wohl des Bürgers" getroffen habe, "zumal man in Bretzingen und Waldstetten noch nicht einmal über ideale Standorte verfügt". Insgesamt betonte auch er, dass man keinesfalls gegen Windkraft sei, "doch kann man nicht einfach zusehen, wenn Mensch und Natur Gefahren ausgesetzt werden, was hier der Fall ist". Darauf basierend stellte er die Frage, ob und wie man den nachfolgenden Generationen eine solche Bürde zumuten könne.

Zum Ausklang des informativen Abends führte Walter Müller (Landesverband der Bürgerinitiativen gegen Windkraft) unter anderem aus, dass von den in Baden-Württemberg aufgestellten Windkraftanlagen 80 Prozent rote Zahlen schrieben. Schließlich sei unser Bundesland das windschwächste Gebiet in Deutschland.

Info: Weitere Informationen erteilen Albrecht Reichert (Tel. 06283/1888), Karin Thoma (Tel. 06283/72034), Bernhard Berberich (Tel. 06283/5460), Annette Hartmann (Tel. 06283/340) sowie Dieter Popp (Tel. 06283/8421) oder die Internetpräsenz www.bi-hardheim.de.

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