Ja zum Ärztehaus, nein zum Standort
Gemeinderat Billigheim vertagte umstrittenen Tagesordnungspunkt - Nun sollen Alternativen geprüft werden

Wo derzeit noch ein WC-Häuschen steht, soll nach dem Willen der Billigheimer Gemeindeverwaltung ein Ärztehaus errichtet werden. Doch nicht nur Anwohner, auch einige Gemeinderäte sehen den vorgeschlagenen Standort an der Karl-von-Goebel-Straße kritisch. Foto: Jörn Ludwig
Von Nadine Slaby
Billigheim. Der Ärztemangel auf dem Land ist immer wieder ein Thema. Das bisherige Modell "Hausarzt übergibt nach altersbedingter Beendigung seiner Tätigkeit seine Praxis an einen jüngeren Nachfolger" funktioniert immer seltener. In der jüngsten Sitzung des Billigheimer Gemeinderats machte Bürgermeister Diblik darauf aufmerksam, dass man aufgrund der Altersstruktur der niedergelassenen Ärzte bereits kurzfristig vor großen Herausforderungen stehe. Hinzu komme, dass es derzeit keine Räumlichkeiten in der Gemeinde gebe, die als Praxis dienen könnten. "Um die hausärztliche Versorgung (...) auch künftig sicherzustellen zu können, ist ein Tätigwerden der Gemeinde erforderlich", heißt es in der Beratungsvorlage.
Um den Anforderungen an eine Praxis und einigen Wünschen junger Ärzte, wie beispielsweise das Arbeiten im Team oder auch flexiblere Arbeitsmodelle und Kooperationen, zu ermöglichen, erwägt die Gemeinde den Bau eines Ärztehauses in Billigheim. Eine Kooperation mit einem jungen Mediziner, der auch in der Gemeinde tätig ist und aktuell seine Weiterbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolviert, gebe es bereits.
In der Sitzung stellte Bauamtsleiterin Regina Reitz das geplante Gebäude auf einem gemeindeeigenen Grundstück in der Karl-von-Goebel-Straße vor. Der bisher vorgesehene Standort in der Mühlbachstraße wurde verworfen, da dieser für das Feuerwehrhaus benötigt wird.
Vorteile des neuen Standorts sieht die Verwaltung besonders in seiner zentralen Lage, der guten Erreichbarkeit durch die nahegelegene Bushaltestelle, die Nähe der Apotheke sowie darin, dass es sich um eine bereits erschlossene Fläche handelt, auf der ein eingeschossiges Gebäude mit mehreren Sprechzimmern, Behandlungszimmern, Labor, Umkleide- und Sozialräumen sowie einem Technik- und Warteraum errichtet werden könnte. Die Planungen für den bisherigen Standort ließen sich an diesem "besser geeigneten Standort" deckungsgleich verwirklichen. Das WC-Haus, das sich bisher dort befindet, soll abgerissen werden.
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Die voraussichtlichen Gesamtkosten sind auf 694.960 Euro veranschlagt, wovon 200.000 Euro als Zuschuss aus dem Leader-Förderprogramm der EU kommen. Die Leistungen für die Genehmigungsplanung wurden vom Gemeinderat bereits an das Mosbacher Architekturbüro Arno Seeber vergeben.
Darüber, dass ein Ärztehaus sinnvoll und wichtig ist, war man sich einig. Widerstand regte sich allerdings gegen den neuen Standort. Anwohner taten ihren Unmut über den geplanten Standort kund. Ein Vereinspavillon sei wegen der Hochwassergefahr abgelehnt worden, ein Ärztehaus an fast gleicher Stelle aber in Ordnung, ärgerte man sich. "Es kann nicht sein, dass man hier mit zweierlei Maß misst", meinten einige Bürger und verwiesen auch auf die zahlreichen Nutzungen der hinter dem zudem "historischen Platz" gelegenen Grünflächen. Anwohnerin Ute Straub kündigte an, dass sie im Falle eines Beschlusses zugunsten des Standorts ein Bürgerbegehren anstreben werde.
Nicht nur die Bürger, auch die Gemeinderäte waren mit dem neuen Standort nicht einverstanden. Eva-Maria Grimm (CDU) betonte, dass das WC-Haus massiv von Schimmel befallen sei. Dies drohe dann wohl auch dem Ärztehaus. Gemeinderat Markus Scheurig (FW) erinnerte daran, dass seine Fraktion eine Prüfung des Standorts angeregt habe, bevor man sich abschließend entscheide.
"Wir können das Ärztehaus dort bauen, aber dann wird es deutlich teurer", meinte auch Maik Wagner (FW), der davon ausging, dass am vorgeschlagenen Standort eine einfach Bodenplatte nicht ausreiche, sondern mindestens eine Wanne erstellt werden müsse, um das Gebäude trocken zu halten. Elvira Föll (FW) ärgerte sich zudem über das Vorgehen der Gemeinde: "Wir werden über nichts mehr informiert; das kann so nicht weitergehen!" Es sei schließlich das Geld der Bürger, über das entschieden werde.
Bürgermeister Martin Diblik verteidigte den Standort in der Karl-von-Goebel-Straße, musste aber einsehen, dass das Gremium nicht bereit war, zum jetzigen Zeitpunkt über einen Bauantrag zu entscheiden. Natürlich sei man offen für Alternativen, habe bisher aber keine gefunden. Auf den Vorschlag von Seiten der Bürgerschaft, auf das alte Rathaus auszuweichen, ging er nicht ein.
Auf Antrag aus dem Gremium wurde der Tagesordnungspunkt vertagt, um weitere Möglichkeiten für den Bau eines Ärztehauses zu prüfen und "die Thematik noch einmal durchzudiskutieren".