Bauländer Skulpturenradweg

Jetzt fährt ein Fahrstuhl ins Nirgendwo (plus Fotogalerie)

Kultur und Natur bilden hier prächtiges Tandem - Jury wählte am Donnerstag die sieben neuen Kunstwerke aus

26.01.2018 UPDATE: 27.01.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 46 Sekunden
"Underground" (Markus Gehrig).

Bauland/Buchen. (joc) Kultur und Natur gelten schon seit längerem als hervorragende Kombination. Auch hierzulande! So bilden beide im Bauland seit 2006 im wahrsten Sinne des Wortes ein geradezu perfektes Tandem. Auf dem 77 Kilometer langen Bauländer Skulpturenradweg sind in Adelsheim, Osterburken, Ravenstein, Rosenberg und Seckach 18 imposante Werke zeitgenössischer Kunst auf freiem Feld anzutreffen. Jetzt, zwölf Jahre nach der Eröffnung, erfährt das weit über die Grenzen der Region hinaus geschätzte touristische Aushängeschild eine Erweiterung. Sieben neue Kunstwerke kommen hinzu. Und künftig wird der Kunst-Rradweg auch über Buchener Gemarkung führen. Hier werden zwei Skulpturen aufgestellt.

Am Donnerstag wurden die sieben neuen Skulpturen-Modelle im Osterburkener Römermuseum der Öffentlichkeit vorgestellt. Osterburkens Bürgermeister Jürgen Galm erläuterte im Beisein von MdL Peter Hauk, Landrat Achim Brötel, seiner Bürgermeisterkollegen aus dem Bauland und Vertretern der Stadt Buchen sowie des RIO-Zweckverbands die Vorgeschichte des im Mai 2006 begonnenen Erfolgsmodells. Jetzt habe man gemeinsam beschlossen, das Projekt "Kunst in der Natur" weiter zu entwickeln. Galm betonte hierbei das engagierte Wirken von Ekkehard Brand, den er als Motor des Projekts bezeichnete.

Bei der Realisierung setzt man auf Bewährtes: So haben man im letzten Jahr einen Skulpturen-Wettbewerb für Nachwuchskünstler mit attraktiven Geldpreisen ausgelobt. Mitgewirkt haben die drei Staatlichen Akademien der Bildenden Künste Stuttgart, Karlsruhe und Nürnberg. Jeweils fünf Studierende der dortigen Meisterklassen, die von den Professoren ausgewählt worden waren, entwickelten interessante Gestaltungsideen.

Der neunköpfigen Jury fiel die schwere Aufgabe zu, aus insgesamt 15 Vorschlägen die sieben zu realisierenden Kunstwerke auszuwählen. Der Jury gehören die renommierten Kunstexperten Prof. Werner Pokorny (Ettlingen), Professor Tilman Osterwold und Erwin Holl (Stuttgart) an. Weitere Mitglieder sind die Bürgermeister Jürgen Galm (Osterburken) und Roland Burger (Buchen), der international bekannte Adelsheimer Videokünstler Louis von Adelsheim, der früher im baden-württembergischen Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst tätige Harald Goll und der Seckacher Altbürgermeister und einstige Projektleiter Ekkehard Brand.

Hintergrund

Die ausgewählten Kunstwerken für den Skulpturenradweg in alphabetischer Reihenfolge (in Klammern die Künstler):

"Ausgrabung" (von Shinroku Shimokawa): Zur Hälfte in die Erde begraben erinnert diese Skulptur an eine Ausgrabung in einem Steinbruch, der

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Die ausgewählten Kunstwerken für den Skulpturenradweg in alphabetischer Reihenfolge (in Klammern die Künstler):

"Ausgrabung" (von Shinroku Shimokawa): Zur Hälfte in die Erde begraben erinnert diese Skulptur an eine Ausgrabung in einem Steinbruch, der gedanklich oder aktiv vom Beobachter weiter vollzogen werden kann. Die Skulptur ist aus Granitstein und circa zehn bis zwölf Tonnen schwer (vier Kubikmeter!). Die Form des Steins unterscheidet sich von einem Findling. Er wird bearbeitet, folgt jedoch keiner figürlichen Form, sondern weist lediglich Spuren einer menschlichen Bearbeitung auf.

"Eisenröhre" (Franziska Jaschek): Verwendet werden bei diesem frei stehenden Objekt Rundröhren mit einem Durchmesser von 48,3 mm und einer Wandstärke von vier mm aus Eisen, komplett feuerverzinkt und lackiert. An der verwinkelten Eisenskulptur hängen 15 Ortsschilder aus Schwarzblech. Farblich auffällig ist der helle schimmernde Grauton, der die Farbe des grauen Radwegasphalts aufgreift und auch die Farben der Umgebung widerspiegelt. Die Skulptur fügt sich so stimmig in das Landschaftsbild ein.

"Licht lautlos" (Laila Auburger): Das Kunstwerk ist eine begehbare Skulptur aus Holz und Stein, die zugleich als Camera Obscura funktioniert. Sie überspannt ein Rechteck von etwa sechs mal acht Metern, wobei die tatsächliche Form erheblich weniger Fläche einnimmt. Für die Gestaltung sollen regionale Materialien verwendet werden. So Hölzer des Odenwalds, die noch veredelt werden sollen, und Muschelkalkplatten.

"Skulptur for the road" (Nino Maaskola): Diese Skulptur besteht aus zwei Aluminiumplatten, die massiv gegossen sind. Der Länge nach wird mittig Druck auf die Platten ausgeübt, bis sie zerbrechen. Dabei entstehen vier Stehlen mit den körperähnlichen Maßen 180 x 35 x 14 Zentimeter. Zum Zerbrechen stehen vier Tonnen zur Verfügung, benötigt werden etwa zwei bis drei Tonnen. Aufgestellt werden die Bruchhälften links und rechts des Weges mit der Bruchfläche zueinander.

"Subterran" (Jochen-Damian Fischer): Der Stuttgarter Künstler Fischer arbeitet gerne mit Röhren und Schächten. Er widmet dem Thema "Raumerfahrung" in seinen Arbeiten viel Augenmerk. Bei der Wellstahlkonstruktion "Subterran" ist von weitem nur ein Zylinder mit einem Durchmesser von 3,5 Metern und sieben Meter Höhe zu erkennen. Das Ganze erscheint auf den ersten Blick als schlichtes Solobauwerk, dann wird bei näherem Betrachten der Treppenzugang sichtbar. Unterirdisch führt ein langer Tunnel zum Zylinder. Die Arbeit lehnt sich an Architektur an und passt sich dem ländlichen Ambiente an.

"Underground" (Markus Gehrig): Ein Fahrstuhl steht auf einem freien Feld. Die Tür ist geschlossen. Durch den Türspalt dringt das Licht in die Kabine nach außen und deutet an, dass dieser Fahrstuhl zur Abfahrt bereit steht. Es wird suggeriert, dass die Fahrt unter die Erde geht. Wie tief, zu welchem Zweck und wohin erschließt sich allerdings nicht, denn die Tasten und Anzeigen fehlen an diesem Fahrstuhl komplett. Die Form des Kunstwerks aus Stahlbeton ist ein baulich geschlossener Quader mit einer Tiefe von 1,75 Meter, er ist 2,50 Meter breit und vier Meter hoch.

"Welle" (Nina Laaf): Die "Welle" zeigt eine Szenerie in der Landschaft, bestehend aus sieben dynamischen Wellen in verschiedenen Größen. Die Wellen haben eine starke Symbolkraft und stehen u.a. für Spaß, Mobilität und Entfaltung. Die grafische Form der Wellen steht einerseits im Gegensatz zur Natur, andererseits nimmt sie den Dialog mit ihr auf. Die "Welle" soll auf beiden Seiten des Radwegs angeordnet werden. Und dies auf unterschiedlichen Ebenen.

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Mit der außergewöhnlichen Projektidee "Skulpturen am Radweg - Kunst in der Landschaft", das ab 2002 von den fünf Mitgliedsgemeinden des Zweckverbands Regionaler Industriepark Osterburken (RIO) umgesetzt wurde, lagen die Verantwortlichen goldrichtig, wie die große Resonanz eindrucksvoll belegt. Das maßgeblich vom früheren Seckacher Bürgermeister Ekkehard Brand angestoßene Radweg-Projekt wurde im Rahmen des EU-Programms "Ziel II" gefördert und fand sofort weithin viel Beachtung.

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Riedl, Ordinarius für Neuere und Neueste Kunstgeschichte an der Universität Heidelberg, hatte schon beim Blick auf die ersten Kunstwerke unterstrichen: "Was hier zu sehen ist, das kann sich auf jeder ,documenta‘ sehen lassen!" Und man muss wohl kein großer Prophet sein, um zu prognostizieren, dass auch die Erweiterung wieder ein großer Erfolg wird. Entsprechend zuversichtlich zeigten sich am Donnerstag die Verantwortlichen.

Landrat Brötel betonte: "Der Skulpturenradweg ist etwas ganz Besonderes. In dieser Form gibt es so etwas weit und breit nicht. Die Erweiterung ist sehr wichtig. Ich bin von der Qualität der heute vorgestellten Arbeiten sehr überzeugt. In einigen Fällen hat mich das Unerwartete, das Absurde fasziniert..."

Auch Ekkehard Brand zeigte sich überzeugt davon, dass die Erweiterung der Kunstpalette bundesweit Beachtung findet und die neuen Objekte und die Einbindung Buchens eine erhebliche Aufwertung für den Radweg bedeuten, dessen Schaffung das Ziel hat(te), den Tourismus in der Region zu fördern, was hervorragend gelungen sei. Bürgermeister Jürgen Galm ging auf die touristische Bedeutung ein und betonte, dass der Radweg attraktiv für Jung und Alt ist.

Landtagsabgeordneter Peter Hauk war ebenfalls voll des Lobes über den Skulpturenradweg: "Das ist eine tolle Idee, die die Baulandgemeinden erfolgreich umgesetzt haben. Dieses Projekt ist ein Paradebeispiel für gute interkommunale Zusammenarbeit." Mit der Erweiterung werde die Erfolgsgeschichte mit neuen Skulpturen fort geschrieben.

Dann stellte Professor Tilman Osterwold, der Sprecher der Jury, die sieben ausgewählten Kunstwerke vor. Die Künstler, deren Werke aufgestellt werden, erhalten 25.000 Euro, für die beteiligten anderen Studenten gibt es als Anerkennung jeweils 500 Euro.

Spannend wird jetzt noch die räumliche Zuordnung der sieben Kunstwerke. "Wir haben heute nur nach künstlerischen Kriterien gewertet, die Standorte - zwei auf Buchener Gemarkung, die anderen in den fünf Bauland-Gemeinden - werden wir bald aussuchen," erklärte Jürgen Galm. der auf Unterstützung der Grundstückseigentümer hofft und davon ausgeht, dass die Werke noch in diesem Jahr aufgestellt werden können!"

Info: Die Modelle der sieben neuen Kunstwerke für den Skulpturenradweg verwirklicht werden, können von der Bevölkerung von 30. Januar bis 11. Februar im Osterburkener Römermuseum in Augenschein genommen werden.

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