Adelsheim

So soll der Zuglärm drastisch abnehmen

Mögliche Maßnahmen für Adelsheim und Sennfeld vorgestellt - Veränderungen an Gebäuden werden mit 75 Prozent bezuschusst

12.10.2018 UPDATE: 13.10.2018 06:00 Uhr 4 Minuten, 29 Sekunden
Besonders der Güterverkehr, der - wie hier in Sennfeld - auch nachts auf den Schienen rollt, ist für die Anwohner mit viel Lärm verbunden. Diesen will die Bahn jedoch durch Lärmschutzmauern und Maßnahmen an Gebäuden drastisch reduzieren. Foto: Burkard Gassenbauer

Adelsheim. (ahn) Wer direkt an den Bahngleisen wohnt, kennt das Problem: Die vorbeirauschenden Züge sind nicht gerade leise, besonders nachts ist die Lärmbelastung durch den Güterverkehr deutlich zu spüren. Dies könnte nun in Adelsheim und Sennfeld durch Lärmschutzwände und bzw. oder passive Maßnahmen an Gebäuden geändert werden, nachdem die Bahnstrecke in das Lärmschutzprogramm des Bundes aufgenommen worden ist. Welche Maßnahmen genau möglich sind, wer von ihnen profitieren könnte und wie all dies ablaufen soll, darüber informierten am Donnerstagabend im Adelsheimer Kulturzentrum Sabine Weiler, Leiterin für Lärmsanierung bei der DB Netz AG, und Christian Krenz vom Ingenieurbüro für Bauwesen aus Rimpar bei Würzburg.

"Das ist ein Thema, das uns alle umtreibt", sagte Bürgermeister Klaus Gramlich, als er die rund 70 interessierten Bürger begrüßte. Diese könnten sich nun aus erster Hand Wissen beschaffen.

Informationen aus erster Hand präsentierte detailreich Sabine Weiler, die anfangs betonte: "Die Lärmsanierung ist noch in einem ganz frühen Stadium." Es werde niemandem etwas aufgezwängt, beschlossen sei ebenfalls noch gar nichts. Allerdings unterstrich sie auch, dass dies nun eine einmalige Chance sei, gegen den Zuglärm etwas zu unternehmen.

Bereits 1998 hatte die damalige Bundesregierung beschlossen, gegen den Bahnlärm vorzugehen. Ausgehend von dem Jahr 2000 soll der Lärm bis 2020 halbiert werden. Die Bahn setze nun das Programm als freiwillige Maßnahme um, das vom Bund vorgegeben werde, denn "der Lärmschutz ist wichtig, vor allem wenn man die Güter auf die Schiene bringen will." Dafür stelle die Regierung jährlich Finanzmittel - seit diesem Jahr 150 Millionen Euro - zur Verfügung. Mit diesem Geld sollen bundesweit 3700 Kilometer Bahnstrecke, die von Lärm belastet sind, saniert werden - darunter eben auch der Streckenabschnitt zwischen Osterburken und Neudenau.

Ungefähr 70 Bürger kamen am Donnerstagabend in das Adelsheimer Kulturzentrum, um sich über die in Adelsheim und Sennfeld möglichen Lärmschutzmaßnahmen der Deutschen Bahn zu informieren. Foto: A. Hanel

Denn hier würden die Kriterien erfüllt, bei denen der Bund die Lärmsanierung fördere. 2016 sei unter anderem auch in Adelsheim und Sennfeld eine schalltechnische Untersuchung vorgenommen worden, die die Werte für 2025 als Prognose berechnet habe. Zwar würden die Züge immer leiser werden, doch die Frequenz werde steigen: Seien 2016 65 Züge am Tag und 22 in der Nacht unterwegs gewesen, würden laut Prognose im Jahr 2025 tagsüber 78 und nachts 18 Züge fahren.

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Die Schalluntersuchung habe nun ergeben, dass die zwei Förderkriterien in Adelsheim und Sennfeld erfüllt seien: Zum einen würden in manchen Gebieten die Grenzwerte für Lärm überschritten, die bei reinen und allgemeinen Wohn- und Siedlungsgebieten tagsüber (6 bis 22 Uhr) bei 67 Dezibel, nachts (22 bis 6 Uhr) bei 57 dB liegen. Ziel sei es nun, durch die Sanierungsmaßnahme den Wert von 57 dB einzuhalten oder gar zu unterschreiten.

Zum anderen liege auch bei den passiven Maßnahmen an manchen Gebäuden das zweite Kriterium vor, nämlich dass der Gebäudebau vor dem 1. April 1974, also vor dem Inkrafttreten des Bundes-Immissions-Schutz-Gesetzes, genehmigt wurde oder der Bebauungsplan, in dessen Geltungsbereich die bauliche Anlage errichtet wurde, davor rechtsverbindlich wurde.

Doch bevor es zu den passiven Maßnahmen kommt, stünden zuerst die aktiven an, nämlich die zur Gleisseite hin hochabsorbierenden Schallschutzwände, die zwischen zwei und drei Metern hoch sind und die es auch in verschiedenen Farben gibt. Sie würden direkt am Gleis angebracht, müssten aber mindestens einen Abstand von 3,3 Metern zur Gleisachse haben. Dennoch komme es in der Regel nicht vor, dass sie auf Privatgrundstücke gebaut werden müssten, außer wenn beispielsweise ein Mast anliegerseitig umfahren werden müsse.

Gesetzt den Fall, dass diese aktiven Maßnahmen nicht ausreichen, um die Grenzwerte zu unterschreiten, oder wenn Lärmschutzwände nicht gebaut werden, weil sie sich aus ökologischen Gründen nicht lohnen oder abgelehnt wurden, kämen die Maßnahmen des passiven Lärmschutzes an Gebäuden zum Tragen. Dabei würden alle Schlafräume, Wohn- und Esszimmer sowie Wohnküchen, bei denen die Nachtgrenzwerte von 57 dB überschritten werden, gefördert. Das bedeute, dass bei einem Eigenanteil von 25 Prozent der Bund 75 Prozent der Kosten trage. Die Maßnahmen erstreckten sich vom Austausch von Fenstern über die Dämmung von Rollladenkästen und Dächern bis zum Einbau von Schalldämmlüftern, die auch bei geschlossenen Fenstern für ausreichende Luftzufuhr sorgten.

Christian Krenz lieferte anschließend Details zu betroffenen Gebieten und Gebäuden. Auf einem Korridor von jeweils 400 Metern Breite auf beiden Seiten der Schienen sei ein Rechenmodell erstellt worden. Man habe in Adelsheim 349 Gebäude untersucht, von denen sich 158 als förderfähig herausgestellt hätten. In Sennfeld seien von 242 untersuchten Gebäuden 94 förderfähig.

Für Adelsheim seien nach den Berechnungen drei Lärmschutzwände mit einer Höhe von je drei Metern und einer Gesamtlänge von 2,6 Kilometern vorgesehen: an der Unteren Austraße mit einer durchschnittlichen Pegelminderung um 11,5 dB und einer maximalen um 16,8 dB, am Panoramaweg (Durchschnitt: 6,9 dB, maximal: 15,9 dB) und in der Wemmershöfer Straße (Durchschnitt: 6,7 dB, maximal 15,2 dB). Für Sennfeld steht eine 2,5 Meter hohe Lärmschutzwand mit einer Länge von 1,3 Kilometer an der Bahnhofstraße in Aussicht mit einer mittleren Pegelreduzierung um 8,1 dB und einer maximalen um 14,4 dB. Zu beachten sei, dass eine Minderung um zehn Dezibel einer Halbierung der Lautstärke entspreche. Die Kosten - laut DB-Unterlagen in Millionenhöhe - wird der Bund tragen.

Bei welchen Gebäuden die Lärmschutzvorgabe überschritten ist und wer nach einem möglichen Bau von Lärmschutzwänden auch bei den passiven Maßnahmen bezuschusst wird, konnten die Bürger aus Plänen, die im Foyer des Kulturzentrums aushingen, ersehen. Diese Pläne sind auch voraussichtlich ab Mitte nächster Woche online auf der Seite der Stadt Adelsheim einsehbar.

Sabine Weiler hatte anschließend Informationen zum weiteren Ablauf: Nach der technischen Planung, dem Planfeststellungsverfahren, in dem die Pläne öffentlich ausliegen und es für die Bürger die Gelegenheit zur Stellungnahme gibt, der Bauausschreibung und -vergabe, der Bauvorbereitung und schließlich der -ausführung werde das Ende der Maßnahmen - sofern sie überhaupt kommen - frühestens für 2023 zu erwarten sein.

Für die passiven Maßnahmen an Gebäuden sehe der Ablauf folgendermaßen aus: Nach der Ermittlung, ob die Grenzwerte überschritten sind, gehe ein Anschreiben an die Eigentümer, worauf ein Termin zur Wohnbesichtigung vereinbart werde. Daraufhin werde ein objektbezogenes Gutachten erstellt, auf dessen Basis drei Angebote von Handwerkern aus der Region eingeholt würden, wobei das günstigste Angebot als Grundlage für die Festlegung der zu 75 Prozent geförderten Kosten diene. Danach wähle der Eigentümer die für ihn geeignete Maßnahmen aus.

Zu bedenken gab Sabine Weiler noch, dass bei den Lärmschutzwänden nachts gebaut werden müsse, wobei dies allerdings eine Wanderbaustelle sei, die pro Nacht ca. 100 bis 150 Meter weit komme. Falls für jemanden der Baulärm wirklich unerträglich sein sollte, der bekomme auch eine Hotelübernachtung bezahlt.

Auf die Frage von Bürgermeister Gramlich, was man bei Verunstaltungen der Lärmschutzwände seitens der Bahn zu tun gedenke, erwiderte die Bahnexpertin, dass diese lediglich in Fällen von Fremdenfeindlichkeit oder ähnlich schweren Verstößen entfernt würden.

Abschließend sagte der Bürgermeister, dass man abwägen müsse zwischen der Beeinträchtigung des Stadtbildes durch die Mauer und der Verminderung des Lärms. Letztlich werde, nachdem die Pläne ausgelegt waren, der Gemeinderat über das weitere Vorgehen entscheiden.

Info: www.deutschebahn.com/laermschutz 

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