Neckarelz: "Folk am Neckar" fand erneut viel Anklang
Rund ums Tempelhaus herrschte echte Sommerfestival-Atmosphäre - Acht Bands bewiesen, wie vielfältig Folkmusik sein kann

Die junge schottisch-irische Band "Mànran" setzte mit ihrer mitreißenden Gaelic-Rock-Performance am Samstagabend den glanzvollen Schlusspunkt des zweitägigen Festivals "Folk am Neckar". Foto: Pia Geimer
Von Pia Geimer und Wolfram Link
Neckarelz. Nachdem das noch relativ junge Festival "Folk am Neckar" (FaN) im Rahmen des Mosbacher Sommers 2014 nur eintägig ausgerichtet worden war, hatte das städtische Kulturamt als Veranstalter in diesem Jahr wieder zwei Tage angesetzt. Am Freitagabend hatten bereits mit "Broom Bezzums", "The Aberlour’s" und "Saor Patrol" drei Bands für Stimmung gesorgt, am Samstag ging es in die nächste Runde.
Auf den beiden Bühnen vor und hinter dem Tempelhaus erwartete die Zuhörer ein abwechslungsreiches Programm: amerikanische Balladen mit dem Trio "Ballad of Crows", eine fröhlich-derbe Kneipenmugge mit der irischen Band "The Led Farmers", ein wunderschöner Stilmix der multikultigen Formation "Homebound", der vor allem in die Tanzbeine gehende Sound von "Baltic Sea Child" und mitreißenden Gaelic-Rock mit der Newcomerband "Mànran", die punktgenau um Mitternacht das Konzert auf der großen Bühne im Burggraben beschlossen. Wer wollte, konnte danach zum Festivalausklang noch gemütlich zum FaN-Pub in die Pattberghalle pilgern.
Zum Auftritt der ersten Band waren die Ränge im Innenhof bereits ganz gut gefüllt, so war noch Platz, sich auf der Rasenfläche vor der Bühne in die Sonne zu legen und dem schottisch-deutschen Trio "Ballad of Crows" (Mandoline, Gitarren, Fiddle und Vocals) zu lauschen, die mit einer Mischung aus Bluegrass, Old Time und handgemachten Bluesballaden gut gelaunt und in perfekter Dreistimmigkeit den Abend eröffneten. Der deutlich robustere Sound (im Irish-Folk-Stil der Pogues und Dubliners) der Band "The Led Farmers" mit ihrem energiegeladenen Frontmann lockte danach vor der kleinen Bühne erstmals die Tänzer auf den Plan.
Auch im Publikum bot sich wieder ein sehr buntes Bild: Zuschauer aller Altersstufen, pelzige Mannsbilder im Kilt, ein guter Schuss Flowerpower, Tanzlust und ganz viel gute Laune ließen echte Sommerfestival-Atmosphäre aufkommen.
Einen der knackigsten Auftritte des Abends legte die Formation "Homebound" hin, die musikalisch die größte Bandbreite zeigten. Aus aller Herren Länder kommen ihre Mitglieder: zwei Dudelsackspieler (einer deutsch, einer unverkennbar schottisch), ein Drummer aus Sibirien, ein Gitarrist aus Portugal, eine Cellistin aus Deutschland, ein Trommler aus Indien, eine Harfenistin aus Alaska - soll noch mal einer sagen, Multikulti würde nicht funktionieren! Bei "Homebound" funktioniert es prächtig, hier vereinigen sich traditionelle Weltmusik und exotisches Instrumentarium mit spieltechnischer Raffinesse und einem authentischen, kreativen Ansatz und toller Performance. Große Klasse!
An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Firma LiveArt (zuständig für Licht und Ton) die gar nicht so leichte Abmischung so vieler verschiedener akustischer Instrumente perfekt meisterte - ein Genuss für alle, die den auf Dauer ohrenbetäubenden Sound rein elektronisch verstärkter Instrumente nicht so gut vertragen.
Bassige Beats und auch mal ziemlich laute Musik zum Mitmachen und Tanzen gab es auf der kleinen Bühne vorne, vor allem als die deutsche Band "Baltic Sea Child" um Frontmann Kai Wingenfelder dort ab 21 Uhr für Stimmung sorgte. Sie mischten rockige Songs und sanfte Balladen und kamen mit ihrem Hamburger Schnack und ausgeprägten Wildsau-Potenzial beim Publikum gut an. Den glanzvollen Höhepunkt aber setzte die junge schottisch-irische Band "Mànran" mit ihrer mitreißenden Gaelic-Rock-Performance. Alle sechs dieser Jungs sind Super-Instrumentalisten (Uillean Pipes / Low Whistle, Fiddle / Bagpipes, Bass, Gitarre / Gesang, Drums, Akkordeon) die völlig auf Showeinlagen verzichten können, ganz bescheiden wirken und dennoch jederzeit präsent sind. Sie bestechen schlicht durch Können, haben eine natürliche, unglaublich sympathische Ausstrahlung. So ein Abschluss macht schon jetzt Lust auf mehr im nächsten Jahr, beim vierten "Folk am Neckar".