Rettungsleitstelle Mosbach

"Hände weg von unserer Leitstelle!"

Der Kreistag verabschiedete eine Resolution zum Erhalt der integrierten Rettungsleitstelle in Mosbach – Eine Zentralisierung wäre eine "Katastrophe"

11.05.2017 UPDATE: 12.05.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden

Auch der Ortskenntnis der Disponenten in der Rettungsleitstelle Mosbach ist es zu verdanken, dass die Ersthelfer von Feuerwehr und DRK im Neckar-Odenwald-Kreis schnell am Unfallort sind. Deshalb fordert der Kreistag den Erhalt der Leitstelle. Foto: Rüdiger Busch

Neckar-Odenwald-Kreis. (rüb) "Hände weg von unserer funktionierenden Leitstelle in Mosbach!" Vehement stellten sich Landrat Dr. Achim Brötel und nach ihm die Fraktionssprecher des Kreistags gegen eine mögliche Zentralisierung der Leitstellenstruktur im Land. In einer einstimmig verabschiedeten Resolution forderte der Kreistag am Mittwoch im Haus der offenen Tür in Walldürn die Landesregierung auf, sich zum Fortbestand der Integrierten Leitstelle in Mosbach zu bekennen.

Der Landrat beleuchtete zunächst die Hintergründe: "Die Struktur der Leitstellen wird in unschöner Regelmäßigkeit auf die Probe gestellt." Immer wieder würden die Krankenkassen - aber auch andere - eine deutliche Zentralisierung fordern. "Den Nachweis, dass größere Leitstellen effizienter und wirtschaftlicher arbeiten, hat aber noch niemand erbracht", unterstrich Brötel.

Im Dezember hat das Land eine Projektgruppe installiert, die bis Ende 2018 zu einem Ergebnis über die künftige landesweite Leitstellenstruktur kommen soll. Bei einem persönlichen Gespräch mit dem Leiter der Projektgruppe, dem früheren Landesbranddirektor Hermann Schröder, habe er zwar einen guten Eindruck gewonnen. Dennoch habe er die Befürchtung, dass der als "ergebnisoffen" bezeichnete Prozess dazu führen könnte, dass die erfolgreich und effizient arbeitenden Leitstellen im ländlichen Raum aufgegeben werden und am Ende noch eine, vier, acht oder maximal zehn Großleitstellen übrig bleiben.

"Das wäre eine Katastrophe für die Menschen im Landkreis", stellte Brötel fest, da es im Rettungsdienst ganz entscheidend auf exzellente Ortskenntnisse der Disponenten ankommt. Fehlentscheidungen im Sekunden- oder Minutenbereich könnten hier bereits über ein Menschenleben entscheiden. Zudem wies der Landrat auf die erheblichen Investitionen des Kreises in die Mosbacher Leitstelle hin - allein im laufenden Jahr sind 330.000 Euro für die Ertüchtigung des Digitalfunks vorgesehen.

"Ein funktionierendes System sollte man nicht ohne Not ändern", unterstrich Klaus Gramlich (CDU). Die Leitstelle in Mosbach arbeite ortsnah, flexibel und effizient. Gramlich wies auf die große Verwechslungsgefahr hin, die entstehen würde, da Ortskenntnisse zwangsläufig fehlten. Ein Bekenntnis des Landes und der Krankenkassen zur Leitstelle in der bisherigen Form und mit der vorgesehenen Doppelbesetzung wäre der Beweis dafür, dass die Bürger im ländlichen Raum für die Verantwortlichen keine Bürger zweiter Klasse seien.

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Dr. Dorothee Schlegel (SPD) forderte dazu auf, die Stimme für den Erhalt der Leitstellen zu erheben. Schlechte Ortskenntnisse oder mangelndes Dialektverständnis - wenn etwa von "Hüffelde" oder "Düürn" gesprochen werde - könnten Verzögerungen für die Patienten mit tödlichen Folgen mit sich bringen. Die Bürger müssten sich auf die "112" verlassen können und auf Menschen, die sich hier auskennen. Ihre Forderung: Hilfsstrukturen nicht in Frage stellen, auf Dezentralität und damit auf Versorgung auch in der Fläche setzen - die schweren Unwetter vom vergangenen Jahr seien herfür das beste Argument.

"Ortskenntnisse sind durch nichts zu ersetzen", sagte Uwe Stadler (Freie Wähler). Der Kreis sei mit der Leitstelle in Mosbach gut aufgestellt, die Zusammenarbeit aller Beteiligten funktioniere gut, und auch für eine weitgehende Doppelbesetzung mit zwei Disponenten habe man eine finanzielle und - in Absprache mit dem Hohenlohekreis - auch eine technische Lösung gefunden.

"Wir müssen laut trommeln, um gehört zu werden", forderte Gabi Metzger (Grüne) und betonte, dass sich der Kreistag mit der Resolution klar positioniere.

Die Bedeutung der Ortskenntnis und des persönlichen Kontakts in die Leitstelle, stellte Achim Walter (FDP) besonders heraus: "Der kurze Draht ist unheimlich wichtig. Zentrale Leitstellen können dies nicht leisten."

In der anschließend einstimmig verabschiedeten Resolution heißt es unter anderem: "... der Kreistag des Neckar-Odenwald-Kreises (fordert) die Landesregierung auf, sich klar und eindeutig zum Fortbestand der Integrierten Leitstelle in Mosbach zu bekennen. Neben dem Land stehen aber auch die Kostenträger in der Pflicht. Der Kreistag fordert deshalb auch die Krankenkassen ausdrücklich dazu auf, ihrer Verpflichtung für die Gesundheit und das Leben der Menschen im Neckar-Odenwald-Kreis nachzukommen und insbesondere die umfassende personelle Doppelbesetzung in den Nachtzeiten und an den Wochenenden uneingeschränkt mitzufinanzieren. Der Landkreis hat seinen Beitrag hierzu schon bereitgestellt. Nun ist es an den Krankenkassen, ihrer Verantwortung ebenfalls gerecht zu werden. Ein Menschenleben im Ländlichen Raum darf nicht weniger wert sein als eines in der Stadt."

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