Neckarelz zeigt "Der Ost-Komplex": "Geht es überhaupt um Recht und Unrecht?"
Regisseur Jochen Hick im Interview über den Film "Der Ost-Komplex. Das Leben des Mario Röllig", der am heutigen Dienstag in Neckarelz zu sehen ist

Der Film "Der Ost-Komplex. das Leben des Mario Röllig" führt den Zuschauer an Orte der Diskussion, des Streits und der Begegnung - auch nach Mosbach. Foto: Galeria Alaska Productions
Mosbach/Neckarelz. (stk) Seit einigen Jahren kommt der DDR-Zeitzeuge und ehemalige Stasi-Häftling Mario Röllig für eine Vortragsveranstaltung an das Mosbacher Nicolaus-Kistner-Gymnasium - am heutigen Dienstag steht dieser Besuch wieder an. Als "Bonus" gibt es heute Abend im Kinostar Neckarelz um 20.15 Uhr eine Preview des Dokumentarfilms "Der Ost-Komplex. Die Geschichte des Mario Röllig.", der offiziell erst im Januar in den deutschen Kinos anläuft. Gestern wurde irrtümlich ein anderer Film angekündigt. Jochen Hick, Regisseur und Autor, berichtet im RNZ-Interview über den Film, und die Rolle, die Mosbach darin spielt.
In drei Sätzen zusammengefasst: Um was geht es in dem Film "Der Ost-Komplex. Das Leben des Mario Röllig"?
Es geht um die spannende aber missglückte Flucht eines homosexuellen Kellners aus der DDR und seine Entwicklung bis zu einem der gefragtesten und zugleich jüngsten Zeitzeugen der ehemaligen DDR. Es ist zugleich ein sehr aktueller und politischer Film, der die teilweise absurde und oft tabubelastete Diskussionskultur zum Thema DDR zeigt. Der Film führt den Zuschauer dabei an Orte der Diskussion, des Streits und der Wiederbegegnung - quer durch Deutschland, bis an die ehemalige ungarisch-jugoslawische Grenze und in die USA.
Wie sind Sie auf die Geschichte von Mario Röllig aufmerksam geworden?
Ich drehte vor einigen Jahren zusammen mit Andreas Strohfeldt einen Film über Homosexualität in der DDR: "Out in Ost-Berlin". Auch Mario Röllig hätte ein Protagonist darin gewesen sein können. Seine Geschichte war aber zu komplex und auch in großen Teilen nach 1989 angesiedelt, weshalb ich mich entschloss, einen eigenen Film mit ihm zu machen. Es ist aber weniger ein Biopic, sondern eine Auseinandersetzung unseres Umgangs mit dem Thema DDR.
Was möchten Sie und Mario Röllig mit dem Dokumentarfilm erreichen?
Ich möchte zeigen, wie lebendig aber auch wie unbearbeitet das Thema DDR noch ist, wie kontrovers es empfunden wird und wie wenig eigentlich darüber gesprochen wird. Mario Röllig tut es offen aus einer eher konservativen Sicht, welche oft auch politischen Widerspruch weckt. Doch wer hat Recht am Ende oder geht es überhaupt um Recht und Unrecht? Wie funktionieren Zuhören und Anklagen, wenn jemand eigentlich eine Entschuldigung haben möchte, diese aber nie kommt, weil die andere Seite keine eigene Schuld sieht.
In Mosbach läuft der Film schon vor dem offiziellen Kinostart. Wieso?
Seit einigen Jahren besucht Mario Röllig u.a. das Nicolaus-Kistner-Gymnasium und hält Vorträge vor Schulklassen. Wir begleiten ihn im Film auf eine Reise dorthin und treffen dabei auch auf den Lehrer Andreas Klaffke, der diese Veranstaltungen initiiert hat. Herr Klaffke hat sich in Mosbach sehr für den Film stark gemacht und deshalb gibt es ausgerechnet in Mosbach die erste offizielle Preview vor dem Kinostart und nach der Uraufführung auf der diesjährigen Berlinale.
Teile des Films wurden ja in Mosbach gedreht. Was soll in diesen Szenen gezeigt werden?
Sie zeigen die spontanen Reaktionen von Schülern, die in Westdeutschland sozialisiert wurden und alle die DDR nur aus Büchern, Filmen und Erzählungen kennen. Und sie zeigen, was es bedeuten kann, sich als Zeitzeuge fast täglich mit der eigenen Geschichte zu präsentieren. Und einem ständig wechselnden Publikum immer wieder zum Teil intime, schmerzhafte Momente vorzutragen. Was macht das mit einem Menschen?
Info: Das Kino Neckarelz zeigt "Der Ost-Komplex. Das Leben des Mario Röllig" heute um 20 Uhr. Mario Röllig beantwortet danach Fragen.