Eklat um Hirschhorns Bürgermeister: Abstimmung über Absetzungsverfahren am 25. Januar
Über Akteneinsicht im Windkraftstreit hinaus geht es den Stadtverordneten jetzt um Sens’ Absetzung

Die Gemeinde Hirschhorn. Archivfoto: Stefan Weindl
Von Marcus Deschner
Hirschhorn. Jetzt haben etliche der Hirschhorner Stadtverordneten Verhalten und Arbeitsweise ihres Bürgermeisters Rainer Sens wohl endgültig satt: eine große fraktionsübergreifende Mehrheit unterzeichnete in der Stadtverordnetenversammlung am Donnerstag einen Antrag, mit dem das Abwahlverfahren für das seit 2011 amtierende Stadtoberhaupt in Gang gesetzt werden soll.
Sens hat mittlerweile bei seiner Dienstaufsicht ein Disziplinarverfahren gegen sich beantragt, schreibt aber, er habe ein "reines Gewissen". Über weiteres Vorgehen will er erst noch entscheiden - auch abhängig von "meinem Umfeld".
Das Papier wurde von CDU-Fraktionsvorsitzendem Harald Heiss an stellvertretenden Stadtverordnetenvorsteher Martin Hölz (Profil) bei der Sitzung in der Aula der Neckartalschule übergeben. Stimmen mindestens zwei Drittel der 17 Parlamentarier in der am 25. Januar anberaumten Sondersitzung dafür, startet das Abwahlverfahren. Dann erhalten die Wahlberechtigten zu den hessischen Kommunalwahlen am Sonntag, 6. März, einen weiteren Stimmzettel mit der Frage " Soll Bürgermeister Rainer Sens abgewählt werden?" und den Antwortmöglichkeiten "Ja" oder "Nein".
Die seit geraumer Zeit bestehenden Streitigkeiten zwischen Sens und dem Großteil der StaVo eskalierten, als es um die Vorgänge im Zusammenhang mit den geplanten Windrädern im "Greiner Eck" ging. Dabei stellte sich heraus, dass das Stadtoberhaupt Informationen verspätet bzw. gar nicht an Magistrat und Stadtverordnete weitergegeben hatte.
Auch interessant
Daraufhin war in der Stadtverordnetenversammlung im Dezember 2015 ein Akteneinsichtsausschuss gebildet worden. Dagegen legte Sens nach den Vorschriften der Hessischen Gemeindeordnung Widerspruch ein, da die Stadtverordnetenvorsteherin Katharina Korner (SPD) und Lukas Hering (CDU) seiner Auffassung nach bei dem Thema befangen waren. Ohne große Diskussion gab das Gremium dem Widerspruch statt und setzte auf Antrag der CDU sogleich einen neuen Ausschuss ein. Das Thema Befangenheit der Vorsteherin Korner ist ohnehin vom Tisch, da ein deren Großeltern gehörendes Grundstück - Zufahrt zu den Rotoren - von den Eigentümern nicht veräußert wird. Zudem ist die Streckenführung mittlerweile eine andere. Auch im neuen Akteneinsichtsausschuss werden dessen Aufgaben von den Mitgliedern des Haupt- Finanz- und Sozialausschusses wahrgenommen.
13 Unterschriften stehen nun unter dem Antrag auf Einleitung des Abwahlverfahrens nach Paragraf 76, Absatz 4 der Hessischen Gemeindeordnung. Unterzeichnet haben neben Stadtverordnetenvorsteherin Korner (SPD) deren Stellvertreter Wolfgang Schilling (CDU) und Martin Hölz (Profil) sowie die kompletten Fraktionen von CDU und Profil Hirschhorn. Es gehe bei dem geplanten Verfahren nicht nur um die Vorfälle im Rahmen der Planungen für den Windpark "Greiner Eck", sagte Wolfgang Schilling. "Sondern vielmehr um Erfahrungen, die wir mit dem Bürgermeister in den vergangenen Jahren gemacht haben", legte er nach.
Diese seien äußerst schlecht gewesen. Das brachte Schilling spontanen Beifall von Ludwig Heyer (Profil) ein.
Kritik an der Vorgehensweise kam hingegen von SPD-Fraktionschef Max Weber. Man strenge das Verfahren an, ohne die Ergebnisse des Akteneinsichtsausschusses abzuwarten, monierte er. "Dazu fällt mir gar kein Ausdruck ein". "Schon lange sind wir unzufrieden mit Ihrer Amtsführung", betonte dagegen Dr. Irmtrud Wagner (Profil) in Richtung Sens. Gleichwohl entschieden die Hirschhorner Bürger darüber, ob der Amtierende abgewählt werde oder nicht. "Wir geben ihnen nur die Möglichkeit dazu", so Wagner. Nachdem das Thema abgehakt war, kam es sogleich wieder zum verbalen Scharmützel zwischen Harald Heiss und Rainer Sens. Der CDU-Parlamentarier hatte sich beim Regierungspräsidium Darmstadt erkundigt, ob die Stellungnahme des Magistrats zu den Windrädern im Greiner Eck eingetroffen sei. Die Behörde habe ihm beschieden, dass diese sowie eine abweichende zweite Meinung des Bürgermeisters da sei.
"Stimmt das Herr Sens?", wollte Heiss wissen. Was vom Bürgermeister bestätigt wurde. "Sie haben gegen die Gemeindeordnung verstoßen", wies ihn daraufhin Heiss zurecht. Denn Sens habe gegenüber der Behörde nicht seine eigene, sondern die Magistratsauffassung zu vertreten: "Sie unterliegen dem Magistratsbeschluss". Der so Gescholtene berief sich schließlich auf die in Artikel 5 des Grundgesetzes verbriefte Meinungsfreiheit und kündigte an, dies juristisch prüfen zu lassen.