Schwetzingen

Ins Badhaus zog sich der Kurfürst gerne zurück

Das Badhaus im Schwetzinger Schlossgarten wurde vor 250 Jahren fertiggestellt. Es ist eine der letzten erhaltenen privaten Badeanlagen des Barock.

01.07.2022 UPDATE: 03.07.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden
Blick auf das Badhaus im Schwetzinger Schlossgarten: Im Ruhekabinett (rechts) konnte sich der kunstsinnige Kurfürst Carl Theodor entspannen. Fotos: SSG

Schwetzingen/Rhein-Neckar. (RNZ) Das Badhaus im Schwetzinger Schlossgarten wird als kostbares Meisterwerk bezeichnet. Vor fast genau 250 Jahren, am 4. Juli 1772, wurde es fertiggestellt. Es diente als Rückzugsdomizil des kunstsinnigen Kurfürsten Carl Theodor. Hier konnte er sich ungestört seiner Liebe zu Musik und Literatur widmen.

Im Themenjahr "Liebe, Lust, Leidenschaft" der Staatlichen Schlösser und Gärten können Besucherinnen und Besucher des Schlossgartens das kleine Lusthaus montags bis freitags von 12 bis 18 Uhr sowie samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 18 Uhr kennenlernen.

> Das Badhaus – ein kleines Lustschloss im Garten: Der barocke Hof kannte keine Privatsphäre. Daher hatte sich Kurfürst Carl Theodor nach einem Rückzugsort jenseits von Öffentlichkeit und Hofzeremoniell gesehnt, an dem er sich ungezwungen entweder allein oder im kleinen, ausgewählten Kreis seinen Leidenschaften hingeben konnte. So beauftragte er seinen aus Lothringen stammenden Hofarchitekten Nicolas de Pigage mit dem Bau dieses privaten Lusthauses inmitten des weitläufigen öffentlichen Schlossgartens, jedoch abgeschirmt und versteckt hinter Hecken. Wie viele Schlossbauten zu dieser Zeit, war auch dieses kleine Gebäude von einem französischen Bauwerk inspiriert. Pigage nahm sich das Grand Trianon im Schlosspark von Versailles zum Vorbild, das Ludwig XIV. sich als Rückzugsort errichten ließ. Bemerkenswert ist, dass das Badhaus im Verhältnis zum Hauptschloss in der gleichen Position gelegen ist wie das Grand Trianon zum Schloss Versailles. Nach vierjähriger Bauzeit war das Badhaus 1772 vollendet.

> Ein besonderes Kleinod: Außergewöhnlich vollständig erhalten und inzwischen umfassend restauriert, gehört das Badhaus heute zu den vielfältigen Besonderheiten des Schwetzinger Schlossgartens. Was heutigen Gästen erstaunlich erscheinen mag: Ein solches Gebäude, ruhig gelegen, mit luxuriösem Bad und exquisit eingerichteten Aufenthaltsräumen, war für einen Fürsten des 18. Jahrhunderts durchaus ein Zeichen, mit dem er seine weltläufige Kultiviertheit zur Schau stellen konnte. Das Schwetzinger Badhaus bietet dank der guten Erhaltung ein originalgetreues Bild fürstlicher Wohnkultur des 18. Jahrhunderts und ist eine der letzten erhaltenen privaten Badeanlagen des Barock.

> Ein Ort der Musen: Gäste des Badhauses gelangen über einen schönen Ovalsaal, das Foyer des kleinen eingeschossigen Gebäudes, in Vorzimmer, die in das Schlafzimmer, das aufwendig ausgestattete Schreibzimmer und in den prächtigen mit Stuck und Halbedelsteinen verzierten Baderaum führen. In das vertiefte Marmorbecken des Bades leiteten Wasserrohre in Form von bekrönten Schlangen erhitztes Wasser ein. Abseits vom Hofzeremoniell konnte Carl Theodor hier entspannen, musizieren, lesen und ganz er selbst sein. Auch nach der Verlegung der kurfürstlichen Residenz von Mannheim nach München im Jahr 1778 ließ Carl Theodor seinen Lieblingsort Schloss Schwetzingen weiter ausgestalten.

Auch interessant
Schwetzingen: Wie der Schlosspark aus Spanien und Polen gerettet werden soll
Schwetzingen/Heidelberg: Schon der Kurfürst liebte Schmetterlinge
Schwetzingen: Historische Wasserwerke treiben Wasserspiele im Schlossgarten an
Historische Hofinstrumente: Auf der Suche nach Carl Theodors Erbe
Treue Landesmutter: Kurfürstin Elisabeth Auguste war Identifikationsfigur der Kurpfälzer

> Einzigartige Gartenanlage von europäischem Rang: Das Schloss Schwetzingen ist vor allem wegen der Schönheit und Harmonie seines Schlossgartens weit über die Landesgrenzen hinaus berühmt. Seine Vielfalt kann noch heute im Originalzustand bewundert werden. Der Kurfürst liebte seine Sommerresidenz und ließ die Gartenarchitekten Nicolas de Pigage und später Friedrich Ludwig von Sckell ein einzigartiges Gesamtkunstwerk schaffen und brachte während seiner Regierungszeit (1724 bis 1799) das Schloss zur höchsten Blüte höfischen Glanzes. In den Bauten und Kunstwerken des barocken Parks mit seinen duftenden Blumen, exotischen Früchten, Wasserspielen und mit dem englischen Landschaftsgarten konnten Gäste Carl Theodors Leidenschaft für die Musen entdecken.

Info: Schlossgarten Schwetzingen: 27. März bis 29. Oktober geöffnet, Montag bis Sonntag 9 bis 20 Uhr. Badhaus: Mitte April bis Mitte Oktober geöffnet, Montag bis Freitag von 12 bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertage von 10 bis 18 Uhr.

Blick auf das Badhaus im Schwetzinger Schlossgarten: Im Ruhekabinett (rechts) konnte sich der kunstsinnige Kurfürst Carl Theodor entspannen. Fotos: SSG
(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.