Schwarze Perspektiven in den Fokus rücken
Die Black Academy des Goethe-Instituts ist im Schloss gestartet.

Von Marco Partner
Mannheim. "Das Problem eines Klischees ist nicht, dass es nicht wahr ist, sondern das es nur einen Teil über Land und Leute erzählt", sagte einmal die nigerianische Schriftstellerin Chimamanda Ngozi Adichie. Gerade mit Blick auf Afrika begrenzt sich die europäische Sicht oft auf negative Narrative wie Kriege, Armut, Hunger und Aids. Die "Black Academy" möchte diesen Blickwinkel verändern, und die Perspektiven schwarzer Menschen sichtbar machen. Nun ist das postkoloniale Netzwerk auch in Mannheim im Goethe-Institut verortet. Gleich zum Auftakt wird erkennbar, wie nicht nur Teilnehmer afrikanischer Herkunft vom Dialog und Austausch profitieren können.
"Mikwabo" heißt "Willkommen" auf Fon, eine Sprache aus Benin. Es ist zugleich der Titel der Eröffnungsfeier im Gartensaal des Mannheimer Schlosses. Gäste aus Ghana, Guinea oder Burkina Faso sind vor Ort, teilweise in traditionellen Gewändern. Gleichzeitig sind viele Teilnehmer aus Mali oder Kamerun via Zoom zugeschaltet. Vor zwei Jahren wurde die "Schwarze Akademie" von den international tätigen Vereinen "Meine Welt" und "Place" initiiert. Ziel ist es, das Wissen und die Erfahrungen von Menschen, die sich selbst als "Schwarz" definieren, nach außen zu tragen.
"Ihre Perspektiven und Kompetenzen finden in der Öffentlichkeit kaum Platz. Schwarze Menschen erleben immer noch Diskriminierung und Unterdrückung. Aber wir wollen keine Anti-Rassismus-Kampagne, sondern ein Sprachrohr sein, um immer noch vorhandene koloniale Muster zu überwinden", sagt Nicole Amoussou, die aus Benin stammt und als Vorsitzende von "Meine Welt" tätig ist.
Nicht nur im Alltag, auch in der Wissenschaft sind panafrikanische Sichtweisen oft unterrepräsentiert, wie die Mainzer Ethnologin und Präsidentin des Goethe-Instituts, Carola Lentz, erklärt: "In Deutschland gibt es keinen Lehrstuhl zu Black Studies. Das bedeutet auch, dass zu Benachteiligungen schwarzer Menschen keine konkreten Daten erhoben werden." In anderen Städten wie London, Lissabon, Brüssel oder Paris würden die Belange schwarzer Menschen nicht erst seit "Black Lives Matter" stärker wahrgenommen.
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Diesen unvollständigen Diskurs möchte man nun auf kreative Weise korrigieren. Um nicht nur die eine, meist "weiße" Sicht zu hören. Vor allem versteht sich die Black Academy als Plattform zur weltweiten Vernetzung und findet vermehrt im Digitalen statt. Dank Mittel aus dem Aktionsfonds "Zivilgesellschaftliches Engagement gegen Rechtsradikalismus, Muslimfeindlichkeit, Antisemitismus und Antiziganismus" kann aber nun zumindest für ein halbes Jahr ein lebendiger Vor-Ort-Austausch am Mannheimer Goethe-Institut gestaltet werden. Mit Museen möchte man zusammenarbeiten, um das postkoloniale Erbe zu hinterfragen. Veranstaltungen in hybrider Form sind geplant, wie ein "Pan-Afrikanischer Frauentag" am 31. Juli.
Aissatou Diallo ist Schirmfrau der Schwarzen Akademie. Geboren wurde sie in Guinea, in den 1960er-Jahren kam sie für ein Studium in die ehemalige DDR. Fast 40 Jahre war sie als Lehrerin in Solingen tätig und setzt sich seit dieser Zeit für bessere Bildungsmöglichkeiten in ihrem Heimatland ein. "In dieser jungen Organisation geht es im Kern um Würde. Der Kolonialismus hat unsere Würde infrage gestellt. Und er tut es noch immer: Wenn Menschen in der Sahara verdursten, im Mittelmeer ertrinken oder Regierungen aus Diktatoren bestehen, die ihre eigenen Interessen und die von Industrienationen über die Grundbedürfnisse der Bevölkerung stellen, sind diese Fehlentwicklungen direkte Folgen des Kolonialismus, die es zu überwinden gilt, um selbstbestimmt an unserer Zukunft zu arbeiten. Aber wenn ich in die Augen dieser jungen Menschen in der Akademie blicke, bin ich sehr zuversichtlich."