Löbel wird Urteil zu Mietverhältnis wohl akzeptieren (Update)
Der Ex-Bundestagsabgeordnete verliert den Prozess gegen seinen Mieter. Laut seinem Anwalt ist keine Berufung geplant.

Mannheim. (alb) Der ehemalige Mannheimer CDU-Politiker Nikolas Löbel hat Ende August als Vermieter eines Mehrfamilienhauses in der Neckarstadt-Ost einen Prozess gegen seinen früheren Mieter verloren. Er hatte dem Mann nach dessen nur vorübergehend geplanten Auszug wegen Sanierungsarbeiten in dem Gebäude fristlos gekündigt.
Löbel führte dafür ehrverletzende Beleidigungen des Rentners gegen ihn und seine Familie an, konnte diese jedoch nicht beweisen. Daher erklärte Einzelrichterin Waltraud Bag die Kündigung für unwirksam. Das Mietverhältnis bestehe also fort.
Wie Löbels Anwalt Josef Piontek nun auf RNZ-Anfrage sagte, habe sein Mandant nicht vor, gegen das Urteil Berufung einzulegen. "Das ist – Stand heute – relativ fix", erklärte er. Theoretisch kann Löbel den Richterspruch noch bis einschließlich kommenden Montag, 27. September, anfechten.
Update: Mittwoch, 22. September 2021, 19.15 Uhr
Nikolas Löbel kann Vorwürfe nicht beweisen
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Von Alexander Albrecht
Mannheim. Dass Nikolas Löbel am Mittwochvormittag der Urteilsverkündung im Mannheimer Amtsgericht fern bleibt, ist so wenig überraschend wie die von Einzelrichterin Waltraud Bag kurz verlesene Entscheidung. Der ehemalige CDU-Politiker verliert den Rechtsstreit gegen seinen Mieter krachend. Dessen fristlose Kündigung ist unwirksam. Das Mietverhältnis besteht fort. Der 67-Jährige kann somit zurück in seine Wohnung – zumindest theoretisch und vielleicht auch praktisch. Bag hatte das Urteil beim ersten und einzigen Prozesstag bereits vorweggenommen.
Löbel kündigte dem Mieter am 29. Januar 2020 – zwei Tage, nachdem er ihn wegen Sanierungsarbeiten in einer Ersatzwohnung unterbrachte. Seit 1986 lebte der Rentner in dem Mehrfamilienhaus in der Käfertaler Straße im Stadtteil Neckarstadt-Ost. Anschließend schaffte Löbel Fakten, ließ die Schlösser austauschen und vermietete die Wohnung an eine Studenten-WG. Der vor die Tür gesetzte Senior klagte dagegen und bekam jetzt Recht. Die von dem Ex-Abgeordneten angebotene Zahlung in Höhe von 5000 Euro zum Verzicht auf die Wohnung lehnte er ab. Eine gütliche Einigung scheiterte.
Entscheidend für den Fall ist, was sich Anfang Dezember 2019 zugetragen hat – oder nicht. Damals war die Handwerkerfirma von Löbels Vater in dem Anwesen. Dabei soll sich der Rentner ehrverletzend und herabwürdigend gegen den damaligen Bundestagsabgeordneten ausgelassen haben. Er, der Mieter, könne sich nicht vorstellen, "wie jemand ein solches Haus kaufen könne, der moralisch und geistig nicht in der Lage sei, dieses Objekt zu verwalten". Es fehle Löbel an den notwendigen Umgangsformen, er könne ihm bei einem Gespräch nicht einmal in die Augen blicken und habe ein Persönlichkeitsproblem. Der Vermieter sei ein "unfähiger Jungspund, der keine Manieren beigebracht bekommen" habe.
Die Aussagen werden von dem 67-Jährigen bestritten. Und Löbel fehlten dafür die Beweise. Drei Mitarbeiter der Sanitätsfirma konnten lediglich bestätigen, dass der Mieter aufgebracht war und "forsch" auftrat. Löbels auffallend unsicherer Vater bestätigte zwar Beleidigungen, machte jedoch nur sehr vage Angaben und kämpfte mit Erinnerungslücken. Nur der "Jungspund" fiel ihm noch ein. Das Wörtchen stellt aus Sicht von Richterin Bag aber keine so erhebliche "Pflichtverletzung" dar, dass dies eine ordentliche Kündigung ohne Abmahnung rechtfertigen würde.
Da der Kläger (vorerst) nicht in seine ehemalige Wohnung zurück kann, verpflichtete das Gericht Löbel dazu, dem Mann alle materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen. Zudem ist es ihm laut Urteil untersagt, neue Mieter in der Wohnung aufzunehmen, solange das Mietverhältnis mit dem Rentner noch besteht. Sollte Löbel dagegen verstoßen, kann ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder sechs Monate Haft angeordnet werden. Der einstige politische Senkrechtstarter muss den Mieter informieren, falls einzelne oder mehrere Mieter ausziehen wollen. In diesem Fall könne der Kläger seinen Anspruch per Zwangsvollstreckung durchsetzen. Noch ist das Urteil allerdings nicht rechtskräftig. Beide Seiten können dagegen noch Berufung einlegen, wobei diese Option nur für Löbel infrage kommt. Dann würde der Fall beim Landgericht Mannheim landen.

Löbel-Anwalt Josef Piontek sagte, sein Mandant werde das Urteil "sicher nicht" angreifen, wenn er dafür keine Erfolgsaussichten sehe und eine Berufung nur dem Zweck diene, das Verfahren hinauszuzögern. Der Jurist machte allerdings darauf aufmerksam, dass schon der Voreigentümer mächtig Ärger mit dem Mieter hatte. Gegen ihn sollen nach Angaben Pionteks "zwei bis drei" Räumungsklagen vorgelegen haben. Auch die Stadt habe sich einmal eingeschaltet, weil der Mann Brandschutzmaßnahmen verhindern wollte.
Für die Entscheidung des Gerichts spielten die juristischen Auseinandersetzungen mit dem "grundsätzlich streitsüchtigen Menschen" (Piontek) keine Rolle. Vielmehr habe er durch das eigenmächtige Verhalten des Vermieters seine langjährige Wohnung verloren. Löbel habe in rechtswidriger Weise in den höchstpersönlichen und von Artikel 13 des Grundgesetzes besonders geschützten Lebensbereich des Klägers eingegriffen, heißt es im Urteil.
Der Mieter könne sich grundsätzlich vorstellen, eine andere Wohnung in dem Mehrfamilienhaus zu beziehen, zum Beispiel in eine der für Airbnb vorgehaltenen, sagte dessen Anwalt Alexander Sauer, der auch stellvertretender Vorsitzender des Mannheimer Mietervereins ist. Er hoffe darauf, dass Löbel nun "endlich" tätig werde, Vernunft eintrete "und wir nicht weiter streiten müssen".
Wie der über seinen Maskenskandal gestolperte Ex-Politiker das machen solle? "Ich bin nicht in der Situation, Herrn Löbel außerhalb des Verfahrens Ratschläge geben zu können und zu wollen", sagte Sauer nüchtern. Sein Mandant habe nun "dem Grunde nach" den Anspruch auf Schadenersatz. Den wolle er auch geltend machen, sofern Löbel nicht einlenke, so Sauer, der dazu keine weiteren Details preisgab.