Virtuelle Sprechstunde auf Buga

Bei den Fußschmerzen schien der KI-Doktor etwas ratlos

Die RNZ hat auf der Buga die Sprechstunde des virtuellen Herrn mit dem weißen Kittel besucht. Was kann der virtuelle KI-Doktor und was nicht?

01.06.2023 UPDATE: 01.06.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 20 Sekunden
Auch diese Besucherin hat in der Telefonzelle mit dem „Mediziner“ Kontakt aufgenommen. Foto: hewa

Von Heike Warlich

Mannheim. "Ich brauche noch mehr Details. Könnten Änderungen im Alltag die Ursache für Ihre Beschwerden sein?", fragt mich der Herr im weißen Kittel freundlich. Dass ich ins Schwitzen gerate, liegt nicht an ihm. Denn es ist ziemlich heiß in der Telefonzelle, in der ich dem virtuellen Doktor gegenüberstehe und starke Fußschmerzen simuliere.

Er hält seine Sprechstunde in dem kleinen gelben Häuschen im SDG-Garten Nummer 9 auf der Bundesgartenschau im Spinelli-Park ab. SDG steht für Sustainable Development Goals ("Nachhaltigkeitsziele"). 17 an der Zahl, hat jedes im Experimentierfeld einen eigenen Garten erhalten. Der von mir besuchte steht unter dem Motto "Industrie, Innovation und Infrastruktur" und ist Arbeitsplatz des Arztes, hinter dem die künstliche Intelligenz ChatGPT steckt.

Ich will testen, ob er mir tatsächlich weiterhelfen kann. Dass der "Patient" vor mir leicht frustriert feststellt: "Das funktioniert nicht. Er hat nicht mit mir gesprochen", entmutigt mich nur kurz. Ich trete ein, greife zum Hörer und teile mein Anliegen mit: Beim Auftreten tut ein Fuß immer höllisch weh. Das Gesprochene erscheint parallel dazu schriftlich auf dem Bildschirm. Dann herrscht erst mal Stille. Hat das Ding vielleicht seinen Geist aufgegeben?

Aber schnell merke ich, dass der Doc ein kleines bisschen Zeit braucht, bis er antwortet. Wie bereits erwähnt, will er mehr wissen: ob ich mich verletzt oder gestoßen habe, ohne es zu bemerken? Ist der Fuß geschwollen, rot oder gar heiß? Ich verneine: "Man sieht überhaupt nichts, aber ich habe starke Schmerzen und kann eigentlich gar nicht richtig auftreten."

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Der Doc scheint etwas ratlos zu sein. Bedauert jedoch, dass es mir nicht gut geht, und meint dann, dass die Schmerzen von einer Muskelzerrung herrühren könnten, vielleicht ja sogar von einer Fraktur. Auch entzündete Sehnen könnten die Ursache sein.

"Ich empfehle Ihnen, dies beim Hausarzt abklären zu lassen, eventuell mit einer Röntgenaufnahme", sagt der virtuelle Mediziner. Vorübergehend könnten Schmerzmittel helfen. Ich bin nicht ganz zufrieden. Denn schließlich habe ich diese Beschwerden nicht zum ersten Mal und bringe daher von mir aus das Thema "Fersensporn" aufs Tapet.

Ziemlich rasch kommt die Reaktion: Ein Fersensporn sei eine dornförmige Knochenwucherung am Fersenbein. "Das könnte die Ursache für die Beschwerden sein", stellt er fest. Aber auch das soll ich durch ein Röntgenbild abklären lassen.

Sollte sich diese Vermutung bewahrheiten, dann hat der KI-Doc bereits ein paar Tipps für mich: "Physiotherapie, Einlagen und auch Schmerzmittel können die Beschwerden lindern", gibt er mir mit auf den Weg. Ich bedanke mich, und er sagt: "Ich bin froh, dass ich Dir helfen konnte", und wechselt damit kurzfristig vom Sie zum Du.

Nachdem wir so vertraut miteinander geworden sind und ich schon mal da bin, schneide ich noch ein anderes Thema an. Keine große Sache zwar, aber lästig: Seit ein paar Wochen läuft immer mal wieder unvermittelt die Nase, die Augen tränen, und ein Kratzen im Hals habe ich auch.

Ich sei mir aber sicher, dass es sich nicht um eine Erkältung handelt, sage ich. Diesmal reagiert der junge Arzt mit der angenehmen Stimme sofort: "Da ist eine Allergie möglich", teilt er mit und hat vermutlich den Nagel auf den Kopf getroffen. Aber auch das soll ich bitte fachlich abklären lassen, dürfe fürs Erste aber ruhig Antihistaminika nehmen. Das helfe mir schon mal weiter. Ich bin zufrieden, und wir verabschieden uns voneinander, indem ich auf "Beenden" drücke. Fast habe ich vergessen, dass ich nicht mit einem Arzt aus Fleisch und Blut, sondern mit einer Maschine gesprochen habe. Draußen wartet derweil schon die nächste Ratsuchende, die sich ganz spontan und von Mensch zu Mensch bereit erklärt, sich für ein Foto mit dem Cyber-Doc zur Verfügung zu stellen, bevor wir uns den Hörer in die Hand geben.

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