112 Jahre Pfaudler sind in Schwetzingen vorbei
Übergabe des Werksgeländes an die Heidelberger Firma Epple

Beim letzten Blick in die Werkshallen waren auch einige ehemalige Arbeiter vor Ort. Paul Bofinger etwa verbrachte 33 Jahre seines Berufslebens bei Pfaudler und baute dort emaillierte Stahlbehälter für die Chemieindustrie. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Schwetzingen. Paul Bofinger ist ein gestandener "Pfaudlerianer". Insgesamt 33 Jahre seines Arbeitslebens hat er in der Fabrik verbracht und dort emaillierte Stahlbehälter gebaut. Als er 1957 in der Montagehalle mit seiner Arbeit bei Pfaudler begann, sei das Unternehmen wirtschaftlich im Aufwind gewesen, erklärte Michael Theilig, Geschäftsführer Technik der Firma Pfaudler, am Montag bei der symbolischen Schlüsselübergabe an die Firma Epple aus Heidelberg.
Damals hatte die chemische Industrie, von BASF über Höchst bis Bayer, die emaillierten Stahlbehälter aus Schwetzingen gerade für sich entdeckt. "Nebenan, auf den Gleisen, stauten sich manchmal die Güterwaggons mit unseren Behältern", erzählte Bofinger. Er wechselte in die Entwicklungsabteilung und nach zehn Jahren wieder zurück in die Fertigung. 1989 ging er in den verdienten Ruhestand.
Bei der Schlüsselübergabe für das Werksgelände hatte der ehemalige Mitarbeiter eine kleine Träne im Augenwinkel. Schließlich ging damit eine mehr als hundertjährige Geschichte am Standort Schwetzingen zu Ende.
Auch Oberbürgermeister René Pöltl sprach von einem lachenden und einem weinenden Auge. 112 Jahre Pfaudler in Schwetzingen - das sei nun vorbei. Der Umzug der Firma nach Waghäusel ist vollzogen. Doch den Oberbürgermeister freute es, dass die Arbeitsplätze nur etwa 20 Kilometer weiter wandern. So könnten die Schwetzinger und die anderen Mitarbeiter aus der Region ihren Job behalten.
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Das war auch einer der Gründe, warum die Firma nicht nach Osteuropa umgezogen ist - trotz der dort winkenden niedrigeren Arbeitskosten. "Wir wollten die erfahrenen Fachkräfte nicht verlieren, sondern mitnehmen", erläuterte der Standortleiter, Peter Munkes.
Gleichzeitig, so Pöltl, könne man am Standort der Firma zwischen Scheffelstraße und Bahnlinie nun ein hochwertiges Wohnareal mit vielen neuen Wohnungen schaffen. "Schwetzingen benötigt dringend Wohnraum", betonte der Rathauschef. "Vor allem bezahlbaren Wohnraum."
Der Heidelberger Projektentwickler Epple hatte das 6,7 Hektar große Gelände von Pfaudler erworben und mithilfe von drei Architekten und der Stadtverwaltung ein Zukunftsprojekt entwickelt. Das liegt gar nicht so weit in der Zukunft: Schon in der zweiten Jahreshälfte 2020 soll es losgehen. Für den ersten Bauabschnitt orientieren sich die Planer am Paragrafen 34 des Baugesetzbuchs.
Demnach müssen sich die neuen Gebäude in die Umgebungsbebauung einfügen. Für den Rest entwickelt die Stadt einen Bebauungsplan. "Von der Situation profitieren fünf Partner", erklärte Waghäusels Oberbürgermeister, Walter Heiler. Neben Schwetzingen, Waghäusel und den Firmen Pfaudler und Epple profitiere auch die Maschinenfabrik Schuler, die ihre Hallen in Waghäusel an Pfaudler verkauft hat.
"Für die Firma Pfaudler war der Umzug eine wirtschaftliche Notwendigkeit", betonte Thomas Kehl, Vorstand der Pfaudler-Gruppe. Denn das Gelände sei für die Firma zu groß geworden. Die Hallen hätten Mängel in der Bausubstanz gezeigt und die Arbeitsabläufe hätten nicht mehr dem modernsten Standard entsprochen. Und so fiel der Entschluss, einen anderen Standort zu suchen.
" Als ich davon erfahren habe, ist mir zuerst einmal das Herz in die Hose gerutscht", erzählte Oberbürgermeister René Pöltl freimütig. Aber dann habe man es geschafft, eine für beide Seiten zufriedenstellende Lösung zu finden.
"Einiges auf dem Gelände wird auch später noch an Pfaudler erinnern", sagte Pöltl. Den großen Pfaudler-Behälter an der Südtangente könne man zum Beispiel erhalten - wenn auch vermutlich an einer anderen Stelle. Auf einen neuen Namen für das Gelände habe man sich noch nicht festgelegt. "Bei den Schwetzingern wird es im Volksmund sowieso immer der Pfaudler bleiben", glaubt Pöltl.



