Schwetzingen

Wenn sich Bürger und Geflüchtete vernetzen

Integration durch Freundschaft - Dies ist das Grundprinzip des Programms "MyBuddy"

22.10.2018 UPDATE: 23.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 17 Sekunden

Der Syrer Abdullah Alkhlif und die Weinheimerin Verena Gräf sind ein "Buddy-Paar". Foto: Len

Von Stefan Kern

Schwetzingen/Rhein-Neckar. Es klingt bestechend einfach: Vorurteile haben nur im Kontext von Unkenntnis eine Chance. Wer dem Anderen dagegen begegnet und seine Geschichte kennenlernt, entwickelt Empathie und Wärme, die Vorurteile wie Schnee in der Sonne schmelzen lässt. Dies ist die Grundidee von "MyBuddy", einem Programm des Europarates, das Bürger vor Ort und Geflüchtete zusammen bringen soll - und von der Schwetzinger Gemeinderätin Weihua Wang in der Metropolregion gerade mit viel Leidenschaft angekurbelt wird.

Mit dem Programm wird die erfolgreiche Integration von Flüchtlingen vor Ort gefördert. Das Grundprinzip ist einfach: es wird jeweils ein lokaler Bürger mit einem Geflüchteten vernetzt, um persönliche Begegnungen zu fördern. Die Buddy-Paare bestimmen selbst, wie viel Zeit angemessen ist und in welcher Form der Austausch stattfindet.

Das Format ist bewusst offen und flexibel gestaltet, um die Teilnahme für eine breite Zielgruppe zu ermöglichen. Beim MyBuddy Programm geht es nicht um einseitige Hilfestellungen, sondern um freundschaftlichen Austausch auf Augenhöhe. Für eine Teilnahme bedarf es deshalb auch keiner speziellen Vorerfahrung.

Es gebe zwischen Menschen immer eine Kluft und je nach kultureller Prägung, könne diese auch durchaus groß sein. "Aber es gibt keine Kluft, die nicht überbrückt werden kann", sagte Wang im Rahmen eines MyBuddy-Empfangs im Palais Hirsch in Schwetzingen. Die Begegnung sei die universelle Brücke auf dem Weg zu einer anständigen Gesellschaft, in der die Würde wirklich jedes Menschen unantastbar sei.

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Weihua Wang setzt sich mit viel Leidenschaft für das MyBuddy-Programm ein. Foto: zg

Eine Sicht, die Landrat und Schirmherr Stefan Dallinger teilt. "Man lernt nur schätzen, was man kennenlernt." In diesem Sinne sei MyBuddy ein weiteres Symbol dafür, dass viele Menschen zusammen für das gemeinsame Ziel Integration arbeiten. Seit 2015 hätte sich mit Tausenden Ehrenamtlichen, Kommunen und dem Kreis eine beeindruckende Truppe gebildet, die der Integration in der Metropolregion Rhein-Neckar eine enorme Schlagkraft verliehen hätte.

Dallinger betonte, dass gerade der Begegnung auf der Ebene Mensch zu Mensch eine grundlegende Bedeutung zukomme. Hier entstehe Vertrauen, Verständnis aber auch Veränderungs- und Anpassungswille. Die Welt, betonte der Landrat, werde nur durch Offenheit zu einem besseren Ort.

Im August startete Weihua Wang in der hiesigen Region das Programm, über das sich bereits 70 Paare gefunden haben. Eines davon ist die 35-jährige Verena Gräf aus Weinheim und der 26-jährige Abdullah Alkhlif. Er flüchtete 2015 aus dem syrischen Aleppo über das Mittelmeer nach Deutschland und lebt heute in Bürstadt.

Der Empfang im Palais Hirsch war für die beiden das zweite Treffen. Zu Beginn war Gräf, die Englisch und Deutsch auf Lehramt studiert, etwas skeptisch. Sie fragte sich, ob ein gedanklicher Austausch vor dem Hintergrund so unterschiedlicher Erfahrungen überhaupt funktionieren könne. Nach der ersten Begegnung waren diese Zweifel bereits zerstreut. "Wir sind uns sympathisch und sind bereit zu lernen und aufeinander zuzugehen", betont die Weinheimerin.

Im Rahmen einer abschließenden Podiumsdiskussion mit dem Grünen Landtagsabgeordneten Manfred Kern und Schwetzingens Oberbürgermeister René Pöltl, wurde das Bild eines Landes gezeichnet, das die Integration weitaus besser bewältigt, als oft kolportiert wird.

"Wir haben ja auch eine Menge Erfahrung darin", betonte Pöltl. Seit Hunderten von Jahren sei der Rhein-Neckar-Raum eine Zuwanderungsregion. Und der Erfolg dieser Region wäre ohne die Zuwanderung nicht erklärbar. MyBuddy ist für die beiden Politiker eine Art Meilenstein. Werde doch gerade mit diesem informellen Freundschaftsprogramm dafür gesorgt, dass weniger übereinander und mehr miteinander geredet werde.

Dazu gehöre auch, ergänzt Weihua Wang, das kommunale Wahlrecht nicht an einen deutschen oder EU-Pass zu knüpfen. Natürlich, so Kern und Pöltl, gebe es da noch Diskussionsbedarf. Aber bedenkenswert sei der Ansatz, auch ehemals Geflüchteten, die hier angekommen sein und ihren Lebensmittelpunkt hier haben, das kommunale Wahlrecht zu geben.

Info:  www.my-buddy.org 

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