Was Schülerinnen und Schülern hier fehlt
Achterrat machte unter anderem Vorschläge zu W-Lan sowie Klimaschutz, die nun weiter konkretisiert werden sollen

Von Sascha Balduf
Schwetzingen. Lautes Stimmenwirrwarr war am Dienstagvormittag im Jugendzentrum "Go In" zu vernehmen. Kein Wunder: 164 Schüler hatten sich zusammen mit ihren Lehrern für das erste Treffen des Achterrats in der Kolpinghalle versammelt. Fand die Premiere dieser Mitbestimmungsrunde für Jugendliche im vergangenen Jahr noch im Schloss statt, waren die Schüler auch im weniger kurfürstlichen Ambiente nicht minder motiviert, ihre Vorschläge einzubringen.
Jeweils zwei Klassen der achten Stufe aller fünf weiterführenden Schulen der Stadt waren eingeladen worden. Die nicht ganz einfach Aufgabe, die Jugendlichen für einen Moment zu bändigen und das Konzept der Ideensammlung zu erklären, hatte Jugendreferentin Andrea Kroll. Auf etwa gleich große Gruppen aufgeteilt, wuselten die Schüler an ihre bereitstehenden Gruppentische, und Jugendreferentin Kroll nahm sich Zeit, im Gespräch mit der RNZ die sogenannte World-Café-Methode genauer zu erläutern.
Aus einer Befragung unter rund 500 Schülern Ende September hatte die Jugendarbeit der Stadt neun Themenblöcke herausgefiltert. Zu jedem Thema stand nun ein Tisch bereit, bespannt mit einer weißen Papiertischdecke. Ausnahmsweise war dort erlaubt, was in der Schule sonst für mächtigen Ärger sorgt: Ideen wurden mit bunten Markern direkt auf dem Tisch verewigt. "Die Schüler haben 15 Minuten Zeit, ihre Vorschläge aufzuschreiben und wechseln dann an einen anderen Tisch", erklärte Kroll.
Nach weiteren 15 Minuten folgt der zweite Wechsel. Diese Gruppe fasste die gesammelten Ideen auf einem Plakat zusammen und präsentiert sie den anderen Schülern. Bei der Gruppe "W-lan-Hot-Spots" waren schon nach wenigen Minuten zahlreiche Ideen gesammelt worden. Vor allem der Bahnhof, Bushaltestellen und die Schulen sind nach Meinung der Jugendlichen nicht gut genug versorgt.
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Erik von der Karl-Friedrich-Schimper-Gemeinschaftsschule wollte Hotspots, die ohne Anmeldung genutzt werden können. "Ansonsten könnten vielleicht versteckte Kosten entstehen. Mir ist das mal passiert, und es war ein ganz schöner Aufwand, das wieder abzubestellen." Der gleichzeitige Ausbau von 5 G, also schnellerem Internetzugriff per Mobilfunk, war seinem Schulkameraden Marvin besonders wichtig: "Öffentliches Internet ist ja meistens sehr langsam." Am Thementisch "Jugendeinrichtung" war das Lob fürs Jugendzentrum "Go In" groß, viele wünschten sich einen Ausbau oder, dass der Skatepark permanent zugänglich ist.
Die Gruppe "Spezielle Plätze/Angebote im öffentlichen Raum" beschäftigte sich vor allem mit Sport. Eishalle, Dirtpark und Kletterhalle gehörten zu den beliebtesten Vorschlägen. Für Letztere war sogar schon die Idee entstanden, diese zentral zu bauen und zusammen mit Nachbargemeinden zu finanzieren. Am nächsten Tisch sollte es allgemein um Treffpunkte gehen. Mehr Sitzgelegenheiten und überdachte Orte für Jugendliche wurden gefordert.
Besonderen Anklang fand ein Vorschlag, der es vor wenigen Jahren wohl noch nicht so prominent auf eine Ideensammlung geschafft hätte: mehr fotogene Orte, um Bilder für die Sozialen Medien zu schießen. Diese waren auch bei der Gruppe "Kommunikation" hoch im Kurs. Eine lokalisierte App könne ebenso maßgeschneiderte Informationen liefern, wie ein Jugendradio oder eine spezielle Seite in den lokalen Printmedien. Dass ein entsprechendes Interesse vorhanden ist, zeigte sich am Tisch mit der Aufschrift "Beteiligt werden/Partizipation": Mehr Raum für Politik und Zeitgeschehen fand sich ebenso unter den Vorschlägen wie eine Absenkung des Wahlrechts. Sogar ein Jugendbürgermeister für Schwetzingen wurde gewünscht.
Nicht wirklich in der Hand der Kommune liegt die Bildungspolitik. Aika von der Carl-Theodor-Schule war es dennoch wichtig, ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen: "Ich finde, man sollte wählen dürfen, ob man das acht- oder das neunjährige Gymnasium absolviert", sagte sie. Mit Abstand die meisten Vorschläge fanden sich am Tisch "Umwelt- und Klimaschutz". Mehr Grünflächen, öffentliche Wasserspender, autofreie Zonen, Tauschbörsen für Schulsachen, ÖPNV-Vergünstigungen und Insektenhotels sind nur einige Beispiele.
Kai und Moritz vom Hebel-Gymnasium entwarfen gar ein eigenes Mobilitätskonzept basierend auf Wasserstoffantrieb für Busse und Verbesserungen der Radinfrastruktur. "Wir beschäftigen uns auch in der Freizeit gern mit dem Thema und interessieren uns für Wasserstoffautos", erklärte Moritz das große Fachwissen der beiden.
Um Fachwissen soll es auch später noch gehen: "Das nächste Treffen findet am 20. November statt", erklärte Jugendreferentin Andrea Kroll. "Dann sollen die Schüler in Kleingruppen die Vorschläge in den einzelnen Themen konkretisieren und Fragen formulieren." Basierend darauf werden Experten gesucht, die im Januar bei der Ausarbeitung einer Gemeinderatsvorlage helfen sollen - etwa der städtische Klimaschutzbeauftragte Patrick Cisowski für Fragen zu den Umweltthemen. Die Vorschläge des Achterrats aus dem vergangenen Jahr werden derzeit in der Verwaltung bearbeitet. Dabei geht es um die Aufwertung bestehender Treffpunkte und besserer Markierungen für Rad- und Fußwege.
Info: Wer die Arbeit des Achterrats verfolgen möchte, findet auf Instagram Infos unter @jugendarbeit_schwetzingen



