Der Mann hinter den Kulissen
Georg Gaida ist technischer Leiter des Rokokotheaters - Von Oper bis Xavier Naidoo ist alles zu hören

Für Georg Gaida ist das Rokoko-Theater im Schwetzinger Schloss wie ein zweites Zuhause. Foto: Lenhardt
Von Rolf Kienle
Schwetzingen. Ganz schön ausgefuchst. Als Kurfürst Carl Theodor beschloss, beim Schwetzinger Schloss ein Theater zu bauen, ließ er den Fachwerkbau so ausrichten, dass die Spätnachmittagssonne von Westen her durch die Fenster auf die Bühne schien. Er nutzte das Schloss nur in den Sommermonaten, da sollte das Licht für die Aufführungen ausreichen. Das Gas-Rampenlicht war noch nicht erfunden, die Kerzen gaben nicht viel her. Wir schreiben das Jahr 1750. Am Hof suchte man das Vergnügen.
Da hat sich heute nicht viel verändert. Georg Gaida, technischer Leiter des Rokokotheaters, hat es seit 40 Jahren mit guter Unterhaltung zu tun. Oper, Schauspiel, Boulevard, Rockkonzerte, Festspiele, Tanz, "Schwetzinger Winter", Mozart-Wochen, das ganze Programm. 70 Veranstaltungen kommen pro Jahr zusammen, die über seine Bühne gehen. Nur Heiligabend und Silvester sind frei. Ansonsten kann es abends spät werden. "Meistens bis 22 Uhr, oft auch später", sagt Georg Gaida. Am Nachmittag will kaum mehr jemand ins Theater.
An die berühmten Bretter, die die Welt bedeuten, kam Georg Gaida nicht der Liebe zum Theater wegen. Er war Elektriker-Lehrling bei einer Firma, die für das Schloss arbeitete und die gesamte Elektro-Installation für das Theater übernommen hatte. "Ich verbrachte die gesamte Lehrzeit am Theater." Danach machte ihm die Schlossverwaltung das Angebot, beim Theater zu arbeiten. Er legte Prüfungen zum Beleuchtungs- und Bühnenmeister ab und ist seit 1987 verantwortlicher Leiter. Bereut hat er das nie. Er ist der Mann hinter den Kulissen, wie er sagt.
Das kleine Theater, das übrigens das älteste erhaltene Rangtheater ist, schlief die meiste Zeit seiner Existenz einen Dornröschenschlaf. Denn als der Kurfürst 1778 nach München zog, brauchte in Schwetzingen kein Mensch mehr Theater-Unterhaltung. Das Haus verkam zum profanen Lager, unter anderem für Tabak. Erst 1937 wurde es reaktiviert, ab 1952 spielte das Mannheimer Nationaltheater hier.
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Georg Gaida erinnert sich noch gut an die große Zeit des Boulevards. Bekannte Schauspieler aus dem Fernsehen spielten turbulente Boulevardstücke auf kleinen und mittelgroßen Bühnen. Elke Sommer, Gunther Philipp, Heidi Kabel und ihr Ohnsorg-Theater waren in der Stadt. "Manfred Krug war mit dem ,Der zerbrochene Krug‘ da", erinnert er sich. "Schimanski" Götz George erwischte Georg Gaida beim Überklettern des Tors. Der Eingang war bereits geschlossen und George musste zu den Vorbereitungen für die Abendvorstellung ins Theater. Es blieb ihm nicht anderes übrig, als den direkten Weg über das Tor zu nehmen. Auffällig hoch waren bei den Aufführungen mit Götz George der Anteil der Frauen im Publikum, erinnert sich Georg Gaida. Irgendwann kamen die Boulevardstücke fast komplett aus der Mode; Musicals wurden die neuen Publikumsmagneten.
Gelegentlich stehen Großproduktionen auf dem Plan. Als Xavier Naidoo sein "Wettsingen in Schwetzingen" im Theater produzierte, gab es für Gaida und seine Mitarbeiter eine Menge Arbeit. Naidoo ließ sämtliche Stühle entfernen und verlängerte die Bühne in den Zuschauerraum. Für Besucher war wenig Platz, aber das war ohnehin nicht das Ziel. Es ging um die Aufnahmen. Einen ähnlich anspruchsvollen Aufwand trieb die Städtische Bühne Köln, als sie "Die Entführung aus dem Serail" aufführte und von der ARD live senden ließ, via Satellit auch nach Japan. "Da wurde natürlich wochenlang geprobt", weiß Gaida. Die Übertragung musste klappen.
Womöglich wäre Wolfgang Amadeus Mozart gern dabei gewesen. Der Komponist des Singspiels schaffte es bei seinem ersten Besuch 1763 nämlich nicht bis ins Rokokotheater. Der Kurfürst ließ das siebenjährige Wunderkind damals im Tanzsaal vorspielen. Die Mozarts wohnten auch nicht im Schloss, sondern im Hotel "Zum Roten Haus" in der heutigen Dreikönigstraße.
Das Theater steht weitgehend so da wie es Architekt Nicolas de Pigage um 1750 baute, freilich ohne jegliche Heizung. Die kam erst 1937 dazu. Damals wurden auch die schlichten Holzbänke durch schicke Stühle ersetzt. Der vorgeschriebene schwere "eiserne Vorhang" und der Schnürboden machten das Haus zum modernen Theater. "Aber die Bausubstanz ist die von 1750", erklärt Georg Gaida. Darauf ist er stolz.
Info: Wer sich über das Haus und seine Geschichte informieren will, dem wird eine "Vorhang auf"-Führung empfohlen. Infos unter www.schloss-Schwetzingen.de



