Rhein-Neckar

Sturm Sabine wütete "nicht so drastisch wie befürchtet"

Sturmtief stellt Waldbesitzer dennoch vor große Herausforderungen - Forstamtsleiter warnt vor Gefahren

25.02.2020 UPDATE: 26.02.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 14 Sekunden
Forstamtsleiter Manfred Robens vor einem entwurzelten Baum Im Schönbrunner „Baurewald“. Foto: Hebbelmann

Von Sabine Hebbelmann

Rhein-Neckar. "Die stürmische Sabine hat nicht so drastisch gewütet wie befürchtet", sagt Manfred Robens. Der Leiter des Kreisforstamts des Rhein-Neckar-Kreises will den Sturm nicht mit schweren Orkanen wie Vivian und Wiebke 1990 oder Lothar 1999 vergleichen. Doch bei den Folgen gibt er keine Entwarnung – im Gegenteil.

Im Schönbrunner "Baurewald" zeigt er einen Abhang, der ein wüstes Bild abgibt: In dem Fichten-Douglasien-Wald wurden etliche Bäume entwurzelt, andere stehen noch, sind aber an unterschiedlichen Stellen abgebrochen. Einige Stämme sind in Schieflage geraten oder lehnen sich an ihre Nachbarn an. Baumstämme und heruntergerissene Baumwipfel bedecken den Boden. So ein Gelände ist lebensgefährlich, betont Robens. Schon bei leichtem Wind oder auch ohne jeden Anlass könnten Äste oder Kronenteile herabstürzen.

Der Sturm fegte von Westen über die unbewaldete Kuppe und hat auf der anderen Seite Verwirbelungen verursacht, erklärt er. "Das ist wie bei einem Flugzeugflügel." Neben einzelnen "flächigen Würfen" wie diesem habe es im ganzen Kreisgebiet verstreut vor allem zahlreiche sogenannte Nester- und Einzelwürfe gegeben. Die Schätzungen des Rhein-Neckar-Kreises gehen von 16.000 Festmetern Sturmholz aus, davon 11.000 Festmeter in kommunalem und privatem Besitz.

Fraßspuren von Borkenkäfern in der Rinde eines abgestorbenen Baums. Foto: Hebbelmann

Das Problem: Die betroffenen Nadelbäume können zu einer Brutstätte für den Borkenkäfer werden. Robens bricht ein Stück Rinde von einem abgestorbenen Baum und zeigt die Fraßspuren auf der Rückseite. Gut zu erkennen sind die unterschiedlichen Brutsysteme der Borkenkäferarten Buchdrucker und Kupferstecher.

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Normalerweise wehren gesunde Bäume die Käfer mit ihrem Harz ab. Wie Robens berichtet, war es im Jahrhundertsommer 2018 aber so trocken, dass viele Bäume nicht genügend Harz bilden konnten. In der Wärme vermehrten sich die Käfer explosionsartig – einer Massenvermehrung aber können auch gesunde Bäume nicht standhalten. Damit es nicht erneut zum Absterben ganzer Waldbestände kommt, sei es enorm wichtig, dass gefallene, geschädigte und nicht standfeste Bäume noch vor Ostern aus dem Wald entfernt werden.

Dass das nicht nur aufwändig, sondern unter Umständen auch lebensgefährlich ist, macht Robens sehr deutlich. Für die Sturmholzaufarbeitung sei erfahrenes und fachkundiges Personal nötig. Er zeigt auf Stämme, die wie Mikado-Stäbe kreuz und quer übereinander liegen. "Wenn Holz, das unter Spannung steht, angesägt wird, kann es ausschlagen", erläutert er und rät von einer eigenständigen motormanuellen Aufarbeitung ab. Sicherer sei die maschinenunterstützte Aufarbeitung – beispielsweise durch einen Seilschlepper oder Bagger. Waldbesitzern, die Schadholz dennoch mit der Motorsäge aufarbeiten wollen, empfiehlt er den Auffrischungslehrgang "Holz unter Spannung" des ForstBW Betriebsteils "Odenwald" in Schwarzach.

Die nächste Herausforderung ist der Verkauf des Holzes, denn längst ist in ganz Mitteleuropa der Markt für Fichtenholz zusammengebrochen. In dieser schwierigen Situation übernimmt das Kreisforstamt auf Wunsch die Vermarktung des Holzes für die betroffenen Privatwaldbesitzer.

Der "Baurewald" jedenfalls soll mit Hilfe von Harvestern aufgeräumt werden. Wie man mit dem unfreiwilligen Kahlschlag weiter umgeht, sei eine schwierige Frage. Grundsätzlich setzt der Forstexperte auf Naturverjüngung, also darauf, dass Samen der vorhandenen Bäume sich verbreiten und austreiben. Jede Pflanzung verursache Wurzelkrümmungen, daher sei es besser, wenn sich aus dem Samen die Wurzel ungestört entwickeln könne. Auf einer größeren offenen Fläche aber reiche das nicht, hier setzt er auf ein Mischverfahren: Einzelne Bäume pflanzen und beobachten, was sich tut.

"Wir wissen nicht, wie es mit dem Klima weitergeht, welche Baumarten künftig noch gedeihen", sagt Robens. Fichten kommen mit Trockenheit nicht zurecht und werden so gut wie gar nicht mehr gepflanzt. Vermutlich werde man auf Douglasien, Lärchen und Ahorn ausweichen, eventuell auch mit mediterranen Eichenarten, Zeder und türkischer Hasel experimentieren.

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