Gut 450 Hektar Gewerbefläche gesucht
Industrie- und Handelskammern fordern Konzepte für effiziente Raumnutzung in der Region - Konflikte mit Wohnbebauung vermeiden

Die IHK hofft vor allem auf den vielen Konversionsflächen in der Region Platz für Gewerbeflächen zu finden. Foto: RNZ
Von Harald Berlinghof
Rhein-Neckar. "Flächen sind knapp", betonte Ulrike Knies, Präsidiumsmitglied der Industrie- und Handelskammer (IHK) Rheinhessen. "Flächen sind endlich", beschrieb Matthias Martiné, Präsident der IHK Darmstadt Rhein-Main-Neckar, dasselbe mit anderen Worten. Und mit "Flächen" meinten die beiden in erster Linie Gewerbeflächen für die Wirtschaft. Gleichzeitig betonten sie, dass auch Wohnbauflächen für die Entwicklung der Wachstumsregion Rhein-Neckar von großer Bedeutung seien. Insofern begrüßen es die Kammern auch, dass der Verband Region Rhein-Neckar (VRRN) im einheitlichen Regionalplan eine Fortschreibung und Aktualisierung der potenziellen Gewerbe- und Wohnbauflächen plant.
Dass in der dicht besiedelten Metropolregion Rhein-Neckar Flächen knapp sind, darf aber nach Ansicht der IHK-Vertreter nicht zu verstärkten Konflikten zwischen Wohnen, Gewerbe und Logistik führen. Vielmehr brauche es überzeugende Konzepte, um bestehende Flächen effizient nutzbar zu machen. Die IHK Rhein-Neckar tritt daher dafür ein, die unterschiedlichen Belange ausgewogen zu berücksichtigen und über kommunale Grenzen hinweg Lösungen zu finden. Die Regionalplanung müsse sicherstellen, dass die Bedarfe auch in Zukunft angemessen gedeckt werden können.
Die vier regionalen Kammern Rhein-Neckar, Pfalz, Darmstadt und Rheinhessen firmieren seit etwa einem Jahr bei gemeinsamen Themen unter der Kooperationsmarke IHK Metropolregion Rhein-Neckar und vertreten rund 150.000 Mitgliedsbetriebe.
Die länderübergreifende Metropolregion Rhein-Neckar ist unter den elf deutschen Metropolregionen die kleinste, aber die am dichtesten besiedelte. Dass es angesichts dessen bei der Ausweisung von neuen Gewerbegebieten und Wohnbauflächen zu Nutzungskonflikten kommt, muss daher nicht verwundern. Eine Studie des VRRN kommt zu dem Schluss, dass bis 2035 ein zusätzlicher Bedarf an Gewerbegrundstücken von 1500 Hektar nötig sei. 1010 Hektar habe man als potenzielle Gewerbeflächen bereits identifiziert. "Was auf ein Defizit von gut 450 Hektar hinaus läuft, die noch gesucht werden müssen", sagte Knies in einer digitalen Pressekonferenz der vier Kammern. Manfred Schnabel, Präsident der IHK Rhein-Neckar, wies auf die regionalen Konversionsflächen hin, die beste Chancen für Wohnen und Gewerbe bieten.
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"Gewerbeflächen und Wohnbebauung sind kein Gegensatz", meinte er. "Allerdings will niemand Logistikbetriebe wie Speditionen vor der Haustür haben", so Albrecht Hornbach, Präsident der IHK Pfalz. Es gelte daher intelligent zu steuern, wo solche Betriebe angesiedelt werden können. Und dabei rücken vor allem die Binnenhäfen ins Rampenlicht. Aber auch die Häfen gerieten durch näher rückende Wohnbebauung zunehmend unter Druck, so Hornbach weiter.
Die Ausweisung von attraktiven Wohnbauflächen sei ein wichtiger Faktor bei der Gewinnung von Fach- und Führungskräften. "Wohnpolitik ist auch Standortpolitik", so Schnabel. Denn ob jemand hierher kommt, hier bleibt und hier investiert, hänge auch von der möglichen Wohnsituation ab. In einer Befragung zu den Faktoren, die bei einem jobbedingten Umzug von Bedeutung sind, liegt mit 55 Prozent der Aussagen die Bezahlbarkeit vorn, mit 44 Prozent folgt die Entfernung zum Arbeitsplatz und mit 38 Prozent eine gute Nahverkehrsanbindung. Eine attraktive Kneipenszene spielt nur bei fünf Prozent der Befragten eine Rolle.
Defizite sieht Schnabel in der Metropolregion Rhein-Neckar beim digitalen Breitbandausbau und bei einer Mobilfunkabdeckung bis ins letzte Dorf. Die Verkehrsinfrastruktur sei gerade durch eine Erreichbarkeitsanalyse des Verbandes beleuchtet worden. Auch dort gelte es, Verbesserungen umzusetzen. Eine Machbarkeitsstudie der Technischen Universität Kaiserslautern, die von den Kammern in Auftrag gegeben wurde, nimmt einen Teilbereich der Metropolregion nördlich von Mannheim entlang der Achse A6 und A67 exemplarisch unter die Lupe. Bis in wenigen Monaten sollen Daten vorliegen, die über die Zukunft des Gewerbes in diesem Teilbereich der Metropolregion Auskunft geben.