Wald-Michelbach: Proteste im Odenwald gegen Rodungen

Am Stillfüssel sollen fünf riesige Windräder entstehen - Polizei löste am Montag eine Sitzblockade von Windkraftkritikern auf

14.02.2017 UPDATE: 15.02.2017 06:00 Uhr 1 Minute, 54 Sekunden

Die Polizei löste am Montag eine Sitzblockade von Windkraftkritikern auf. Foto: Privat

Von Willi Berg

Wald-Michelbach. Was sich derzeit im hessischen Teil des Odenwalds abspielt, das treibt vielen Naturfreunden die Tränen in die Augen. "Ich könnte heulen", sagt Vera Krug von der Bürgerinitiative "Gegenwind" in Wald-Michelbach-Siedelsbrunn. Ungeachtet der Proteste haben nun die Rodungsarbeiten am Stillfüssel oberhalb des Eiterbachtals begonnen. Damit soll Platz geschaffen werden für den Bau von fünf riesigen Windrädern. Höhe einschließlich der Flügelspitze: rund 230 Meter.

"Was hier passiert, ist ein Verbrechen", sagt Krug. Von weit her kämen Besucher in den Odenwald, um sich zu erholen. "Ich liebe diese Natur und bin entsetzt über die Verwüstung." Der dichte Wald bietet auch vielen Tieren Schutz, darunter wohl auch dem seltenen Schwarzstorch. "Es gibt insgesamt 60 Kartierungen und Fotos von Schwarzstörchen", weiß Wolfram Schmied von "Gegenwind".

Man habe diese Informationen an das Regierungspräsidium in Darmstadt geschickt. Gebracht hat es offenbar nichts. Inzwischen haben 15.000 Menschen im Internet (www.change.org) eine Petition zum Schutz des Schwarzstorches unterzeichnet. Und es gibt Aktionen vor Ort. Über 400 Menschen haben sich am vorletzten Samstag zu einer Protestwanderung im Bereich der geplanten Windräder getroffen. Mehrere Bürgerinitiativen im Odenwald hatten dazu aufgerufen.

Am vergangenen Montag wurde dennoch mit der Rodung durch einen sogenannten Vollernter begonnen. Rund 30 Demonstranten versuchten, mit einer Sitzblockade die Maschine zu stoppen und sahen sich einem Großaufgebot der Polizei gegenüber. Ohne Widerstand zu leisten, ließen sich die Naturschützer wegtragen. Eine junge Frau sei von zwei Polizistinnen "weggeschleift" worden und habe schmerzhafte Prellungen an der Schulter erlitten, berichtet Schmied. Sie sei mit einem Krankenwagen in eine Klinik gebracht worden.

Gestern versammelten sich im Wald erneut 150 Demonstranten verschiedener Bürgerinitiativen am Ortsrand von Siedelsbrunn. Zusammen liefen sie bis zu einer abgesperrten Lichtung, die bereits abgeholzt worden ist. Dort machten sie sich gegenseitig Mut und diskutierten mit Waldarbeitern: "Ihr könnt nichts dafür", sagte Schmied zu ihnen.

"Wie kämpfen weiter", kündigte Vera Krug an. Nach gut einer Stunde zogen die Demonstranten wieder ab. Dann setzten die Arbeiter die Abholzung fort. Sie müssen sich beeilen. Denn im März beginnt die sogenannte Brut- und Setzzeit. Fällarbeiten sind dann nicht mehr erlaubt. Fragt sich nur, welches Tier am Stillfüssel noch brüten wird. Wie es demnächst dort aussehen wird, das lässt sich schon länger am Greiner Eck besichtigen. Auf dem Bergrücken oberhalb von Neckarsteinach-Grein wachsen derzeit fünf Windräder in die Höhe.

Die Region Bergstraße-Odenwald ist 2015 von der Unesco als "Geo-Naturpark" ausgezeichnet worden. Auf der Internetseite dieses Parks ist zu lesen: "Er vereint eine reizvolle Landschaft, die sich auf einer Fläche von 3500 Quadratkilometern zwischen dem Unesco-Welterbe Grube Messel im Norden, dem Rheintal im Westen über den Odenwald bis hin zum Bauland im Osten und dem Neckartal im Süden erstreckt. Entdecken Sie diese außergewöhnliche Landschaft!"

Der Reiz dürfte für Wanderer und Naturliebhaber bald dahin sein, sind die Kritiker überzeugt. Denn in den nächsten Jahren sollen mehrere Hundert Windräder im Odenwald und an der Bergstraße hochgezogen werden. Viele befürchten, dass damit eine Kultur- in eine Industrielandschaft umgewandelt wird.

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