"Eine unnötige Provokation"
Sinsheim/Weinheim/Mannheim. Muslime in der Region distanzieren sich von der Gewalt, verurteilen aber auch den antiislamischen Film

Sinsheim/Weinheim/Mannheim. Der junge Mann ist hörbar verärgert: "Als Muslim, der in diesem Land aufgewachsen ist, möchte ich in Frieden meinen Glauben leben", erklärt der 26 Jahre alte Gläubige, der sich in der Sinsheimer Fatih-Moschee engagiert. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen; mit seiner Meinung zum Erscheinen eines islamfeindlichen Schmähfilms in der vergangenen Woche und der daraus resultierenden Gewalt hält er jedoch nicht hinterm Berg: "Genau wie Christen und Juden ist es auch gläubigen Muslimen verboten zu töten. Aber der Film ist eine unnötige Provokation, und der Rest ist Politik", findet der junge Moslem.
Auch die Gläubigen der Türkisch-islamischen Gemeinde Weinheim, die ebenso wie die Sinsheimer Moschee der Türkisch-Islamischen Union "Ditib" angehört, haben sich in der Vergangenheit nie tagespolitisch geäußert. Doch die jüngsten Ausschreitungen haben die Gläubigen, die sich seit über zehn Jahren in der Mevlana Moschee im Weinheimer Norden treffen, tief erschüttert.
"Die Gemeinde verurteilt die feigen Mordtaten und die Übergriffe auf amerikanische und deutsche Auslandsvertretungen aufs Schärfste", teilt der Gemeindevorstand um Mehmet Mert mit. "Wir verurteilen allerdings auch die Macher des islamfeindlichen Films", lassen er und weitere Vorstandsmitglieder keine Zweifel an ihrer eigenen Betroffenheit. Die Gemeindemitglieder seien entsetzt über den Flächenbrand, der sich auch gestern weiter ausbreitete. Bereits während des letzten Freitagsgebets waren der Hetzfilm und die daraus resultierende Gewalt in der Mevlana Moschee Gesprächsthema.
Imam Ahmet Karsli griff das Thema in seiner Predigt auf: "Aufruhr, Streitigkeiten, Verleumdungen und Vorurteile sind laut dem Koran noch schlimmer und schädlicher als der Krieg", mahnt der Prediger. Doch selbst wenn unterschiedliche Meinungen und Glaubensinhalte aufeinanderprallten, und andere Menschen "unschönes Verhalten" an den Tag legten, müssten die Gläubigen besonnen handeln. "Der Islam nimmt jeden in die Pflicht, die Rechte anderer zu achten und zu wahren. Allen voran das Recht auf Leben sowie die Meinungs- und Glaubensfreiheit", so der Imam.
Anders als in Weinheim oder Heidelberg sind die islamischen Glaubensgemeinschaften in Mannheim auch in der Innenstadt präsent: Die Quadratestadt ist die Heimat der Bosnisch-Muslimischen Gemeinde sowie der repräsentativen Yavuz-Sultan-Selim-Moschee (ebenfalls im Ditib-Verbund) am Luisenring. Gemeinsam mit Vertretern christlicher Kirchen und der jüdischen Gemeinde verurteilen die muslimischen Organisationen die Gewalttätigkeiten "auf das Entschiedenste", wie das Mannheimer "Forum der Religionen" mitteilt. Es sei allerdings ein "Missbrauch des hohen Guts der Meinungsfreiheit, wenn Inhalte mit der Absicht veröffentlicht werden, andere zu beleidigen." Der junge Gläubige aus Sinsheim sagt es in einfacheren Worten: "Das so ein Film ohne jede Kontrolle veröffentlicht wird, geht gar nicht."