Ehe für alle in der Rhein-Neckar-Region

"Eine Legitimation für etwas Selbstverständliches"

Landrat Dallinger: "Ich hätte auch mit Ja gestimmt"

30.06.2017 UPDATE: 01.07.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 41 Sekunden

Der CSD Rhein-Neckar sieht im Beschluss ein Ende "politischer Spielchen". Foto: dpa

Rhein-Neckar. (RNZ) Die Entscheidung des Bundestages zugunsten der Ehe für Homosexuelle wird in der Region begrüßt. Es gibt aber auch nachdenkliche Stimmen. "Für uns spielt es keine Rolle, was jetzt passiert ist, denn für uns war das schon immer so", erklärt der evangelische Pfarrer Matthias Schipke.

"Uns", das meint die evangelische Gemeinde Edingen, die einen entsprechenden Beschluss der Badischen Landeskirche der letzten Synode eins zu eins umgesetzt habe, wie Schipke erklärt. Im Profil der Gemeinde steht demnach auch: "Die Gemeinde lässt gleichgeschlechtliche Trauungen zu. Diese werden in die Kirchenbücher eingetragen."

Es sei eine seiner ersten Amtshandlungen in Edingen gewesen, ein gleichgeschlechtliches Paar zu trauen, erinnert sich Schipke. Allerdings habe er damals noch eine Ausnahmegenehmigung einholen müssen. "Das war ein großes Tamtam, aber ich wollte es trotzdem machen", sagt er und fügt hinzu: "Es ist doch umso besser, wenn sich die Menschen das Gelübde geben, in Treue und Liebe zueinander zu halten", findet er: "Und auch gleichgeschlechtliche Menschen wollen diese Ehe. Vielleicht ist das ein größeres Bedürfnis geworden, ein Wunsch nach Verlässlichkeit angesichts der äußeren Unsicherheiten in der Welt", so der Pfarrer. Auch der Traugottesdienst werde nicht anders gestaltet.

Diese Gleichbehandlung hält auch der homosexuelle Uli Schulz für wichtig: "Keiner sucht sich seine Sexualität selbst raus", betont der Mann aus Hirschberg-Leutershausen, der als beratendes Mitglied im Bauausschuss der Gemeinde sitzt. "Ich finde die Entscheidung der Bundestages super", freut er sich einerseits. Andererseits sei ihm nicht nach feiern zumute, gibt Schulz offen zu: "Es war eine Wahlkampf-Entscheidung und nichts Inhaltliches". Durch den Wahlkampf seien die Politiker nach vorne geprescht. Es sei nicht mehr um die Sache gegangen, kritisiert das SPD-Mitglied. Unverständnis äußerte Schulz, der auch als evangelischer Kirchengemeinderat aktiv ist, am Nein von Kanzlerin Angela Merkel.

Vollkommen einverstanden mit dem Beschluss ist Stefan Dallinger, der Landrat des Rhein-Neckar-Kreises. "Ich hätte auch mit Ja gestimmt", sagt der Christdemokrat: "Weil die Ehe für alle - neben allen zu klärenden verfassungsrechtlichen Fragen - eine Frage des Respekts und der Anerkennung des gleichgeschlechtlichen Lebens in einer sich verändernden und offenen Gesellschaft ist."

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Seit 2012 ist es in der Hochzeitshochburg Weinheim auch möglich, gleichgeschlechtliche Verpartnerungen einzugehen. Eine Unterscheidung in den Räumlichkeiten oder im Ablauf der Zeremonie gebe es dabei in der Zweiburgenstadt nicht, erläutert Ulrike Palm, Leiterin des Standesamtes: "Trotzdem wird das Angebot erstaunlich selten angenommen". Nur etwa ein Prozent - etwa vier bis fünf Termine im Jahr - seien gleichgeschlechtliche Verpartnerungen: "Und es sieht nicht so aus, dass sich hieran etwas ändert." Vermehrte Anfragen habe es zuletzt nicht gegeben, sagt Palm. Die eingetragene Lebenspartnerschaft in eine Ehe "umzuwandeln" werde wohl nur eine Formsache, die bei einem Besuch auf dem Standesamt beantragt werden könne. Hier gelte es die spätere Gesetzesvorschrift abzuwarten: "Weinheim bleibt allerdings auch in dieser Hinsicht gerne bunt und offen", so Palm.

Thorsten Riehle, Mannheimer SPD-Stadtrat und Geschäftsführer des Capitol, ist seit April mit einem Mann verpartnert. Er sagt: "Was mich fasziniert, ist, dass eine relativ belanglos erscheinende Frage eines jungen Mannes an die Bundeskanzlerin dazu geführt hat, dass wir wenige Tage später eine Entscheidung haben, für die wir Jahrzehnte lang gekämpft haben. Das finde ich einfach großartig. Ich weiß nicht, ob das ein historischer Tag ist. Denn letzten Endes ist es eine Legitimation für etwas Selbstverständliches - und ich persönlich kenne niemanden, der das anders sieht." Auch Harald Blaull, Vorsitzender des CSD Rhein-Neckar in Mannheim, zeigt sich zufrieden mit dem Ausgang der Abstimmung: "Ich finde die Entscheidung gut und überfällig. Endlich hat man es beendet, mit uns politische Spielchen zu treiben."

Nicht zu "einer einseitigen Meinung hinreißen lassen" möchte sich Markus Miles, Pfarrer der katholischen Seelsorgeeinheit Mannheim Sankt Martin. Die Zeiten von Diskriminierung gleichgeschlechtiger Partnerschaften seien zum Glück vorbei. Den Wunsch nach deren rechtlicher Gleichstellung könne er nachvollziehen und unterstützen: "In ihnen werden die Merkmale der Treue, gegenseitigen Liebe, Achtung, Sorge und Hingabe gelebt - allesamt auch elementare Wesensmerkmale der Ehe." Doch gehöre zur Ehe die "potenzielle Hinordnung auf Zeugung von Nachkommenschaft" eben auch mit dazu, so Miles wörtlich: "Daher wird die Frage sein, über die vielleicht zu wenig nachgedacht wurde: Was meinen wir eigentlich mit Ehe? Und kann bei gleichgeschlechtlichen Partnerschaften denn wirklich von Ehe im ursprünglichen Sinn die Rede sein", so der Geistliche.

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