Meinung zum ersten Buga-Auftritt

Warum es dem Awo-Seniorinnen-Ballett an Sensibilität mangelt

Weltreise durch die Stereotypen: Das Awo-Ballett hat am Mittwoch seinen ersten Buga-Auftritt.

24.05.2023 UPDATE: 24.05.2023 06:00 Uhr 5 Minuten, 3 Sekunden
In Rust gefeiert: Das Awo-Seniorinnen-Ballett trat am 1. Mai mit seiner Show „Weltreise mit dem Traumschiff“ im Europa-Park auf und trug dabei seine unveränderten Kostüme – auch die Sombreros. Foto: Murat

Von Olivia Kaiser

Mannheim. Ein Aufschrei ging durch die Republik, als bekannt wurde, dass das Awo-Seniorinnen-Ballett aus dem Mannheimer Stadtteil Rheinau bei der Buga nur auftreten darf, wenn es drei Kostüme abändert. Ihr Tanz könnte in Teilen kulturelle Aneignung sein, sagte die Buga-Gesellschaft. Es ging dabei zwar nicht nur um einen Sombrero, doch er wurde zum Sinnbild für eine hitzig geführte Diskussion.

>>>Die Awo-Seniorinnen haben bei ihrem Auftritt mit verschlanktem Programm viel Applaus erhalten. Alles dazu lesen Sie hier.<<<

An diesem Mittwoch ist es nun so weit: Die Frauen haben ihren ersten Auftritt auf der Hauptbühne des Spinelli-Geländes und zeigen ihre "Weltreise mit dem Traumschiff" in abgewandelter Form. Mit kultureller Aneignung ist das so eine Sache. Viel wird in einen Topf geworfen, es wird generalisiert und Äpfel mit Birnen verglichen. Anlässlich der Spinelli-Premiere wagt die RNZ daher einen subjektiven Blick auf das "Sombrero-Drama" und die Folgen. Also Vorsicht: Meinung.

> Unglückliche Übersetzung: Was ist kulturelle Aneignung, und handelt es sich bei dem Tanz der Awo-Seniorinnen wirklich darum? "Nein", meint Lars Distelhorst (Foto: Die Hoffotografen Berlin), Professor für Sozialwissenschaften an der Fachhochschule des Mittelstands in Berlin. Er hat ein Buch zu dem Thema geschrieben. Schon den Begriff "kulturelle Aneignung" hält er für eine unglückliche Übersetzung von "cultural appropriation". "Das ist dem Phänomen nicht angemessen", sagt der 50-Jährige. Appropriation in diesem Fall mit Aneignung zu übersetzen, greift semantisch zu kurz, denn im Englischen impliziert der Begriff eine Unfreiwilligkeit.

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Eine bessere Übersetzung wäre wohl Besitzergreifen, oder wie Distelhorst sagt: "Diebstahl beziehungsweise Enteignung." Aneignung dagegen hat nicht zwangsläufig mit Diebstahl zu tun. So kann man sich Wissen oder Fähigkeiten aneignen. Die unzulängliche Übersetzung könnte zudem ein Grund sein, warum sich viele Deutsche mit dem Begriff schwertun und das Phänomen oft bagatellisieren. Denn Sprache hat einen Einfluss auf unser Denken und wie wir die Welt sehen.

> Ungleichgewicht der Macht: Distelhorst nennt drei Faktoren für kulturelle Aneignung: Zwischen der ...

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