Haltestelle Hauptbahnhof ist der Schlüssel
Neue Stadtbahnlinie soll die Konversionsflächen und das Glücksteinquartier anbinden

Erstes großes Projekt beim Ausbau des Mannheimer Nahverkehrnetzes soll die Modernisierung der Haltestelle Hauptbahnhof sein. Foto: vaf
Von Olivia Kaiser
Mannheim. Neben den eher kurzfristigen Maßnahmen in Sachen öffentlicher Personennahverkehr im Rahmen des Modellstadt-Projekts haben die Stadt Mannheim und die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) auch langfristige Vorhaben, die im Nahverkehrsplan erläutert werden. Dieser war Thema in den jüngsten Sitzungen von Hauptausschuss und des Gemeinderat. Das Ziel ist laut dem Ersten Bürgermeister und ÖPNV-Dezernent Christian Specht (CDU) ein Mobilitätswende. Der motorisierte Individualverkehr soll dauerhaft reduziert werden, um eine deutliche Verbesserung der Luftqualität zu erreichen. Das ambitionierteste Projekt des Nahverkehrsplans ist der Bau einer weiteren Stadtbahnlinie, die vom neuen Wohngebiet Franklin im Osten bis nach Rheinau im Süden quasi quer durchs Stadtgebiet verlaufen soll.
Hintergrund
SPD hat dazu einige Ideen
Die SPD-Fraktion möchte
SPD hat dazu einige Ideen
Die SPD-Fraktion möchte rücksichtsloses Parken in den Innenstadt-Stadtteilen eindämmen. Vorbild soll die Umgestaltung der Straßenräume zwischen den Quadraten M2 und N2, M5/N5 sowie zwischen den Quadraten G2 und H2 sowie G3 und H3 sein. "Unser Ziel ist, den Straßenraum klarer zu ordnen, ihn übersichtlicher zu machen und insbesondere für Fußgänger attraktiver zu gestalten", erklärt Fraktionssprecher Ralf Eisenhauer. Man schlage vor, die sogenannten "Mannheimer Pfosten", wie sie beispielsweise zwischen den Quadraten G2 und H2 oder G3 und H3 aufgestellt wurden, auf weitere Straßenabschnitten in der Innenstadt, der Neckarstadt-West und Ost sowie der Schwetzingerstadt auszuweiten.
Mehr Platz für Passanten soll auch die Einrichtung von Parklets schaffen. "Wir setzen uns dafür ein, dass Geschäftsinhaber und Lokalbetreiber in der Innenstadt und den besonders dicht bebauten innenstadtnahen Stadtteilen bisherige Parkplatzflächen am Straßenrand neu gestalten können", erläutert Stadträtin Nazan Kapan. Als Beispiel nennt sie Außenbestuhlung oder andere Sitzgelegenheiten, Fahrradabstellplätze oder auch Pflanzen. "Das wäre eine kostengünstige Möglichkeit, den öffentlichen Raum aufzuwerten und die Aufenthaltsqualität zu erhöhen." Beide Maßnahmen ließen sich, ohne viel Geld zu investieren, rasch umsetzen. Eisenhauer: "Und was die Passanten erfreut, gefällt auch vielen Geschäftsleuten. Angesichts der Konkurrenz durch den Online-Handel sollten sie ein gesteigertes Interesse an der Aufenthaltsqualität vor Ort haben."
Auf der Konversionsfläche Franklin, die an den Stadtteil Käfertal angrenzt, entsteht derzeit Mannheims größtes neues Wohngebiet. Die ersten Bürger haben ihre Häuser und Wohnungen dort bereits bezogen, es sollen aber noch viele folgen. Deshalb ist eine Anbindung an das Stadtbahnnetz obligatorisch. Die neue 1,6 Kilometer lange Trasse umfasst drei neue barrierefreie Haltestellen im Quartier. An der Endhaltestelle ist eine "Bike and Ride"-Station geplant. Ein wenig für Unmut sorgte bei Dirk Grunert (Grüne) der Umstand, dass lediglich eine 20-Minuten-Taktung geplant ist: "Wenn die Bürger tatsächlich die Stadtbahn anstatt des Autos nutzen sollen, dann muss die Bahn auch regelmäßig fahren", erklärte er.
Doch bevor der Bau beginnen kann, müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden. Für Christian Specht ist das an erster Stelle der Ausbau der Haltestelle Hauptbahnhof. Das ist "der Schlüssel für Franklin." Denn eine Erweiterung des Stadtbahnnetzes mit dichterer Taktung und mehr Linien sei nur möglich, wenn der zentrale Knotenpunkt Hauptbahnhof modernisiert und erweitert werde. "Hier ist schon jetzt die Kapazitätsgrenze erreicht", konstatierte Specht. Geplant ist ein vierter Bahnsteig am Ende des Kaiserrings.
Dazu muss allerdings der Eingang der Tiefgarage verlegt werden. Alle Bahnsteige werden barrierefrei ausgebaut. Die Arbeiten sollen spätestens im Dezember 2022 beendet sein - bevor die Arbeiten an der Hochstraße Nord beginnen und pünktlich zur Bundesgartenschau 2023. Auch der Bahnhof Käfertal muss modernisiert werden, um die geplante Kapazitätssteigerung zu verkraften.
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Baubeginn für die neue Stadtbahnlinie könnte dann das Jahr 2024 sein. Die Route soll jedoch nicht nur Franklin an die Innenstadt anbinden, sondern auch das Glücksteinquartier, das derzeit auf der anderen Seite des Hauptbahnhofs im Stadtteil Lindenhof entsteht. Der Lindenhofplatz wird zum südlicher Zugang zum Hauptbahnhofs und entsprechend umgestaltet. Durch das Glücksteinquartier sind mehrere neue Haltestellen geplant, darunter eine auf der Höhe von John Deere. Die Haltestelle Hochschule wird ebenfalls ausgebaut. "Das greift alles ineinander", betonte Christian Specht mit Blick auf die Gesamtplanung.
Nebenbei läuft der barrierefreie Ausbau von Haltestellen. Momentan sind 70 Prozent von ihnen barrierefrei, wichtige Stationen wie beispielsweise das Rathaus fehlen. Bis 2023 sollen laut Specht 90 Prozent aller Haltestellen barrierefrei sein. Allerdings sei das nicht bei allen Stationen machbar. Als Beispiel nannte Specht die Haltestellen Boveristraße und Carl-Benz-Station. Bei Letzterer verböten Sicherheitsauflagen der Polizei den behindertengerechten Ausbau.
Die Kosten für alle geplanten Maßnahmen schätzt Christian Specht auf etwa 130 Millionen Euro. Die Stadt rechnet mit einer Fördersumme zwischen 70 und 80 Millionen Euro. Bis die neue Stadtbahn rollt, wird in den neuen Wohnquartieren ein Busverkehr eingerichtet. Im Wohngebiet Franklin ist das bereits der Fall - bald auch schon mit Elektrobussen.



