Mannheim/Heidelberg

Krebs-Organisationen werben für HPV-Impfung im Kindesalter

"Pikst kurz, hält lang". Die Quote ist noch sehr gering.

08.09.2021 UPDATE: 09.09.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 22 Sekunden
Noch bis 3. Oktober steht auf Ebene A des Technoseums eine Familien-Mitmachstation, die interaktiv und spielerisch erfahrbar machen soll, wie die Impfung funktioniert. Foto: vaf

Von Heike Warlich-Zink

Mannheim/Heidelberg. Gebärmutterhalskrebs – die Diagnose war für Felicitas Then ein Schock. "Es wird noch ein langer Weg, aber ich gehe ihn. Ich will aufklären und andere Frauen vor diesem Schicksal bewahren", sagt die 34-Jährige zu ihrer Motivation, sich im Rahmen der Nationalen Krebspräventionswoche zu engagieren.

Auch ihren Blog nutzt die Journalistin und Fernsehköchin, um für Krebsprävention und konkret für die Impfung gegen Humane Papillomviren (HPV) im Kindesalter zu werben. Die Deutsche Krebshilfe, das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg (DKFZ) und die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG) legen bei der mittlerweile dritten Nationalen Krebspräventionswoche vom 13. bis 17. September ebenfalls den Fokus auf die HPV-Impfung und weisen unter dem Motto "Pikst kurz, schützt lang – Mach dich stark gegen Krebs" zugleich auf die niedrigen Impfraten in Deutschland hin.

"Bei den Mädchen liegt sie unter 50 Prozent, bei den Jungs unter zwei Prozent", nennt Ulrike Helbig von der Deutschen Krebshilfe Zahlen. 7700 Krebsfälle pro Jahr werden durch HPV verursacht. Die Viren sind nicht nur für Gebärmutterhalskrebs verantwortlich, sondern auch für Penis- und Analkrebs sowie Krebs im Mund-Rachenraum. Zudem können sie im Intimbereich Feigwarzen auslösen.

Daher sollten sich Mädchen und Jungen durch eine Impfung schützen, appellierten die Vertreter der drei großen deutschen Kreisorganisationen bei der Auftaktpressekonferenz zur bundesweiten Aktionswoche im Mannheimer Technoseum. Dort steht auch bis 3. Oktober auf Ebene A eine Familien-Mitmachstation, die interaktiv und spielerisch erfahrbar machen soll, wie die Impfung funktioniert und wo im Körper HP-Viren Krebs auslösen können.

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Im DKFZ Heidelberg wird ab dem 13. September die Wanderausstellung "HPV hat viele Gesichter" gezeigt. Sechs Betroffene erzählen, wie die Infektion und deren Folgen zum ständigen Begleiter in ihrem Leben wurden. "Dabei wäre es so einfach, sich zu schützen", sagt Sigrun Smola vom Institut für Virologie des Universitätsklinikums Saarland. Von der in Deutschland entwickelten und seit 2006 zugelassenen Impfung seien weltweit mittlerweile drei Millionen Dosen verabreicht worden. "Ein sicherer Impfstoff", so Smola, den die Ständige Impfkommission in Deutschland für Mädchen und Jungen im Alter von neun bis 14 Jahren empfehle. "Es geht darum, die noch nicht sexuell aktiven Kinder und Jugendlichen zu erreichen", ergänzt Thomas Fischbach. Der Präsident des Berufsverbandes Kinder- und Jugendärzte betont zugleich, dass es dafür einer umfassenden Aufklärungsoffensive bedürfe. "Eltern, Kindergärten und Schulen müssen mit ins Boot geholt werden", sagt er.

DKFZ-Vorstandsvorsitzender Michael Baumann, DGK-Präsident Seufferlein und Gerd Nettekoven als Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe sehen zugleich die Politik in der Pflicht. "Wir können forschen und Zahlen erheben, aber die Politik legt ihr Hauptaugenmerk immer noch auf Therapie und Versorgung von Patienten und lässt dabei das Potenzial der Prävention ungenutzt", kritisierte Nettekoven. Dabei gehe es neben der sekundären Prävention im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen vor allem um die Primärprävention durch Impfungen, damit Krebs erst gar nicht entsteht.

In Deutschland fehle es bislang an Strukturen und Strategien, die Kinder und Eltern automatisch an die Impfung erinnern. "HPV wird in der Schule im Rahmen der Sexualkunde oft nicht thematisiert", weiß Heike Kramer, Vorstandsvorsitzende der Ärztlichen Gesellschaft für Gesundheitsförderung. Weil noch Luft nach oben ist, planen DKFZ und Deutsche Krebshilfe ein Nationales Krebspräventionszentrum in Heidelberg, um dort die Akteure aus Forschung und Wissenschaft mit Behandlern und Patienten zu verzahnen.

"Wir wollen von der Grundlagenforschung bis zur Beratung alles unter einem Dach bündeln", sagt Baumann und spricht von einem in Europa bislang einzigartigen Projekt. Von der Zentrale in Heidelberg aus will man mit weiteren Krebszentren bundesweit ebenso kooperieren wie mit Praxen, Schulen und Kindergärten. "Wir befinden uns in der fortgeschrittenen Bauvorbereitung", so Baumann und kündigt die Realisierung für 2024/2025 an.

Die Impfung gegen die Humanen Papillomviren ist übrigens nicht die einzige, die gegen Krebs schützt. Mit der Hepatitis-B-Impfung für Neugeborene kann das Risiko für Leberkrebs deutlich gesenkt werden.

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