Verkehrsminister lobt Mannheimer Straßenbahn-Projekt
Winfried Hermann weihte am Samstag die Stadtbahn Nord offiziell ein - Seit Sonntag fährt die Linie 4 im Linienverkehr

Zusammen mit Spitzenvertretern des Gemeinderats und den Verantwortlichen der RNV durchschnitten am Samstag Verkehrsminister Winfried Hermann (Mitte), Oberbürgermeister Peter Kurz (5.v.r.), ÖPNV-Dezernent Christian Specht (3.v.r.) und Umweltbürgermeisterin Felicitas Kubala (2.v.r.) das Band vor der Jungfernfahrt der Stadtbahn Nord. Fotos: Gerold
Von Gerhard Bühler
Einen Tag vor der Aufnahme des regulären Linienbetriebs am gestrigen Sonntag hatten die Rhein-Neckar-Verkehrsbetriebe (RNV) am Samstag zur großen Eröffnungsfeier der Linie 4 in den Mannheimer Norden eingeladen. Bei kostenlosen Fahrten von der Innenstadt bis zu den beiden Endhaltestellen in der Gartenstadt ergriffen zahlreiche Bürger die Gelegenheit, die neue Strecke einmal selbst auszuprobieren. In der ersten Bahn fuhr auch Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann mit, der Mannheim zu dem gelungenen Projekt beglückwünschte.
Im voll besetzten ersten Zug hatten sich am Samstagmorgen neben dem Minister die Stadtspitze mit den RNV-Verantwortlichen, Gemeinderäten und Bezirksbeiräten auch viele Bürger eingefunden. Von der Abzweigung Bonifatiuskirche fährt die Bahn auf eigenem Gleiskörper in die Hochuferstraße entlang der Herzogenried-Bebauung. Der Weg nach Norden führt durch den Ulmenweg. Hier hat sich in den vergangenen Jahren einiges verändert. In den Wohnblocks der ehemaligen "Ludwig Frank" - Kaserne entstanden Wohnungen für 800 Studierende. Dahinter wächst das Neubaugebiet "Centro Verde". Die Bahngleise tauchen nun ab und unterqueren die "Riedbahn"-Strecke.
"Das komplette, 4300 Tonnen schwere Trogbauwerk für den Tunnel wurde in nur 56 Stunden unter die Bahnlinie geschoben", erinnerte ÖPNV-Dezernent Christian Specht die Mitfahrenden an die meisterliche Ingenieurleistung. Als einer der "Väter" des Projekts machte Specht immer wieder auf Besonderheiten entlang der Strecke aufmerksam. Jenseits der Riedbahn gleitet der Blick über ein Werksgelände mit Karosserien von Mercedes-Benz Bussen, dann über Kleingärten. "Das im Grünstreifen sind Eidechsenhotels", deutet Specht auf künstlich angelegte Steinhaufen. Vorbei geht es an der Jugendverkehrsschule mit ihrer Miniatur-Verkehrswelt. Zur Eröffnungsfeier durften die Kinder mit der Mini-Straßenbahn fahren.
Entlang der Hessischen Straße geht es vom Waldhof in die Gartenstadt. Hier teilt sich die Strecke. Die Linie 4A versorgt das Carl-Benz-Bad nun mit einem ÖPNV-Anschluss und endet dahinter am Käfertaler Wald. Die 4A biegt in die Waldstraße ein. Ihr Mittelstreifen war lange für eine Bahnlinie reserviert. "Die Lärmschutzwand hier gibt es nur einmal", sagt Specht stolz. Im Kompromiss mit den Anliegen der Anwohner wurden an vielen Stellen Fenster in die Wand eingebaut, die Durchblicke erlauben. Mit dem Einbiegen in die Straße "Waldpforte" wird es eng und eingleisig.
"Hier war das gallische Dorf", erinnerte Specht scherzhaft an das damalige Zentrum der Anwohnerproteste. Heute schauen nur einige Bewohner neugierig aus den Fenstern. Die Protestplakate sind alle verschwunden. Im gemeinsamen Stadtbahnforum mit Bürgern und RNV sei in vielen Stunden um Lösungen für die Detailprobleme gerungen worden, sagte Specht. Dies habe sich gelohnt. Erwartet würden zusätzliche 3700 Fahrgäste pro Tag. 500 000 Pkw-Fahrten jährlich könnten so im Mannheimer Norden gespart werden.
"Es ist eine schöne Bahn und viele wissen es nicht: Mannheim ist eine schöne Stadt", zeigte sich anschließend der Verkehrsminister bei der großen Eröffnungsfeier im Herzogenriedpark begeistert. Das Projekt sei vorbildlich. "Die Bürger haben mitgeredet, das hat den Plänen gut getan", lobte Hermann auch, dass Zeit- und Kostenrahmen eingehalten wurden. Bund und Land haben den Großteil der Kosten von 87 Millionen Euro mitbezahlt.
"Wir fahren gern nach Bad Dürkheim, dazu sind wir jetzt nicht mehr auf den Bus angewiesen", freuten sich auch Monika und Kurt Rückert aus dem Waldhof über die neue Bahnlinie. "Wir probieren die Bahn heute aus", kündigte Andreas Große an der Haltestelle Hessische Straße an, der normalerweise mit dem Auto fährt. "Mittlerweile freuen wir uns schon", gestand Silke Braunschweig aus der Gartenstadt anfängliche Zweifel. ein. Zuerst sei sie dagegen gewesen, weil sie befürchtet habe, dass das ruhige Wohnen gestört werde. Doch nun gefalle ihr, dass sie schneller in die Stadt komme. Auch bei Andrea Voigt, die an der Waldstraße wohnt, ist ein Sinneswandel eingetreten. Die Bauphase sei hart gewesen, machte sie deutlich. "Aber jetzt kann mein Sohn Marcel mit der Bahn in die Schule fahren".



