Jungfernfahrt mit Mannheimer Stadtbahn Nord hält einige Überraschungen bereit
Hier ist eine Straßenbahn noch ein seltener Anblick – am 11. Juni ist Einweihungsfeier

Von Gerhard Bühler
Dass Passanten einer Straßenbahn winken, erlebt man auch nicht alle Tage. Doch diese Straßenbahnfahrt ist ohnehin keine gewöhnliche. Einige Wochen vor der offiziellen Inbetriebnahme der Stadtbahn Nord am 12. Juni finden derzeit Schulungen für die Fahrer der RNV statt. Ein ungewohntes Bild also, als die Straßenbahn durch die Hessische Straße oder durch die Waldpforte in der Gartenstadt gleitet.
Für manche so ungewöhnlich, dass die Fahrt plötzlich unterbrochen werden muss: An der Waldpforte parkt ein Auto mitten auf den Gleisen und blockiert die Weiterfahrt der neuen, über 86 Millionen Euro teuren Stadtbahn Nord. Es dauert etwas, bis ein älterer Herr kommt und das Auto wegfährt. "Dem schicken wir ein Angebot für die RNV-Karte ab 60", scherzt Erster Bürgermeister Christian Specht (CDU). Bei einer so genannten "Jungfernfahrt" verschafften sich die Projektverantwortlichen von RNV und Stadt Mannheim nun einen ersten eigenen Eindruck von der neuen Strecke. Auch die RNZ war dabei.
Als Linie 4 soll die neue Stadtbahnlinie künftig von den nördlichen Mannheimer Stadtteilen bis nach Bad Dürkheim verkehren. Die neu gebaute Strecke beginnt in Höhe der Bonifatiuskirche in der Neckarstadt. Von hier geht es durch die Hochuferstraße und den Ulmenweg. Ins Auge fällt das leuchtende, frische Grün im Rasengleis.
An den Haltestellen sind offensichtlich noch Restarbeiten zu erledigen. An einigen Wartehäuschen fehlen noch die Scheiben, Fahrausweisautomaten müssen noch installiert werden, auch an Fahrrad- oder Gehwegen entlang der Strecke wird noch gearbeitet. Fahrer Alexander Koch, der die Vario-Tram mit Fingerspitzengefühl steuert, ist mit 21 Jahren schon Ausbilder. Er freut sich sichtlich, auf der neuen Strecke zu fahren. Dies tut er seit Anfang der Woche jeden Tag.
Kochs Aufgabe besteht darin, mit Übungsfahrten zunächst rund 30 Fahrer in die Gegebenheiten der neuen Strecke einzuweisen. "Ich mache zum Beispiel darauf aufmerksam, wo Kindergärten sind", sagt er. "Nach und nach werden nun 350 Fahrer geschult, damit sie ein Gefühl für die Strecke bekommen", sagt Franz-Wilhelm Coppius, der für den Fahrbetrieb auf dem 6,4-Kilometer-Schienenstrang verantwortlich ist.
"Ich bin die Strecke jetzt fünfmal gefahren und habe nur positive Reaktionen erlebt", hat Koch sichtlich Spaß an seiner Arbeit. "Die Strecke fährt sich wunderbar und ist sehr kurzweilig", sagt er und strahlt über das ganze Gesicht. Vom Ulmenweg kommend taucht die Bahn in die neue Unterführung ein und fährt unter der östlichen Riedbahn hindurch. Allein dieses Trogbauwerk hat knapp elf Millionen Euro gekostet. Schon sind die Wände mit bunten Graffitis verziert.
Vorbei geht es an der Jugendverkehrsschule in die Hessische Straße. Dann teilt sich die Strecke in zwei Äste und die zwei Endhaltestellen Carl-Benz-Bad und Waldfriedhof. Im eigenen Gleiskörper in der Waldstraße gewinnt die Bahn ordentlich an Tempo. An der Waldpforte dann der unfreiwillige Stopp.
Auch die Abnahme der Strecke durch die Bahnaufsichtsbehörde letzte Woche sei nicht ganz reibungslos verlaufen, erzählen die Ingenieure. Auf halbem Weg hatte der Triebwagen eine Panne, die Prüfer mussten zu Fuß gehen. Die Betriebsgenehmigung wurde trotzdem erteilt.
Info: Am 11. Juni um 11 Uhr gibt es zur Einweihungsfeier der Stadtbahn Nord eine Eröffnungsfahrt. Neugierige können dann kostenlos mitfahren.



