Mannheim

Uniklinik rutscht noch tiefer in die roten Zahlen

Stadt muss mehr als 46 Millionen Euro zuschießen, um Betrieb am Laufen zu halten - Riesiges Minus in nächsten zwei Jahren erwartet

16.12.2019 UPDATE: 17.12.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 42 Sekunden

Das Uniklinikum Mannheim. Foto: Gerold

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Oberbürgermeister Peter Kurz hatte es bereits vor einigen Monaten im RNZ-Sommerinterview kommen sehen. Positive Effekte ließen sich "in den Zahlen nicht so abbilden, wie wir uns das wünschen", sagte er über die wirtschaftliche Entwicklung des Universitätsklinikums, dessen Aufsichtsratschef das Stadtoberhaupt ist.

Doch es ist alles noch viel schlimmer: Wie aus einer Informationsvorlage zu den am Montag begonnen Haushaltsberatungen hervorgeht, rechnet die Krankenhausspitze für die beiden kommenden Jahre mit Defiziten in Höhe von jeweils 35 bis 41 Millionen Euro. Das wäre ein Minus von zusammen mehr als 75 Millionen Euro.

Entsprechend braucht die Universitätsmedizin (UMM) erneut eine dicke Finanzspritze von der Stadt, um liquide zu bleiben und über die Runden zu kommen. Dass die Klinik Hilfe braucht, war schon zuvor bekannt – die Größenordnung ist allerdings überraschend.

So sind im Doppelhaushalt für 2020 und 2021 insgesamt 26 Millionen Euro zur Kapitalstärkung vorgesehen. Das reicht aber nicht. Die Stadt soll weitere 21,5 Millionen Euro zur Verfügung stellen und das Krankenhaus zusätzlich 25 Millionen Euro aus dem sogenannten Cash Pool für städtische Tochtergesellschaften entnehmen dürfen. Diese Summe müsste allerdings innerhalb eines Jahres zurückgezahlt werden.

Auch interessant
Neckar-Odenwald-Kliniken: Tiefe Einschnitte - Weniger Abteilungen in Mosbach und Buchen
Baden-Württemberg: Kliniken mussten Betten schließen
Rhein-Neckar: GRN-Kliniken fahren Rekordverlust ein
Uniklinikum Mannheim: Stadt muss Krankenhaus finanziell verarzten

Erst vor zwei Jahren hatte der Gemeinderat ein "Rettungspaket" für das Klinikum, wie es Kämmerer Christian Specht nannte, mit einem Volumen von 58 Millionen Euro geschnürt. Vom Ziel der "schwarzen Null" schon für 2019, das Kurz Anfang 2017 ausgegeben hatte, ist die UMM meilenweit entfernt. Der kaufmännische Geschäftsführer Freddy Bergmann nannte die Vorgabe in einem Zeitungsinterview kürzlich "illusorisch".

Hinsichtlich der aktuellen Probleme spielen nach Angaben der Klinik-Doppelspitze um Bergmann und den Medizinischen Geschäftsführer Hans-Jürgen Hennes die Folgen der Hygieneaffäre 2014/2015 und das finanzielle Desaster bei der Übernahme hochdefizitärer Krankenhäuser in Südhessen weniger eine Rolle. Laut Informationsvorlage hat das Krankenhaus ein Personal- und Einnahmeproblem.

So haben sich in der UMM allein im dritten Quartal dieses Jahres rund 2000 Patienten weniger stationär behandeln lassen, als im Wirtschaftsplan kalkuliert. Dies wiederum hat auch Auswirkungen auf die Wahlleistungen. Das sind medizinische Extras wie die Wunschunterbringung oder die Wahl des Arztes, die von den Patienten bezahlt werden. Wie in anderen Krankenhäusern, ist auch in der UMM der Mangel an Pflegern spürbar. Im Vergleich zum Wirtschaftsplan hat die Klinik 60 Vollzeitkräfte weniger, betroffen sind vor allem der OP-Bereich und die Intensivmedizin.

Weil der Gesetzgeber inzwischen Personaluntergrenzen in der Pflege für bestimmte Stationen vorschreibt, muss die UMM sehr viel mehr Geld für Leasingfirmen ausgegeben als geplant und Pflegekosten vorfinanzieren, die von den Krankenkassen mit Verspätung erstattet werden – womöglich nicht in voller Höhe, wie Bergmann und Hennes befürchten. Um die Grundversorgung in OP-Sälen und der Intensivpflege zu gewährleisten, müsse das Krankenhaus die Leiharbeit mit weniger qualifizierten Kräften auf diesen Stationen sogar noch ausweiten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.