Starthilfe für palästinensische Existenzgründer
Nach drei Jahren wurde die Kooperation zwischen Mannheim und Hebron erfolgreich beendet - Technologiezentrum und Ausbildungsplätze entstanden

Von Gaby Booth
Mannheim. Tausende Kilometer liegen zwischen der palästinensischen Stadt Hebron und Mannheim. Und doch ist in den vergangenen sieben Jahren zwischen den beiden sehr unterschiedlichen Kommunen etwas entstanden, was sie verbindet und Zukunftspotenzial hat. HEMA heißt das Projekt, das jungen Menschen in der Nahostregion eine bessere Zukunft verspricht und mit Mannheimer Hilfe aufgebaut wurde. Palästinensische Existenzgründer profitieren davon, dass in Mannheim seit vielen Jahren eine fördernde Startup-Kultur entstanden ist. Unter dem Dach von "NextMannheim", einer Tochtergesellschaft der Stadt.
Die partnerschaftlichen Beziehungen mit Hebron bestehen schon seit 2013. Erste Erfahrungen haben die beiden Städte damals mit einem Abwasserprojekt gemacht. Die Kooperation hatte das Ziel, die Abwasserinfrastruktur in Hebron zu sanieren. Dadurch bekamen die Menschen in Hebron Zugang zu sauberem Trinkwasser. Im Jahr 2017 startete dann die Zusammenarbeit im Bereich Existenzgründungen. Sogar ein Technologiezentrum ist inzwischen in Hebron im Aufbau. Im September treffen sich Vertreter der beiden Städte im Rahmen der internationalen Städteplattform für nachhaltige Entwicklung, "Connective Cities", wieder. "Die Kooperation geht weiter", so David Linse, im Mannheimer Rathaus zuständig für internationale Zusammenarbeit.
Um Bilanz zu ziehen, kamen die die Partner aus Hebron und Mannheim noch einmal zusammen, wegen Corona allerdings nur virtuell. Dabei zeigte sich, dass hier in den letzten Jahren etwas zusammengewachsen ist. Mit der Starthilfe aus der Quadratestadt sind palästinensische Unternehmen und damit auch Arbeitsplätze entstanden. Was in der größten palästinensischen Stadt im Westjordanland in den letzten sieben Jahren gewachsen ist, kann sich sehen lassen.
Hintergrund
Das Projekt: 2017 startete das Entwicklungshilfeprojekt "Hebron-Mannheim Co-Working Lab", kurz HEMA.
Der Ort: Hebron ist mit 200.000 Einwohnern die größte palästinensische Stadt im Westjordanland und ist geprägt durch eine sehr junge Bevölkerung. Trotz einer sehr gut
Das Projekt: 2017 startete das Entwicklungshilfeprojekt "Hebron-Mannheim Co-Working Lab", kurz HEMA.
Der Ort: Hebron ist mit 200.000 Einwohnern die größte palästinensische Stadt im Westjordanland und ist geprägt durch eine sehr junge Bevölkerung. Trotz einer sehr gut ausgebauten Hochschullandschaft und einer überdurchschnittlich gut ausgebildeten Bevölkerung ist die Arbeitslosenquote sehr hoch.
Die Zusammenarbeit: Die Kooperation zwischen Mannheim und Hebron bietet jungen Hochschulabsolventen durch den Austausch von Know how und Praktika Hilfe bei der Existenzgründung.
Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat das Projekt HEMA gefördert.
Im "Hebron-Mannheim-Co-Working-Lab" entstanden beispielsweise ökologische Projekte wie die Entwicklung robuster Pflanzen für medizinische Anwendungen. Ideen zur umweltfreundlichen Wasserverwendung wurden umgesetzt. Aber auch die Event- und Touristikbranche profitiert von dem "Brainstorming". Hunderte Arbeitsplätze wurden durch die Kooperation im HEMA-Projekt geschaffen, 200 Auszubildende bekamen Startchancen in verschiedenen Startups. Und vor allem startete der Technologiepark.
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Außerdem entstanden viele Freundschaften, die eine weitere Zusammenarbeit versprechen, auch wenn das Projekt nun offiziell beendet ist. "Hebron ist eine sehr lebendige Stadt mit mehreren Universitäten und vielen jungen Leuten", ist David Linse, Leiter des Fachbereichs Internationales, beeindruckt.
Eine absolute Ausnahme ist Abeer Abu Ghaith. Die 36-Jährige Computer-Expertin, die zwölf Jahre lang mit ihrer Familie in einem Flüchtlingscamp in Jordanien lebte, kam nach Hebron, als das im Rahmen des Osloer Friedensabkommens zwischen Israel und Palästina möglich wurde. Sie studierte Informatik, hatte als Frau in der IT-Männerdomäne allerdings keine Chance. So beschloss sie, selbst ein Unternehmen zu gründen.
Im Co-Working-Lab arbeitete sie zunächst für ein Technologieunternehmen aus dem Silicon-Valley, entwickelte im Team ein Spracherkennungssystem, das die verschiedenen arabischen Dialekte identifizieren kann. Abeer Abu Ghaith ist Gründerin und Geschäftsführerin von MENA Alliances. Ihr Unternehmen vermittelt Fachkräfte aus Ländern des Nahen Osten und Nordafrika und kooperiert mit Firmen in Mannheim und Essen. "In Palästina gibt es so viele gut ausgebildete Frauen, aber nur 17 Prozent nehmen am Arbeitsmarkt teil", berichtete sie in der Videokonferenz.
Die Zusammenarbeit zwischen Mannheim und Hebron ist keine Einbahnstraße. Durch den Austausch von Knowhow und die Vernetzung bekommen die palästinensischen Existenzgründer die Chance, ihre Dienstleistungen und Waren in den Wirtschaftskreislauf zu bringen. Gleichzeitig werden arabische Märkte für deutsche Unternehmen erschlossen.
In Palästina gibt es etwa vierzig Prozent Arbeitslosigkeit, sechzig Prozent der Bevölkerung sind unter 18 Jahre alt. Letztendlich wird durch die deutsch-palästinensische Kooperation auch ein Beitrag zur Sicherheit in der dortigen Region geleistet, ist Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz überzeugt. Christian Sommer, Direktor von "NextMannheim", ist beeindruckt von der Dynamik und der Motivation der palästinensischen Teilnehmer. "Hebron kann zu einem Hotspot im Bereich Digitalisierung in der arabischen Welt werden", ist er überzeugt.
Vor allem gut ausgebildete und motivierte Ingenieure und Informatiker beteiligen sich schon jetzt an HEMA. Das Projekt ist das finanziell größte, das durch das Bundesministerium für Zusammenarbeit und Entwicklung mit 175.000 Euro gefördert wird. Und es ist das einzige deutsche kommunale Projekt in Palästina, bei dem die Förderung innovativer Unternehmensgründungen explizit im Fokus steht.
Der offizielle Name der Kooperation: "Hebron-Mannheim Co-Working Lab (HEMA)" . Ziel: Aufbau einer lokalen Startup Szene, um jungen Menschen neue berufliche Perspektiven zu eröffnen. Mit den Geldern des Bundesministeriums BMZ wurde in Hebron ein modernes "Co-Working Lab" eingerichtet. Die Räume werden von jungen Palästinenserinnen und Palästinensern genutzt, um Unternehmen zu gründen und sich zu vernetzen. Die Partner von Next Mannheim helfen als Mentoren.



