Mannheim

Stadion-Neubau für SV Waldhof ist jetzt im Spiel

Die Stadt müsste eine hohe zweistellige Millionenbeträge investieren, damit der SV Waldhof die Lizenzauflagen im Carl-Benz-Stadion erfüllen kann.

02.06.2022 UPDATE: 03.06.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 32 Sekunden
Das Carl-Benz-Stadion ist zwar erst knapp 30 Jahre alt, ist aber längst nicht auf dem Stand der Technik, den es für die 1. oder 2. Fußball-Liga braucht. Eine Sanierung ist teuer, weshalb die Stadt nun auch einen Neubau prüfen will. Foto: Alfred Gerold

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Die Macht des Faktischen lässt die Stadtverwaltung erstmals laut über den Bau eines neuen Fußballstadions nachdenken. "Wir werden sehr umfangreich Standorte screenen", kündigt Uwe Kaliske, der Leiter des Fachbereichs Sport- und Freizeit, am Donnerstag im Fachausschuss des Gemeinderats an. Zuvor hat er berichtet, was die Stadt in das 30 Jahre alte Carl-Benz-Stadion investieren müsste, damit der SV Waldhof die Lizenzauflagen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) erfüllt. Allein für die Saison 2023/24 fallen dafür rund acht Millionen Euro – sofern der Traditionsclub in der 3. Liga bleibt und nicht aufsteigt. Um den Spielbetrieb in dieser Klasse dauerhaft zu sichern, steigt der Betrag fast um das Dreifache, auf 22 Millionen Euro.

Für die 2. Liga müsste die Stadt 49 Millionen Euro in die Hand nehmen und für das Oberhaus zwölf Millionen Euro mehr. Das geht aus verschiedenen Gutachten hervor. Die erwarteten Preissteigerungen im Baugewerbe von zehn Prozent pro Jahr sind da noch gar nicht eingerechnet. Sportbürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) spricht von "beeindruckenden Zahlen", Befürworter eines Neubaus wie die CDU und die Mannheimer Liste (ML). Lediglich die Grünen votieren für den Erhalt des Carl-Benz-Stadions. Ihre Sprecherin Nina Wellenreuther erinnert daran, dass Bauen viel CO2 freisetze und es Jahre dauern werde, bis der Fußball-Tempel an anderer Stelle errichtet worden sei.

Als Sofortmaßnahme für die übernächste Saison sind im Carl-Benz-Stadion eine neue LED-Flutlichtanlage und eine Erweiterung der Fläche neben dem Spielfeld – damit Spieler und Kamerateams genügend Abstand zueinander haben – zwingend von der DFL vorgeschrieben. Außerdem müssen das Stromnetz ersetzt und Rollstuhlfahrern geeignetere Plätze zur Verfügung gestellt werden. Mittelfristig kämen für die 3. Liga noch Betonsanierungen an den Zugängen eine Erneuerung des Wasserversorgungs- und Lüftungssystems hinzu.

Die größten Kostenbatzen im Aufstiegsfall wären Presse- und Lagerräume, die Übertragungstechnik und alles, was dazu gehört, sowie die Torlinientechnik. Bekannt ist auch, dass die Polizei den Standort des Benz-Stadions im Stadtteil Neuostheim für problematisch hält. Fans können nicht leicht voneinander getrennt werden, Besucher des Luisenparks oder des Technoseums queren die Wege der Anhänger, der Verkehr auf den vollgestopften Zufahrtsstraßen ist nur schwer zu regeln. Um die Lage zu verbessern, müssten noch einmal vier Millionen investiert werden.

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Ja, und dann ist da noch der Lärm. Laut Gutachten müssen reguläre Ligaspiele spätestens ab 20.15 Uhr angepfiffen werden. Das ist in der 3. Liga unproblematisch, wird aber in den beiden höheren Klassen zum Thema. Dort erfolgt der Anstoß bei manchen Begegnungen erst um 20.30 Uhr. Helfen könnte nur der Bundestag, in dem er die Sportanlagenlärmschutzverordnung verlängert oder die DFL, die dem SV Waldhof eine frühere Anfangszeit ermöglich. Es erscheint aber nicht nur Kaliske und den Stadträten beinahe illusorisch, dass das Parlament oder die Fußball-Liga wegen lokaler Schwierigkeiten in Mannheim tätig wird.

Alles Argument für einen Neubau, zumal SVW-Präsident und Mäzen Bernd Beetz dafür 60 Millionen Euro investieren will. Holger Schmid (ML) verweist auf Dietmar Hopp, der die erfolgreiche SAP-Arena einst zinslos vorfinanzierte. In der Nachbarschaft könnte das Waldhof-Stadion gebaut werden – ja, wenn nicht die Stadt den Plänen für das Bösfeld wegen naturschutzrechtlicher Richtlinien der EU bereits eine Absage erteilt hätte. Vor diesem Hintergrund bringen Schmid und CDU-Fraktionssprecher Claudius Kranz Ausgleichsflächen ins Gespräch. Laut Kaliske dauert es sechs bis sieben Jahre, bis ein Stadion steht. Eisenhauer beziffert die Kosten für die neuen Heimspielstätten in Freiburg auf 130 und in Karlsruhe auf 155 Millionen Euro. Allerdings sind hier auch Ausgaben für die Umgebung enthalten. Die eigentlichen Stadien kosten deutlich weniger, irgendwo im höheren zweistelligen Millionenbereich.

Falls die Stadt bei ihrem Nein zum Bösfeld bleibt, müsste eine andere Fläche her – auf jeden Fall aber mit mindestens 800 Meter Abstand zur Wohnbebauung, wie der Gesetzgeber verlangt. "Bisher haben wir in Mannheim noch kein geeignetes Grundstück ausfindig gemacht", sagt Kaliske. Wobei er auf einen zweiten diskutierten Standort auf dem Gelände der ehemaligen Spiegelfabrik nicht näher eingehen. Nach der Sommerpause wolle man mögliche Areale zur Diskussionen stellen, verspricht Kaliske – wenn es denn welche gibt.

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