Mannheim

Polizei hält Standort des Carl-Benz-Stadions für "denkbar schlecht"

Polizei-Einsatzleiter Dirk Herzbach bewertet die Verkehrs- und Sicherheitssituation am Carl-Benz-Stadion.

09.03.2022 UPDATE: 10.03.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 43 Sekunden
Fast idyllisch wirken das Stadion und das Umfeld auf dieser Aufnahme. Der Eindruck täuscht: Bei Waldhof-Heimspielen werden Parkplätze knapp, stoßen Besucher mit unterschiedlichen Interessen aufeinander, muss die Polizei Fangruppen trennen. Luftbild: Kay Sommer

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Viele Geländenutzer, Besucher mit unterschiedlichen Interessen, enger Raum – und eine klare Einschätzung: "Das Carl-Benz-Stadion befindet sich an einem denkbar schlechten Standort", sagt Dirk Herzbach. Der Mann weiß, wovon er spricht. Seit drei Jahren führt der "Ur-Mannemer" das zuständige Polizeirevier Mannheim-Oststadt und ist regelmäßig Einsatzleiter bei Heimspielen des Fußball-Drittligisten SV Waldhof. Herzbach bringt für seine Einschätzung viele verkehrs- und sicherheitsrelevante Argumente ins Spiel. Und bestärkt damit indirekt Befürworter eines Neubaus.

> Die Lage: Das Carl-Benz-Stadion steht entlang der Theodor-Heuss-Anlage zwischen dem Luisenpark und dem Wohngebiet im Stadtteil Neuostheim. "Flankiert" wird es vom Stadion des Waldhöfer Lokalrivalen VfR und einem Fußball-Center auf der einen, von einem Thai-Restaurant auf der anderen Seite. Im weiteren Umfeld Richtung Neckar haben der Reiter-Verein, die Kicker des FC Türkspor sowie die Baseballer und Softballerinnen der "Tornados" ihre Gelände. Gegenüber des Stadions sind Parkplätze und das Technoseum. "Wir behandeln alle Vereine und Besucher gleich", betont Herzbach.

> Die Begegnungen: Gerade an Wochenenden zieht es viele Familien und "erholungsorientiertes Publikum" in den Luisenpark oder ins Technoseum. Dabei kreuzen sich alle 14 Tage ihre Wege mit grölenden, mitunter alkoholisierten und gewaltbereiten Waldhof-Anhängern am Fußball-Center. Wenige Meter weiter, am Gartenschauweg, trennen Polizisten mit teils schwerer Schutzausrüstung Heim- und Gästefans voneinander. "Da kann es Passanten ganz schön mulmig werden", sagt Herzbach.

Besonders bei Hochrisiko-Spielen wie gegen den 1. FC Kaiserslautern kommt es immer wieder zu brenzligen Situationen. Als problematisch wertet der Polizeidirektor auch die Situation auf kleineren Parkplätzen am Stadion, die von Spielern, Funktionären oder VIP-Gästen genutzt werden. "Wenn wir Maßnahmen ergreifen, schränken wir Besucher an anderen Stellen ein", erklärt der Einsatzchef das Dilemma.

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> Der Verkehr: Spieltage im Carl-Benz-Stadion sind für die Polizei immer mit erheblichem Aufwand verbunden. Das geht schon am Hauptbahnhof los. Beispiel Kaiserslautern: 80 Prozent der knapp 2000 Fans der "Roten Teufel" kamen laut Herzbach mit der Bahn an. Die Polizei begleitete sie zu Shuttle-Bussen der RNV und passte auf, dass Waldhof-Anhänger nicht dazu stießen. Die Fahrzeuge rollten ebenso wie private Kleinbusse über den engen Gartenschauweg an den Gästebereich des Stadions. An Spieltagen steht für die auswärtigen Fußballfreunde zusätzlich der Parkplatz "Friedensplatz 2" zur Verfügung, der von den Beamten ebenfalls geschützt werden muss.

Gleichzeitig sperrt die Polizei die Zufahrt zum Wohngebiet, weshalb viele Fans ins Gewerbegebiet "Eastsite" ausweichen und "wild" ihre Autos abstellen. "Doch darum können wir uns nicht kümmern", so Herzbach. Die Parkplätze auf dem Friedensplatz hinter dem Technoseum sind gerade im Frühjahr und Sommer durch Besucher des Museums oder Luisenparks schnell belegt.

Und es werden demnächst noch weniger, da auf dem sogenannten Oktoberfestplatz die Ersatzspielstätte der Oper des Nationaltheaters entsteht. Rund 90 Parkplätze werden dafür beansprucht. Reisen die Fans zu gut besuchten Partien mit dem Auto an oder wieder zurück, staut sich der Verkehr vom Stadion bis an die Wilhelm-Varnholt-Allee, die weiter auf die A 656 führt, und belastet die beiden wichtigen Zufahrtsstrecken in die Stadt: die Reichskanzler-Müller-Straße und die Augustaanlage.

> Die Stadt und der Verein: Ausdrücklich lobt Herzbach die Genehmigungsbehörde im Rathaus und den SV Waldhof, dessen Verantwortliche sehr professionell agierten. "Es gibt nichts, worüber wir nicht mit denen reden könnten", sagt er. Viel passiert sei insbesondere nach dem "Skandal"-Relegationsspiel der "Buwe" gegen Uerdingen 2018, das wegen Krawallen und Böllern im Stadion sogar abgebrochen werden musste. Damals wurde unter anderem die Videoüberwachung erweitert und vom Verein die Selbstverwaltung der Ost-Tribüne durch die Fans untersagt.

> Die Standort-Diskussion: Zwar will sich Dirk Herzbach nicht in die Debatte um einen Stadion-Neubau einmischen. Er bestätigt aber, dass zum Beispiel der diskutierte Standort Bösfeld neben der SAP-Arena – den die Stadt allerdings aus naturschutzrechtlichen Gründen ablehnt – zwei große Vorteile hätte. "Er ist weit weg von der Innenstadt und gut an den öffentlichen Nahverkehr angebunden."

Ort des Geschehens

> Die Fans: Leider seien nicht alle SVW-Anhänger und "Ultras" friedlich, so Herzbach. Er schätzt den gewaltbereiten Teil "deutlich im dreistelligen Bereich". Zu Straßenkampfszenen rund um das Carl-Benz-Stadion komme es aber nicht. "Wir können die Sicherheit gewährleisten und haben die Lage jederzeit im Griff", sagt der Revierchef, außerdem verabredeten sich die Hooligans untereinander an anderen Orten zu Schlägereien. Die Szene habe beim Waldhof eine lange Tradition und rekrutiere sich vor allem aus Kampfsportclubs in Mannheim und der Region.

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