Mannheim

Neckarufer werden für Buga renaturiert

Der Fluss wird zwischen Fernmeldeturm und Feudenheimer Au tiefer gelegt und rückt näher an die Stadt. Der erste Abschnitt ist bis zur Buga fertig.

31.08.2022 UPDATE: 31.08.2022 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden
Auf dem Neckarvorland haben jetzt die Erdarbeiten begonnen. Die Bagger heben gewaltige Massen aus. Foto: Gerold

Von Alexander Albrecht

Mannheim. Es ist schon paradox: Da rühmt sich Mannheim, an Rhein und Neckar zu liegen – doch kann von einer echten "Stadt an den Flüssen" bislang kaum die Rede sein. Beispiel: das Hans-Reschke-Ufer. Vom Fernmeldeturm aus läuft man über eine Straße und quert die Straßenbahngleise zu einem Rad- und Fußweg. An dieser Stelle ist lediglich eine Wiese zu sehen, während sich der Neckar dahinter "versteckt".

Eine recht steile Treppe führt die Besucher die Böschung hinab ins "Grüne", und dann sind es immer noch einige Schritte, bis sie schließlich, eineinhalb Meter tiefer, nah am Wasser sind – in dem vergleichsweise wenige Fische schwimmen. Höchste Zeit also, dass sich etwas ändert, der Neckar wieder zum Erlebnisort und Lebensraum wird. Und dafür fällt am Dienstag der Startschuss. Die Johann-Bunte-Bauunternehmung hat ihre ersten Bagger am Ufer platziert, der Renaturierung des Neckars steht nichts mehr im Wege.

Die für das Projekt verantwortliche Bundesgartenschau GmbH hat das Gelände seit Februar vorbereitet und fast 4000 Verdachtspunkte für Fliegerbomben aus dem Zweiten Weltkrieg untersuchen lassen. "Jetzt sind wir durch, und es ist sehr unwahrscheinlich, dass wir noch einen Blindgänger finden", sagt Buga-Geschäftsführer Michael Schnellbach.

Die Renaturierung des Neckars gilt als die derzeit bedeutendste Gewässerstrukturmaßnahme in Baden-Württemberg, was sich das Land etwas kosten lässt. Es übernimmt einen Großteil der Gesamtkosten in Höhe von 17,6 Millionen Euro. Im ersten Abschnitt sollen bis zum Beginn der Bundesgartenschau im April kommenden Jahres auf rund 1,5 Kilometer Länge – etwa die halbe Gesamtstrecke – das linke Ufer bis zur Feudenheimer Au und das rechte bis zur Riedbahnbrücke tiefergelegt werden.

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"Wir wollen damit den Neckar für die Menschen neu erlebbar und zugänglicher machen", so Schnellbach. Oliver Schmuck, Niederlassungsleiter von Johann Bunte, spricht von einem engen Zeitplan. "Bis zum März sollte der Drops gelutscht sein." Damit sich die Ufer und der Neckar in der Höhe annähern, müssen 140.000 Kubikmeter Erde – Sand, Kies und Lehmboden – ausgebaggert und ein großer Teil zur Wiederverwertung abtransportiert werden. Und das so umweltgerecht und nachhaltig, wie die Buga sein soll.

Statt die Erdmassen mit dem Lkw wegzufahren, wofür laut Schnellbach 5000 Touren notwendig wären, ziehen die Planer Schuten vor. Der Schiffstyp kann immerhin 250 Tonnen Last aufnehmen und ist ohnehin wesentlich umweltfreundlicher als die Brummis. "In weiten Bereichen wird sich das gewohnte Bild des Neckars grundlegend ändern", kündigt Bernhard Wember an. Der Projektleiter für die Renaturierung bei der Buga GmbH verspricht zudem, dass anderthalb Mal mehr Pflanzen gesetzt werden als zuvor dort waren. Nach den Baggerarbeiten würden die Wiesenflächen wieder artgerecht angesät. "Da es sich um ein Landschaftsschutzgebiet handelt, wird es keine Wege für Spaziergänger geben, sondern wieder die alten Trampelpfade", erklärt Wember.

Die Quadersteine am Fluss fallen bis einen Meter unterhalb des niedrigsten Wasserspiegels weg, darüber rücken zum Beispiel Totholzhaufen. Dazu kommen 90 Nistplätze, ein Eidechsenhabitat und 80 neue Bäume. Die Arbeiter trennen im Neckar eine 1500 Quadratmeter große Pflanzeninsel ab. Die Fließgeschwindigkeit ändere sich zwar nicht, wie Schnellbach sagt, weil das Wasser aus dem Wasserkraftwerk in Feudenheim auslaufen müsse und der Schiffsverkehr nicht beeinträchtigt werden soll. Jetzt soll der Fluss aber durch Schüttung und Rücknahme von Material am Ufer wieder mäandrieren können. Die Hoffnung: Einheimische Fischarten erobern sich ihren Lebensraum zurück und es entstehen Laichhabitate. Durch Begradigung wurde einst der natürliche Flusslauf verändert und damit der Lebensraum für Flora und Fauna – es gab zum Beispiel keine Auen mehr.

Die Renaturierung ist zugleich ein ökologisches Hochwasserschutzprojekt – ganz ohne Spundwände, wie sie bei der Rheindammsanierung geplant sind. Zur Sicherung der Ufer werden 1400 Stecklinge gesetzt. Während der sechsmonatigen Bundesgartenschau pausiert das Projekt.

Am Ende wird der Neckar an die Feudenheimer Au angeschlossen. Der für die Buga dort angelegte künstliche See speist sich bis dahin durch Grundwasser. Langfristig soll das der Neckar übernehmen. Und der See dann über Pumpen für die Bewässerung des Spinelli-Geländes, Hauptspielort der Buga, sorgen.

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