Nach Vergewaltigung am Wasserturm: Bekommt Mannheim wieder Videoüberwachung?
Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz reagiert auf die Straftat und will zentrale Plätze mit Kameras überwachen lassen - Zudem hat er mehr Polizei vom Land gefordert

In einen der Laubengänge der Wasserturm-Anlage soll die Frau nach ihren ersten Angaben vergewaltigt worden sein. Archiv-Foto: Gerold
Von Julie Dutkowski
Mannheim. Nach den jüngsten Vorfällen in der Stadt sollen zentrale Plätze wieder per Video überwacht werden. Das hat Oberbürgermeister Peter Kurz am Dienstag in einer Erklärung verkündet. Konkret nannte er die bereits früher überwachten Bereiche am Paradeplatz, am Marktplatz und am Neckartor. Geprüft werden sollen außerdem der Vorplatz des Wasserturms sowie die Ein- und Ausgänge der Flüchtlingsunterkünfte im Benjamin-Franklin-Village und in Spinelli.
Die verschärften Sicherheitsvorkehrungen sind eine Reaktion auf die Vorfälle rund um Silvester in Köln und anderen deutschen Städten. Außerdem hat es in Mannheim zuletzt mehrere Sexualstraftaten gegeben. Zuletzt am Sonntag, als eine Frau direkt am Wasserturm vergewaltigt wurde.
"Diese Tat ist entsetzlich und unerträglich", kommentierte Kurz gestern den Vorfall. "Der Staat muss in der Lage sein, seinen Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit und Schutz zu gewähren." Durch eine Kette von Vorkommnissen sei das Vertrauen erschüttert. Für diese neue Dimension der Aufgabe müssten alle Kräfte, von Bund, Land und den Kommunen, gebündelt werden, ist sich Kurz sicher. Und er ergänzt: "Ich hoffe sehr, dass der oder die Täter schnell ermittelt werden."
"Mit dem Zuwachs an Straßenkriminalität in der Innenstadt, der uns von der Polizei bestätigt wurde, haben wir eine veränderte Sicherheitssituation und damit berechtigte Gründe für eine Wiedereinführung der Überwachungskameras", erklärte Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Christian Specht.
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Von 2001 bis Ende 2007 beobachtete die Polizei in Mannheim mit acht Videokameras zentrale Plätze (siehe Grafik). Paradeplatz, Marktplatz und Neckartor wurden damals überwacht. Diese Plätze zählten zu den Brennpunkten in Sachen Drogen- und Beschaffungskriminalität sowie Prostitution. Mannheim hatte im Juli 2001 als erste Stadt in Baden-Württemberg die stationäre Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen eingeführt. Im Januar 2002 folgte Stuttgart, sechs Monate später Heilbronn. Die Rechtsgrundlage dafür war im Dezember 2000 im Polizeigesetz geschaffen worden.
In Mannheim war die Videoüberwachung von Anfang an umstritten. Vor allem Grüne und FDP sorgten sich um den Datenschutz und fürchteten die totale Überwachung. Im Jahr 2003 wies der VGH die Klage eines Rechtsanwalts ab, der das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt sah. Durch die Kameras halbierte sich nach Angaben der Polizei die Kriminalität in Mannheim. Eine Verlagerung der Kriminalität in anliegende Gebiete wurde nicht verzeichnet.
Oberbürgermeister Peter Kurz wiederholte gestern zudem seine Forderung in Richtung Landesregierung nach mehr Polizeikräften in Mannheim, "um Störungen zu verhindern und bei Bedarf eine schnellere Reaktion gewährleisten zu können". Bereits in den vergangenen Tagen habe er erneut Verstärkung der Polizeikräfte sowie die Einrichtung einer Polizeiwache auf Benjamin-Franklin verlangt. Der Landespolizeipräsident habe seinen Besuch in der nächsten Woche zugesagt, "um über diese Forderungen konkret zu sprechen und Mannheims Bedarfe zu erörtern", berichtete Kurz.
Des Weiteren will der OB den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) gezielt im Jungbusch und in der Neckarstadt-West einsetzen, "um ein deutliches Signal zu setzen, dass Regeln und Gesetze eingehalten werden müssen und Zuwiderhandlungen sanktioniert werden". Dieses Signal will die Stadt auch in Richtung Flüchtlinge geben. Deshalb seien bereits Gespräche mit Flüchtlingshilfsorganisationen geführt worden. Sie sollen mithelfen, Flüchtlinge über die gesellschaftlichen Normen und die Grundlagen des Rechtssystems zu informieren.
Für den öffentlichen Nahverkehr kündigte die Stadtverwaltung ebenfalls Sicherheitsmaßnahmen an. Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) rüste ihre Fahrzeugflotte kontinuierlich mit Überwachungskameras auf. Zudem werde sie verstärkt ihr Sicherheitspersonal auf stark besetzten Strecken einsetzen, wie auf der Linie 5. Das Personal werde Konflikte deeskalieren und gleichzeitig versuchen, Menschen aus anderen Kulturkreisen zu erklären, wie man sich in den Fahrzeugen verhält, erklärte ÖPNV-Dezernent Specht. Die Busse seien bereits zu 100 Prozent mit Kameras ausgerüstet, bei den Bahnen liege die Ausrüstungsquote bei knapp über 40 Prozent. Allein in diesem Jahr würden voraussichtlich 20 Bahnen nachgerüstet, womit die Abdeckung auf 50 Prozent steige.
Unterdessen hat die Polizei ein Phantombild des Mannes veröffentlicht, der am Sonntagabend eine 41-jährige Frau am Wasserturm vergewaltigt haben soll. Die Tat ereignete sich zwischen 20 und 20.30 Uhr auf einer Parkbank in einem der Laubengänge. Der Täter ist laut Polizei etwa 20 bis 30 Jahre alt, etwa 1,70 Meter groß und schlank. Er hatte dunkle Augen, dunkle, etwas wellige Haare und war unrasiert. Er trug dunkle Jeans, eine dünne, schwarze Jacke mit hellen Streifen über die gesamte Ärmellänge sowie schwarze Sportschuhe mit reflektierenden Streifen. Der Täter stammt vermutlich aus dem nordafrikanischen, arabischen, eventuell aber auch aus dem türkischen Raum. Er sprach gebrochen Deutsch, war alkoholisiert und roch ungepflegt. Zeugen sollen sich melden unter Tel. 0621/1745555.