Mannheim

Haben sich die Mauereidechsen im Spinelli-Park eingelebt?

Das sollen Untersuchungen zeigen. Der Naturschutzbund bemängelt Fehler bei der Umsetzung des neu geschaffenen Lebensraums.

30.08.2023 UPDATE: 30.08.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden
Eine Mauereidechse. Foto: dpa

Mannheim. (gol) Sandsteinmauern, Schotter, Sand und Holz: So sehen perfekte Habitate für Mauereidechsen aus. "Die Veranstalter der Bundesgartenschau haben ihr Möglichstes getan, um die bedrohte Tierart zu retten. Doch es wurden viele Fehler gemacht – aus Zeitgründen", sagt Bern Gremlica vom Mannheimer Naturschutzbund (Nabu). Sein Trost: Nach der Bundesgartenschau wird es für die Amphibien leichter werden.

Im Spinelli-Park sollen rund 10.000 Mauereidechsen leben. Doch diese Zahl bezweifelt Gremlica. Gezählt habe sie niemand, und vor fünf Jahren seien weit über 3000 Tiere umgesiedelt worden, um mit den Bauarbeiten beginnen zu können. "Sagen wir mal, einige tausend leben noch direkt auf Spinelli", schätzt der Amphibienkenner.

Trotz des schlechten Wetters hatten sich am vergangenen Sonntag interessierte Teilnehmer zur Eidechsen-Führung eingefunden. Foto: Gerold

Die vor Ort aufgrund des enormen Zeitdrucks vom Veranstalter geschaffenen Ausgleichsflächen allerdings seien alles andere als optimal. Die schlangenähnlichen Vierbeiner einzufangen und auf ausrangierten Bahngleisen im Süden oder über acht Quadratkilometern Schotterfläche auszusetzen, hätte für die Tiere eine Menge Stress bedeutet. Populationen auf engstem Raum zusammenzupferchen, sei gerade wegen der Futterverhältnisse und der Machtkämpfe unter den Männchen "suboptimal" gewesen.

Kritik übt er auch an einer anderen Ersatzfläche. Über 250 Tiere mussten weichen, weil jetzt vermehrt Fahrräder durch die Feudenheimer Au rollen. Die dortige Kleingartenanlage wurde wegen der Radschnellverbindung verkleinert, der Lebensraum für die Tierwelt schrumpfte. Die Rettungsaktion sollte den Echsen aber leicht gemacht werden: Sie bekamen neue "Wohnungen" aus Betonquadern am Rande der vierspurigen Autobahn für Pedalritter.

Das nachhaltig genutzte Material stammt aus dem Boden einer Halle auf dem Gartenschaugelände. Statt den Beton zu entsorgen, wurden 400 Steine geschnitten und in die Feudenheimer Au gebracht. Hier entstanden sieben Trockenmauern für Mauereidechsen und Insekten. Die Plätze sind direkt zur Sonne hin ausgerichtet. Hinter den Mauern entsteht eine Böschung aus Erde und Schotter, wo sich die Tiere im Winter verstecken können.

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Der Referent lobt zwar den generellen Nachhaltigkeitsgedanken der Buga an vielen Stellen, doch betont in diesem Fall: "Ein solches Mauerwerk aus Beton mitten in der Pampa ist eine seltsame Idee", so Gremlica. Man hätte sinnvollerweise Sandsteine aus der Neckarufersanierung nehmen sollen. Ob sich die "Aussiedler" trotzdem gut eingelebt haben und wie sie den Winter überstehen, müsse ein Monitoring ergeben. Jedoch gebe es bisher vonseiten der Kommune kein Pflegekonzept, um das Leben in den neuen Habitaten im Auge zu behalten.

Warum sich der ganze Aufwand für die kleinen Lebewesen überhaupt lohne, erklärt der Experte der Besuchergruppe seiner Exkursion gern. "Das etwa 25 Zentimeter lange Reptil gilt inzwischen als bedrohte Art und ist zu Recht streng geschützt. In Deutschland kommt diese Gattung, die Spinnen und Schnecken frisst, schwerpunktmäßig nur im Südwesten Baden-Württembergs und in Rheinland-Pfalz vor."

Der Mann vom Naturschutzbund macht unmissverständlich klar, dass er Verständnis dafür hat, wenn man bei einer Großbaustelle wie der Bundesgartenschau improvisieren müsse, um wegen des ambitionierten Eröffnungstermins und dem straffen Finanzierungskonzept der Schau nicht ins Schleudern zu geraten. Deshalb habe man notgedrungen auch Zugeständnisse machen müssen, weil viele Naturschutzmaßnahmen nicht zu Ende gedacht worden seien.

Überhaupt kein Verständnis jedoch hat Gremlica für jene kostspielige "Schauveranstaltung" an der Unterführung des neuen Radschnellwegs. Dort habe man für zigtausend Euro einen Tunnel als "Leitsystem für Amphibien" gegraben, ohne überhaupt den Nachweis zu besitzen, dass ihn jemals Reptilien nutzen werden. Dieses sogenannte Artenschutzmodellprojekt sei eine völlig sinnlose Geldausgabe gewesen.

Info: Der Nabu bietet während der Bundesgartenschau auch Führungen zu Thema Mauereidechsen an. Die nächste findet am Sonntag, 10. September, um 14 Uhr statt. Treffpunkt ist das Vogelhaus der Artenvielfalt im Spinelli-Park. Die Führung ist kostenlos, ein gültiges Buga-Ticket ist jedoch notwendig.

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