Gefahr von offenen Konflikten im Jungbusch
Christdemokraten diskutierten im Hafenviertel mit Beteiligten über die Party-Situation im Jungbusch

Von Wolf H. Goldschmitt
Mannheim. Hotspot ist das treffende Wort, wenn an Wochenenden an der Jungbuschstraße Party angesagt ist. Weil entlang von gut einem Dutzend Kneipen und Cafés der sprichwörtliche Bär steppt, wird es nicht nur laut, sondern es steigt auch das Infektionsrisiko. Abstandsregeln sind angesichts der Menschenmasse kaum einzuhalten. Hunderte Jugendliche und junge Erwachsene, vornehmlich mit Migrationshintergrund, sorgen bis in die Morgenstunden mit reichlich Alkohol und Feierlaune für enthemmte Stimmung.
Rund um den Quartiersplatz und auf der Promenade am Hafenbecken sei wegen Corona und geschlossener Clubs im Sommer ein kleiner "Ballermann" entstanden, schimpfen Anwohner. Und am nächsten Tag liegt im Ausgehviertel ein Mix aus Abfall, Scherben, Zigarettenkippen und Erbrochenem auf den Wegen. Regelmäßig rückt die Mannheimer Stadtreinigung in Sonderschichten an.
"Wir wollen nichts herbeireden, aber die Gefahr von offenen Konflikten ist ebenfalls real", glaubt CDU-Stadtrat Thomas Hornung bei einer Vor-Ort-Diskussionsrunde seiner Partei direkt an der Hafenstraße. Ganz falsch liegt er mit seiner Analyse nicht.
Je später es wird, desto größer wird die Gefahr, dass es auch zu Pöbeleien und Handgreiflichkeiten gegenüber kontrollierenden Polizeibeamten kommt. Polizeipräsident Andreas Stenger allerdings möchte lieber den Ball flach halten. Die Ordnungshüter seien an Wochenenden mit zusätzlich 30 Kräften im Jungbusch präsent und ermahnten die Übermütigen meist mit Erfolg.
Auch interessant
Stenger zeigt Verständnis für die Feiernden und die Gastwirte. "Wo sollen sich die vielen Gäste denn aufhalten, wenn die Betreiber der Bars nur eine begrenzte Zahl von Leuten reinlassen dürfen?", fragt sich nicht nur Mannheims oberster Polizist. Bislang jedenfalls sei das Stadtviertel weder als Infektionsherd aufgefallen, noch registriere seine Mannschaft dort eine erhöhte Zahl von Straftaten – Ordnungswidrigkeiten wie Ruhestörung allerdings gehören zum Tagesgeschäft. Streifenwagen, Fußstreifen und der Kommunale Ordnungsdienst garantieren seiner Meinung nach ausreichend für Recht und Ordnung im Kiez.
Am Tor zum Jungbusch, dem Luisenring, erwarten Uniformierte die Partygäste und setzen auf eine einfache Strategie, um einen rechtsfreien Raum zu verhindern: Dialog – Deeskalation – konsequentes Einschreiten. "Aktuell liegen uns keine Anhaltspunkte für ein erhöhtes Eskalationsrisiko vor. Aber es ist uns bewusst, dass es keine Garantie für die Zukunft gibt", bewertet der Polizeipräsident die momentane Lage an der beliebtesten Mannheimer Partyfront.
Der Abteilungsleiter des städtischen Fachbereichs Sicherheit und Ordnung, Harald Born, bläst ins gleiche Horn. Primär sei es wichtig, die offene und friedliche Atmosphäre im Jungbusch zu erhalten. Das frühere Rotlichtviertel mit einen Ausländeranteil von über 60 Prozent habe sich in den vergangenen Jahren zum beliebten Szenetreff Mannheims entwickelt und stehe nicht zuletzt für eine urbane Attraktivität der Kommune.
Ob guter Wille, Bürgerengagement und Polizeistrategie auf Dauer fruchtbar sein können, wenn nach der Schließung der Lokale weiterhin an den nahegelegenen Tankstellen Alkohol verkauft wird, ist nach Ansicht der lärmgestressten Bürger unwahrscheinlich.
Lange Schlangen vor der Kasse belegen die gewaltige Nachfrage nach "Stoff" bis 3 und 4 Uhr morgens. Mit Postern und der Aufschrift "Shame on you Jungbusch-Party-People – Haltet eure Promenade sauber" soll ein kleiner Schritt hin zur Verbesserung der Lage gemacht werden. "Immerhin hat bisher noch keiner die Plakate abgerissen", sagt ein "Buschler" am Ende der offenen Diskussion. Hoffnung auf Akzeptanz und Veränderungen im aktuellen Hotspot klingt anders.



