Franklin steht Pate für die Verkehrswende
Arbeiten für den Anschluss an die Stadtbahn haben im neuen Stadtquartier begonnen. Der Start ist für Ende nächsten Jahres geplant.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Knapp die Hälfte der erwarteten 10.000 Menschen lebt bereits im neuen Stadtquartier Franklin. Aktuelle und künftige Bewohner sowie die prognostizierten 2000 pendelnden Arbeitnehmer dürfen sich Ende nächsten Jahres darauf freuen, an das Stadtbahnnetz angeschlossen zu werden. Die Bauarbeiten dazu starteten am neblig-kalten Freitagmorgen auf dem ehemaligen US-Militärgelände mit dem symbolischen Spatenstich der Verantwortlichen.
Wie Erster Bürgermeister Christian Specht erläuterte, werden bis zum Start rund 1,8 Kilometer Gleise verlegt sowie drei barrierefreie Haltestellen gebaut. Die Strecke dockt zunächst am Haltepunkt Bensheimer Straße an die RNV-Linie 5 (frühere OEG) an, der barrierefrei ausgebaut wird. Dorthin rollen sogenannte Pendelzüge. Ohne Umsteigen und direkt zum Hauptbahnhof können die "Frankliner" dann voraussichtlich ab 2026/2027 mit der Stadtbahn fahren. Bis dahin soll der Durchgangsbahnhof in Käfertaler ausgebaut sein. Im Zuge dieser Maßnahme entsteht auch ein Anschluss an das Glücksteinquartier.
Franklin ist ein Teil des "Konversionsnetz Mannheim", in dem laut Specht mehr als 140 Millionen Euro in den öffentlichen Nahverkehr fließen. Größter Baustein in dem Konzept ist der Hauptbahnhof. In diesem Bereich gibt es bislang nur drei Gleise und Bahnsteige. Um die Kapazitätsengpässe zu beseitigen, kommen ein neues Gleis und ein weiterer Bahnsteig hinzu. Die Arbeiten dauern bis 2024.
Über allem steht die Verkehrswende. Oder wie Specht sagt: "Wir reduzieren für mehr Grün sowie Radfahrer und Fußgänger die Wege. Dort, wo sie nötig sind, sollen sie möglichst CO2-frei zurückgelegt werden." Also mit Bussen und Bahnen. Der ÖPNV-Dezernent hofft darauf, dass dank der guten Erreichbarkeit viele Paare und Familien zumindest auf das Zweitauto verzichten.
Auch interessant
Das wäre ganz im Sinne des Landes und Verkehrsstaatssekretärin Elke Zimmer (Grüne). Sie brachte zum Spatenstich in ihrer Heimatstadt alarmierende Zahlen mit. "Ein Drittel der CO2-Emissionen sind auf den Verkehr zurückzuführen", sagte Zimmer. Entsprechend groß sei der Handlungsdruck. Zumal die Landesregierung das "Zwischenziel" ausgerufen hat, den Ausstoß klimaschädlicher Gase in Baden-Württemberg bis 2030 um 65 Prozent zu reduzieren. Und das lässt sich Grün-Schwarz auch etwas kosten. Zu den 28 Millionen Euro Investitionskosten beim Franklin-Projekt schießt Stuttgart rund 4,8 Millionen Euro zu. Der Löwenanteil kommt mit 18,8 Millionen Euro vom Bund, den Rest übernimmt die Stadt.
Würde Zimmer nicht in Neckarau wohnen, sondern auf Franklin, bräuchte sie in Zukunft mit dem Pendelzug 20 Minuten bis zum Hauptbahnhof. Dort fährt der ICE binnen 36 Minuten in die Landeshauptstadt, Umsteige- und Wartezeiten einmal außer Acht gelassen. "Mit dem Auto dauert es mindestens doppelt so lange", sagte die Staatssekretärin. Wer im neuen Stadtquartier unterwegs ist, erhält schon einen Eindruck von der Mobilität der Zukunft. Immerhin verkehrt auf Franklin bereits eine reine Elektrobuslinie. Diese übernehme bis zur Inbetriebnahme der Stadtbahn die Grundversorgung, sagte Martin in der Beek, Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV).
Und dann gibt es da noch "Fips". "Fips" ist ein umweltfreundlicher, individuell buchbarer Shuttle, der das Angebot des ÖPNV erweitert und die äußeren Stadtteile besser erreichbar macht. Über eine App können Nutzer ihre Wünsche anmelden – zum ausgewählten Zeitpunkt steht ein Elektrofahrzeug mit Platz für bis zu fünf "Passagiere" bereit. Das intelligente System bündelt ähnliche Strecken und Ziele verschiedener Fahrgäste, reduziert den Individualverkehr und schont das Klima.
Ende des Jahres geht noch ein weiteres Projekt auf Franklin an den Start, von dem sich das Land wichtige Forschungsergebnisse erhofft. Es heißt "Rabus", die Abkürzung steht für "Reallabor für den Automatisierten Busbetrieb im ÖPNV in der Stadt und auf dem Land".
Unter Federführung des Verkehrsministeriums wird in Mannheim und Friedrichshafen bis Mitte 2024 der Einsatz großer, vollautomatischer Busse (ohne Fahrer) wissenschaftlich erprobt. "Denn entscheidend für die Attraktivität des öffentlichen Nahverkehrs ist immer auch die Frage, wie wir die sogenannte letzte Meile zwischen Haustür und Stadtbahnhaltestelle schließen", sagte RNV-Chef in der Beek.