Flüchtlinge bleiben "so kurz wie möglich"
Die Stadt hat in Friedrichsfeld eine erste Halle als Notherberge vorbereitet. Gefragt sind außerdem private Unterkünfte für längeren Zeitraum.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Wo normalerweise die Handballer des TV 1892 Friedrichsfeld auf Torejagd gehen, stehen jetzt 230 Feldbetten mit orangen Bezügen auf dem Parkett. Orange, die Farbe der Revolution in der Ukraine 2004. Die Proteste von damals werden den Ankommenden aus dem osteuropäischen Staat wohl kaum in den Sinn kommen. Sie sind mit Putins Angriffskrieg konfrontiert worden. Und geflohen. Noch sind die Menschen nicht da, Stadtsprecher Ralf Walther rechnet aber rund um die Uhr mit ihrer Ankunft.
Die Lilli-Gräber-Halle im Friedrichsfelder Gewerbegebiet ist die erste, die die Stadt mit Geflüchteten belegt, weitere werden folgen: Die etwas größere GBG-Halle im Herzogenried wird für dieses Wochenende vorbereitet. Hier wie dort sollen die Menschen "so kurz wie möglich" bleiben, sagt Thomas Näther. Der neue Feuerwehrkommandant ist einer von zwei Leitern der städtischen Task-Force "Ukraine-Hilfe". Die Verwaltung mietet für die Anschlussunterbringung Hotels oder Azubi-Häuser an, viele Schutzsuchende finden auch bei Privatpersonen eine Bleibe.
Die Menschen kommen auf zwei Wegen in den Hallen an: entweder über die Landeserstaufnahmestellen, zum Beispiel im Heidelberger Patrick-Henry-Village oder über die Mannheimer Jugendherberge. "Dort werden sie registriert, untersucht und gegebenenfalls geimpft", erklärt Näther. In der Jugendherberge bietet die Stadt zudem Hilfe zur Selbsthilfe an, vermittelt Kontakt zur Arbeitsagentur oder Sozialbehörde. Insofern dienen die Hallen in erster Linie dazu, vorübergehende Obdachlosigkeit zu verhindern. Oder wie Task-Force-Leiter Näther sagt: "Sie haben eine Überlauffunktion."
Laut Walther sind in der Stadt aktuell genau 1161 ukrainische Geflüchtete registriert, tatsächlich dürften es mehr sein. Weshalb der Rathaussprecher vor allem an Privatpersonen appelliert, dass sich ihre Gäste in der Jugendherberge anmelden. Die Stadt vermittelt dafür Transporte über die RNV. Betreut wird die Lilli-Gräber-Halle von Kräften der großen Hilfsorganisationen Johanniter, Malteser, ASB, DRK sowie der DLRG. Alle Geflüchteten müssen einen Corona-Schnelltest absolvieren. Ein lokaler Caterer versorgt sie mit Essen, außerdem wird ein Sicherheitsdienst "24/7" im Einsatz sein.
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Die nach Buchstaben geordneten Feldbetten und Stühle stehen in der Halle sehr dicht beieinander. Näther hofft vor dem Hintergrund möglicher Infektionen, dass die maximale Kapazität nie ganz ausgeschöpft wird. Für stillende Mütter gebe es einen Extra-Raum, sagt Johanniter-Ortsbeauftragter Kai Mutschler. Dazu steht allen Geflüchteten ein Gesellschaftssaal zur Verfügung, wo auch gegessen werden kann.
Die Stadt arbeitet derzeit an einer Online-Plattform unter www.mannheim.de, auf der Ehrenamtliche Hilfe anbieten können, zum Beispiel für Kinder-Spielenachmittage oder Sportangebote. Abrufbar soll es ab diesem Freitag sein, kündigt Manuela Skatnik, Abteilungsleiterin Bürgerschaft und Beteiligung im Rathaus, an.
In der nächsten Woche will die Stadt zudem Gespräche mit Ehrenamtlichen und Vereinen aus dem Stadtteil führen. Nicht möglich sei es, Sachspenden vorbeizubringen. Das Sortieren und Desinfizieren der Waren würde zu viele Kräfte binden. Skatnik und Näther bitten um Verständnis, dass die Geflüchteten im Moment noch keine festen Strukturen vorfinden. "Wir arbeiten die Aufgaben sukzessive nach Priorität ab, am wichtigsten ist derzeit die Unterbringung", sagt der Feuerwehrchef.
Angesichts von gegenwärtig 2,5 Millionen Ukrainern auf der Flucht und einer hochdynamischen Lage will Ralf Walther keine Prognosen abgeben, wie viele Menschen in Mannheim ankommen werden. Nach wie vor bleibe die private Unterbringung der Menschen das vorrangige Ziel, teilt Oberbürgermeister Peter Kurz am Donnerstagabend mit. Er bittet die Mannheimer darum, den Flüchtlingen einen längerfristigen Aufenthalt zu ermöglichen. Nur so könne die Notunterbringung in den Hallen vermieden werden.