Mannheim

Flanieren vom Feinsten - die neuen Planken in Mannheim

Werden die stationären Einkaufsangebote die Kunden vom Online-Handel abhalten?

02.04.2019 UPDATE: 02.04.2019 09:35 Uhr 2 Minuten, 25 Sekunden
Ein Radfahrer fährt über die Einkaufsstrasse Planken. Die Einkaufsstraße wurde aufwändig saniert. Foto: Uwe Anspach/dpa 

Von Julia Giertz

Mannheim. Großprojekte im Kosten- und Zeitrahmen sind heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. Dass Zeit- und Kostenvorgaben doch erfüllt werden können, zeigt das Beispiel Mannheim: Die Rundumerneuerung der Planken, der großen Shopping-Meile der Quadratestadt, ist wie angekündigt bis zum Frühjahr 2019 fertig geworden und hat wie vorgesehen 30 Millionen Euro gekostet. Die Bauherren Stadt Mannheim, Rhein-Neckar-Verkehr GmbH und das Energieunternehmen MVV haben Wort gehalten. "Wir können sagen, dass wir nicht nur den Zeitplan, sondern, so der Stand heute, ebenso den Kostenrahmen einhalten werden", erläutert der Sprecher des Baudezernats, Jan Krasko.

Ein Grund mehr für die Mannheimer am kommenden Wochenende die neuen Planken mit Musik, kulinarischen Angeboten und einem französischen Markt zu feiern. Auch am verkaufsoffenen Sonntag können die Bürger auf 220 000 Quadratmetern Verkaufsfläche ihre Einkaufstaschen füllen und in der City an fünf Kilometer langen Schaufensterfronten vorbeibummeln. Für Frauen - und vielleicht auch Männer - mit Schuhtick wartet die herausgeputzte Fußgängerzone mit 40 Schuhgeschäften auf.

"Die Planken können sich mit der Stuttgarter Königstraße messen und gehören zu den attraktivsten Einkaufsmeilen in deutschen Großstädten", meint Sabine Hagmann, Geschäftsführerin des Einzelhandelsverbandes Baden-Württemberg. Es gebe mehr mittelständische Betriebe auf der 800 Meter langen, auf jeder Seite mit Bäumen gesäumten Achse zwischen Wasserturm und Paradeplatz als in der Landeshauptstadt.

Das Einzugsgebiet der Planken ist groß. Das zeigt schon die Liste der Orte, in denen die drittgrößte Stadt Baden-Württembergs mit Anzeigen für das Eröffnungswochenende wirbt: Bad Dürkheim, Haßloch, Heidelberg, Hockenheim, Ludwigshafen, Neustadt an der Weinstraße, Schwetzingen, Viernheim, Weinheim. Nach Angaben des Einzelhandelsverbandes Nordbaden ist die Einkaufsmeile insbesondere bei Kunden aus Rheinland-Pfalz, und da vor allem aus Ludwigshafen auf der anderen Rheinseite, beliebt. Die Metropol-Region Rhein-Neckar ist mit mehr als zwei Millionen Einwohnern der siebtgrößte Wirtschaftsraum Deutschlands.

Auch interessant
Mannheim erhöht Bußgelder: Die Planken sollen sauber bleiben
Mannheim: Poller regeln Planken-Zufahrt
Hintergrund

Die Planken seit Jahrhunderten Einkaufsmeile 

Die Geschichte der Planken reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Damals sollen Palisaden aus Eichenholz - Planken - die südlichen äußeren Quadrate und das innere Bollwerk der Zitadelle Friedrichsburg

[+] Lesen Sie mehr

Die Planken seit Jahrhunderten Einkaufsmeile 

Die Geschichte der Planken reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Damals sollen Palisaden aus Eichenholz - Planken - die südlichen äußeren Quadrate und das innere Bollwerk der Zitadelle Friedrichsburg getrennt haben. 1747 wurde am westlichen Ende der Straße das "Alte Kaufhaus" am heutigen Paradeplatz gebaut, Startschuss für die Entwicklung der Planken als Einkaufs- und Flaniermeile. Am östlichen und westlichen Ende der Straße verkauften Bauern und Straßenhändler ihre Waren auf dem Stroh- und Fruchtmarkt. Seit dem späten 19. Jahrhundert markiert der Wasserturm das östliche Ende der Promenade, die Besucher damals mit Pferdebahnen erreichen konnten. Um 1900 wurden diese Gefährte von elektrischen Stadtbahnen abgelöst. Später waren auch Autos erlaubt. Seit 1975 teilen sich nur noch Fußgänger und Stadtbahnen die Planken. (dpa)

[-] Weniger anzeigen

Doch auch in Mannheim lasse sich die Konkurrenz durch den Online-Verkauf nicht wegdiskutieren, sagt der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbandes Nordbaden Swen Rubel. Nach einer Erhebung des Immobiliendienstleisters BNP Baribas Real Estate aus dem Jahr 2014 lagen die Planken mit 5700 Passanten pro Stunde im bundesweiten Vergleich im oberen Mittelfeld. Seitdem sei die Zahl der Passanten und damit auch die der Käufer gesunken, sagt Rubel. "Aber noch informieren sich mehr Käufer über die gewünschten Waren im Internet und kaufen dann im Laden als umgekehrt." Es sei zu beobachten, dass die Nachfrage nach Flächen für die Gastronomie wachse. Für die Shopper seien neben dem Einkaufen auch Cafés und Bistros zum Verweilen wichtig.

Auch in anderen Großstädten des Landes wurde und wird kräftig gebuddelt, um die City attraktiver zu gestalten. Die Untertunnelung der Haupteinkaufsmeile Kaiserstraße in Karlsruhe wird nicht wie vorgesehen 2019 fertig, sondern erst 2021. Die Kosten sind explodiert und liegen inzwischen bei rund 1,2 Milliarden Euro - statt ursprünglich 590 Millionen Euro. Anders in Freiburg: Die Modernisierung der Innenstadt für 57,5 Millionen Euro ist nach vier Jahren im März abgeschlossen worden - so wie ursprünglich geplant. 

Was wurde alles gemacht in zwei Jahren Bauzeit in Mannheim? Die Straßenbahngleise in der Mitte der Planken und alles, was zum Straßenbahnbetrieb dazugehört, wurden nach 40 Jahren erneuert - inklusive barrierefreier Haltestellen. Energiesparende Beleuchtung, Holzbänke, metallene Baumschutzringe und rund 40 Unterflur-Abfallbehälter gehören zum neuen Outfit. Gearbeitet wurde abschnittsweise, damit die Einkäufer nicht zu viele Umwege zu den Geschäften laufen mussten. Nach dem Eindruck von Verbandsvertreter Rubel hielten sich deren Einbußen in Grenzen. Ein Entschädigungsfonds für die Geschäftsleute, die Umsatzverluste wegen der Arbeiten nachweisen konnten, sei wenig genutzt worden.

Die kostspielige Modernisierung soll natürlich nicht gleich wieder verlottern. Deshalb hat die Stadt ihre Bußgelder drastisch erhöht: Wer seine Kippe achtlos wegwirft und erwischt wird, muss 75 Euro blechen statt 20 Euro. Das Ausspucken eines Kaugummis auf das neue Planken-Pflaster aus hellem Beton und dunklerem Basalt kann mit maximal 200 Euro jetzt doppelt so viel wie bisher kosten.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.