Mannheim

Erste Erfolge bei Gleichstellung sind schon da

Nach einem Jahr Gleichstellungsaktionsplan sind 22 Projekte umgesetzt oder in Vorbereitung.

29.10.2022 UPDATE: 30.10.2022 06:00 Uhr 1 Minute, 57 Sekunden
Freuen sich über das Erreichte: Charta-Beiratsleiterin Sylvia Schraut (v.l.), Referentin Uta Meier-Gräwe, OB Peter Kurz und Gleichstellungsbeauftragte Zahra Deilami. Foto: Lenhardt

Von Olivia Kaiser

Mannheim. "Gleichberechtigung beginnt vor Ort", verkündete die baden-württembergische Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). "Man muss die Frauen lokal unterstützen und fördern." Genau das will Mannheim tun und hat einen Gleichstellungsaktionsplan (GAP) aufgestellt. Der Fokus liegt dabei auf "Gleichstellung Erwerbstätigkeit". Mittlerweile umfasst der GAP 22 Projekte, die entweder schon umgesetzt oder in der Planung sind. Der GAP wurde zwar bereits vor einem Jahr verabschiedet, doch eine Feier war damals aufgrund der Pandemie nicht möglich. Die wurde jetzt beim ersten Geburtstag nachgeholt.

Hoffmeister-Kraut konnte zwar nicht persönlich kommen, hatte jedoch eine Videobotschaft aufgezeichnet. Mannheim sei die erste Kommune im Land mit einem Gleichstellungsaktionsplan und nehme eine Vorbildfunktion ein. Dass das Hauptaugenmerk auf "Gleichstellung und Erwerbstätigkeit" liegt, ist für sie schlüssig: "Ein gesichertes Einkommen ist eine wichtige Voraussetzung für die Selbstbestimmtheit."

Hintergrund

> Der erste Gleichstellungsaktionsplan der Stadt läuft von 2019 bis 2023 und wird danach in einem dreijährigen Turnus fortgeschrieben. 2011 hatte die Stadt die "Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene" unterzeichnet, dazu gehört

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> Der erste Gleichstellungsaktionsplan der Stadt läuft von 2019 bis 2023 und wird danach in einem dreijährigen Turnus fortgeschrieben. 2011 hatte die Stadt die "Europäische Charta für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf lokaler Ebene" unterzeichnet, dazu gehört unter anderem die Verpflichtung, einen GAP zu erstellen. Dies geschah zwischen 2019 und 2021. Der GAP umfasst insgesamt sieben Wirkungsfelder:

> Förderung der höheren Beteiligung von Frauen in Entscheidungsgremien

> Förderung der Frauen in Führungspositionen

> Förderung der hoch qualifizierten Migrantinnen in den ersten regulären Arbeitsmarkt

> Förderung der Existenzgründungsoptionen und Start-ups für Frauen

> Förderung der Mädchen bei einer (selbst-)bewussten Berufswahl

> Förderung der digitalen Skills der Frauen für das Arbeiten 4.0

> Förderung des Zugangs der Frauen aus prekärem Arbeitsverhältnissen in den regulären Arbeitsmarkt oka

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Das sieht auch Mannheims Gleichstellungsbeauftragte Zahra Deilami so, die mit Sylvia Schraut, Geschichtsprofessorin an der Uni Mannheim, durch die Veranstaltung führte. Schraut leitet den Charta-Beirat, ein Gremium mit circa 25 Vertreterinnen und Vertreter aus lokalen Unternehmen, Hochschulen, Bildungseinrichtungen, Gewerkschaften, Vereinen und der Verwaltung. Er unterstützte die Expertenteams bei der Entwicklung der Projekte. Der GAP sei also eine bürgerschaftliche Gemeinschaftsarbeit, betonte Deilami. Er solle aber nicht nur eine theoretische Abhandlung sein, sondern praktisch umgesetzt werden. Im Lauf der Zeit wird jedes Projekt auf seine Wirksamkeit überprüft und gegebenenfalls angepasst.

Dass sich das Rad in Sachen "Gleichstellung und Erwerbstätigkeit" wieder zurückgedreht hat, erläuterte Uta Meier-Gräwe, Professorin für Wirtschaftslehre und Familienforschung an der Universität Gießen. Denn während des Corona-Lockdowns seien es mehrheitlich die Frauen gewesen, die beruflich zurückgesteckt und sich um Kinder und Haushalt gekümmert hätten. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels könne Deutschland es sich aber schlichtweg nicht leisten, Frauen weiter zu benachteiligen. Man brauche Frauen in Vollbeschäftigung, um die sozialen Sicherungssysteme zu stabilisieren. "Die Kosten, welche die Nichtgleichstellung verursach, übersteigen die Kosten, um Gleichstellung zu schaffen bei Weitem", betonte Meier-Gräwe.

Im Anschluss wurden verschiedene Projekte vorgestellt. Laut einer Umfrage schätzen viele Frauen ihre IT-Fähigkeiten eher gering ein. Das Projekt "Digitale Heldinnen" soll das ändern. Dazu wurden Mädchen und jungen Frauen mit speziellen Workshops an digitales Arbeiten und Programmieren herangeführt, konnten sich über Sicherheit im Netz und den Zugang zu IT-Berufen informieren.

Der Fachkräftemangel ist zwar spürbar, trotzdem wird der Mobilisierung von einheimischen Fachkräften mit Migrationshintergrund vergleichsweise wenig Wert beigemessen. Dies hänge mit breit gefächerten Vorurteilen zusammen, so Liane Schmitt vom Fachbereich Organisation und Personal, und nannte als Beispiel die Juristin mit Kopftuch, die keinen Job findet. Schmitt plant daher 2023 unter anderem ein Symposium für Personalexperten lokaler Unternehmen.

Bei "Changing Times" dreht sich alles um Zeit, denn die ist ein Faktor im Rennen um die Führungsposition – und oft geraten Frauen dabei ins Hintertreffen. Die Firma Roche hat ein Projekt gestartet, das bundesweit Pilotcharakter hat: Wenn sich Frau und Mann die Elternzeit teilen, dann gibt es finanzielle Unterstützung. Da nur ein Elternteil bei Roche beschäftigt sein muss, wirke man damit auch in andere Unternehmen, so Silke Heinrichs von Roche. "Das soll ein Umdenken in den Köpfen bewegen".

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