Auf den Planken endet eine echte Kino-Ära
Das Traditionskino Cineplex schließt in einem Jahr. Der Geschäftsführer macht dafür auch die sinkende Attraktivität der Stadt verantwortlich.

Von Alexander Albrecht
Mannheim. Es ist ein schwerer Schlag für die Innenstadt – der Chef der Werbegemeinschaft City, Lutz Pauels, spricht gar von einem "unersetzlichen Verlust": Am 30. Juni nächsten Jahres läuft der letzte Streifen im Cineplex Planken. Die Filmtheaterbetriebe Spickert wollen den an diesem Tag endenden Mietvertrag mit den Eigentümern des Traditionshauses nicht mehr verlängern. Das war’s für Mannheims ältestes Multiplex-Kino, zumindest vorerst, und vielleicht für immer.
Gefragt nach den Gründen, muss Geschäftsführer Frank Noreiks erst einmal tief Luft holen. "Da kommt vieles zusammen", sagt er und beginnt mit dem "Overscreening" in der Region. Sprich: zu viele Leinwände gemessen an der Einwohnerzahl bei harter Konkurrenz. Dazu gehören die Filmspielhäuser in Ludwigshafen, Heidelberg – und vor allem das Kinopolis am Viernheimer Rhein-Neckar-Zentrum, das potenzielle Kunden aus den Stadtteilen Vogelstang und Käfertal abzieht.
Verbleibt laut Noreiks ein Einzugsbereich von 250.000 Menschen für 23 Leinwände in Mannheim: im Cineplex (acht), Cinemaxx (zehn) sowie in den Programmkinos Odeon und Atlantis und im kommunalen Kino Cinema Quadrat. "Und das sind einfach viel zu viele", meint der Geschäftsführer. Bis zum Ausbruch der Pandemie seien die Geschäfte "einigermaßen gelaufen". Corona sei jedoch nicht die Hauptursache für das Aus. Noreiks bittere Diagnose: "Mannheim ist keine Einkaufsstadt mehr."
Er ist selbst Anwohner und hat die Entwicklungen in den vergangenen Jahren aus nächster Nähe beobachtet. Früher seien einkommensstarke Familien aus der Pfalz oder von der Bergstraße an Wochenenden in die Stadt gekommen und mit vollen Einkaufstaschen abends noch ins Kino gegangen. Dieses Publikum gebe es nicht mehr, "die Leute fahren lieber nach Speyer oder Neustadt". Die mittlerweile noch angespanntere Verkehrssituation mit einigen Baustellen und Sperrungen tue ihr Übriges und halte gerade die Pfälzer von der Anreise ab. Und die Gastronomen machten ihre Lokale auch früher zu. Überhaupt sei die City von damals kaum noch zu erkennen, insbesondere nach dem Abriss vieler Gebäude für das Quartier Q 6/Q 7. Und, als kleiner Seitenhieb auf die Stadt: "Man hat den Plankenumbau zu lange vor sich hergeschoben", so Noreiks. Dazu kämen allgemeine Tendenzen wie der Online-Handel, die vor keinem Zentrum in größeren Kommunen Halt machten.
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"Uns blutet das Herz, aber das Cineplex lässt sich leider nicht mehr rentabel führen. Wir mussten die Reißleine ziehen", bedauert Noreiks. Immer weniger Kunden stünden "Energiekosten ohne Ende" und stark ansteigenden Mindestlöhnen gegenüber. "Und wir können ja jetzt nicht statt zwölf auf einmal 20 Euro pro Karte verlangen", schildert der Kino-Chef die Situation. Er deutet auch Gespräche mit der Stadt über finanzielle Hilfen an. Doch die gibt es für kommerzielle Häuser nicht.
Die Familie Spickert führt das 1951 fertiggestellte Kino seit 71 Jahren. Ende der 90er-Jahre war auf inzwischen 1424 Plätze in acht Sälen aufgestockt worden. Ein weiterer umfassender Umbau erfolgte 2010. Noreiks glaubt nicht an die Zukunft des Kinos an dieser Stelle. Andererseits ist der Bau ja genau darauf ausgerichtet.
Als Alternative kann sich Noreiks lediglich Kleinkunstbühnen vorstellen, "und sonst eigentlich nichts". Wenigstens stimmten die Zahlen im seit 2004 zum Familienbetrieb gehörenden Cinemaxx in N 7. Dorthin sollen künftig die Hälfte der aktuell rund 40 Mitarbeitenden im Cineplex wechseln. Der Rest sind im Wesentlichen Studierende, die Mannheim verlassen oder ihre berufliche Karriere starten. Oder hat Kino auf den Planken doch noch eine Chance? Karin Stellwaag hält das durchaus für eine Option. Die Stuttgarterin ist Mitglied einer GbR. Dieser gehört einer der beiden miteinander verwobenen Bauten des Immobilienkomplexes – jenes zur Einkaufsmeile hin. Stellwaag will in den nächsten Wochen und Monaten mit potenziellen Betreibern und der Stadt reden.
Möglich sei auch eine alternative Mischnutzung, über die auch der zweite Eigentümer nachdenkt. Er will künftig "nicht nur auf ein Pferd" setzen und schließt eine Aufteilung der Gebäude in Büros oder Wohnungen nicht aus. Ein Umbau würde Millionen verschlingen, so viel ist sicher, und muss von den Eigentümern gestemmt werden. Noch hat Karin Stellwaag ein Jahr Zeit, um für die Nachnutzung eine Lösung zu finden. Klingt lange, ist es aber nicht. "Wenn man an die Baugenehmigungen oder an die Handwerker denkt, dann ist ein Jahr nichts."




