28-jährige Mannheimerin zieht es nach Schrozberg - als Bürgermeisterin
Mit Jacqueline Förderer tritt am 1. Juli eine 28-jährige Mitarbeiterin der Kunsthalle ihr Amt als Bürgermeisterin in Schrozberg an - Als Erstes wartet dort ein Bürgerentscheid

Freut sich auf ihre Aufgabe als Bürgermeisterin in Schrozberg im Kreis Schwäbisch Hall: Die Mitarbeiterin der Kunsthalle, Jacqueline Förderer, hier vor ihrem bisherigen Arbeitsplatz. Foto: Lenhardt
Von Jan Millenet
Die Mitarbeiterin der Kunsthalle, Jacqueline Förderer, sitzt mehr oder weniger schon auf ihren gepackten Koffern. Ihre Reise führt in ein neues Leben. Ein Leben als Bürgermeisterin. Mit überwältigender Mehrheit wurde die 28-jährige Parteilose in Schrozberg im Landkreis Schwäbisch Hall für acht Jahre ins Amt gewählt. Am 1. Juli geht es los. Dann zählt sie zu den jüngsten Bürgermeisterinnen im Land. Doch nervös scheint sie das nicht zu machen.
Die langen braunen Haare fallen lässig über ihre Schultern. Ihre randlose Brille fällt kaum auf, als Förderer im Billing-Bau der Kunsthalle, ihrem Noch-Arbeitsort, von sich erzählt. Aber sie verleiht ihr Seriosität. Was auffällt, ist ihr Strahlen. Sie hört genau hin, beantwortet jede Frage wohl überlegt und kommt dabei sympathisch rüber.
Kein Wunder, so der erste Eindruck, dass knapp 69 Prozent der Schrozberger Wähler sie Ende Mai zur Bürgermeisterin machten. Im ersten Wahlgang wohlgemerkt. "Ich bin überwältigt", sagt Förderer heute noch und strahlt. "Ich konnte es kaum glauben, dass es schon entschieden war", erinnert sie sich an die Minuten nach der Ergebnisverkündung in dem 5700-Seelen-Ort.
Nun muss sie ihr Leben komplett umkrempeln. Vor zwei Jahren erst ist Förderer, geboren in Calw und aufgewachsen in Karlsruhe, von ihrem Studienort Mannheim mit ihrem Mann nach Altlußheim gezogen. Sie haben dort sogar gebaut. "Ich bin kein Großstadtmensch", begründet die junge Frau. Daher sei es auch kein Problem für sie, in eine noch kleinere Gemeinde zu ziehen. "Dort ist es nicht so hektisch und schmutzig", sagt sie, wobei sie sich mit einem kurzen, peinlich berührten Räuspern für das Wort "schmutzig" sofort wieder bei den Mannheimern zu entschuldigen scheint. "Ich bin immer noch von Schrozberg begeistert, auch vom Engagement der Bürger dort", schwärmt sie aufrichtig, ohne dabei in die Rolle der Stimmenfängerin zu fallen. Muss sie ja auch nicht mehr.
Doch wie kommt man überhaupt darauf, Bürgermeisterin werden zu wollen? Und das zu einem Zeitpunkt, in dem irgendwie alles geregelt erscheint. Schon während ihres BWL-Studiums in der Fachrichtung "Öffentliche Wirtschaft und Kommunalwirtschaft" sei sie auf diese Idee gekommen. "Doch die ist dann erst einmal versackt." Es folgte die Anstellung bei der Stadt, wo sie seit 2012 in der Kunsthalle für Personal, Verträge und Kasse verantwortlich ist und dabei auch für vier Mitarbeiter. "Aber ich wollte weiterkommen, mehr Verantwortung übernehmen", betont Förderer, die anfügt, durchaus auch gerne Risiken einzugehen. Im Staatsanzeiger beobachtete sie regelmäßig die Bürgermeister-Ausschreibungen. Bis zu dem Tag, an dem ihr die Schrozberger Ausschreibung ins Auge fiel. "Da haben alle Parameter gepasst", sagt sie, auch wenn sie den Ort vorher nicht kannte.
Förderer stürzte sich in einen mehrmonatigen Wahlkampf, traf Menschen, diskutierte mit ihnen, verteilte Flyer, nahm an Bürgerveranstaltungen und einem Wahlforum teil, war viel vor Ort. Vier weitere Bewerber - drei Männer, die zusammen auf rund vier Prozent kamen, und eine Frau - kämpften mit ihr um das Bürgermeisteramt. Die besten Chancen wurden schon vor der Wahl den beiden Bewerberinnen zugesprochen. Die Kontrahentin bekam letztlich 28 Prozent der Stimmen.
Zwei Dinge wird Förderer sehr vermissen, wenn sie bald die Region verlässt. Ihren Musikverein in Karlsruhe, mit dem sie sehr verwurzelt sei und ihre Familie, die ebenfalls im Landkreis Karlsruhe lebt, zukünftig also noch etwas weiter entfernt sein wird. Auch für ihren Ehemann ist der Umzug nach Schrozberg ein Neuanfang. Er muss sich beruflich neu orientieren und sich an eines gewöhnen: "Ich bin dort immer im Dienst und im Fokus, selbst, wenn ich nur einkaufen bin", so die 28-Jährige. "Und meine Familie somit auch." Doch das habe sie schon im Vorfeld der Bewerbung mit ihrem Mann besprochen und er habe sie stets unterstützt.
Zurzeit suchen die Förderers in Schrozberg eine Wohnung. Eventuell wollen sie dort sogar wieder bauen. Und ihre nächsten Aufgaben als Bürgermeisterin kennt sie auch schon. Bürgerentscheid zur Freibadsanierung bearbeiten, Breitbandausbau, Wirtschaftsförderung, zählt sie auf. Und es wird deutlich: Gedanklich steckt sie schon voll drin in ihrem neuen Leben.