Ladenburg/Ilvesheim

Heimliches Hochwassertor

Bau unbemerkt von der Öffentlichkeit - Es soll im Sommer nächsten Jahres in Betrieb gehen - Enger Raum ist die größte Herausforderung

05.10.2018 UPDATE: 06.10.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 7 Sekunden

Ihr Arbeitsplatz ist der Neckar (v.l.): Richard Hurstel (Polier der Firma Schleith), Sebastian Piewak (Bauüberwachung Krebs und Kiefer), Florian Klug (Bauleitung Firma Schleith) und Bernd Walter, Projektleiter beim Amt für Neckarausbau. Foto: Pilz

Von Nicoline Pilz

Ladenburg. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit und auf engstem Raum entsteht am Neckarkanal zwischen Ladenburg und Ilvesheim der Ersatzneubau für das alte Hochwassertor aus dem Jahr 1927. "Die knappen Platzverhältnisse hier sind die größte Herausforderung für uns", sagt Projektleiter Bernd Walter, in dessen Zuständigkeit das Vorhaben nun zurückgefallen ist. Bauträger ist das Amt für Neckarausbau in Heidelberg, die Kosten übernimmt der Bund als Verantwortlicher für die Bundeswasserstraßen.

Auf rund 16 Millionen Euro soll der Ersatzneubau kommen, davon entfallen allein zwölf Millionen auf die reinen Bauausgaben. Diplom-Bauingenieur Walter und die beauftragten Firmen sind seit 2015 mit dem Projekt beschäftigt. Wegen Unstimmigkeiten in Bezug auf die Gewerke, Betonarbeiten und Bewehrung kam es zunächst zu einer Bauverzögerung von über einem Jahr.

Hintergrund

Ein zweijährliches Hochwasser wird als "kleines Hochwasser" bezeichnet und kommt häufig vor. Die Jährlichkeiten beziehen sich auf das statistisch errechnete Wiederkehrintervall.

Widerlager sind Bauteile, die horizontale und vertikale

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Ein zweijährliches Hochwasser wird als "kleines Hochwasser" bezeichnet und kommt häufig vor. Die Jährlichkeiten beziehen sich auf das statistisch errechnete Wiederkehrintervall.

Widerlager sind Bauteile, die horizontale und vertikale Druckkräfte aufnehmen und in den tragfähigen Baugrund ableiten.

Drempel sind (Tür-) Schwellen. Im Wasserbau sind es die Mauervorsprünge, über denen sich das Schleusentor, beziehungsweise hier das Sperrtor, befindet. nip

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Nach aktueller Planung soll im Sommer nächsten Jahres das neue stählerne Sperrtor, das aktuell in Dessau bei der Rosslauer Schiffswerft gefertigt wird, in Betrieb gehen. "Es kommt dann per Schiff hierher und soll im März eingehoben werden", erklärt Walter. Das alte Tor werde anschließend abgebaut. "Bis Ende 2019 rechnen wir mit dem Abschluss dieser Maßnahme hier", sagt er weiter.

Das Tor ist das wesentliche Bauteil zum Schutz vor Hochwasser: "Ab zweijährlichem Hochwasser wird es geschlossen, weil der Neckar in diesem Bereich rund vier Meter über normalem Wasserstand steigen kann", berichtet Walter. Und dann liefe auch das angrenzende Gewerbegebiet voll, genauso wie der Mahrgrund in Ilvesheim.

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Das Hochwassersperrtor muss an allen Tagen eines Jahres betriebsbereit sein, gleichzeitig soll aber auch die Schifffahrt außerhalb der Hochwasserzeiten ermöglicht werden. "Wir haben uns deshalb entschlossen, das Tor etwas unterhalb des alten Sperrtors neu zu bauen und keine Instandhaltung zu machen", informiert der Projektleiter.

Das neue Tor werde 40 Meter unterhalb des alten Bauwerks errichtet. Die Anlage selbst ist nicht fernsteuerbar - im Ernstfall, wenn Pegeldaten und Vorhersagemodelle Alarm auslösen, wird das Personal, das auch die Wehranlagen und Schleusen bedient, vor Ort geschickt.

Derzeit laufen Betonagen in Vorbereitung des Toreinbaus in sogenannten Widerlagern. "Der aktuelle Betonierabschnitt ist kritisch, da hier viel Bewehrung liegt, die hohe Lasten tragen muss", sagt Walter. Sorgfältigstes Arbeiten auf engem Raum, die gleichzeitige Sicherstellung einer störungsfreien Schifffahrt nebst der reibungslosen Betriebsbereitschaft des alten Tores, das seien die Herausforderungen dieser Baustelle.

Spannend wird es am 3. und 4. November, wenn der Drempel per Schwimmkram in einer Sperrpause eingehoben wird. Der Kran kommt aus dem Ruhrgebiet und legt das Bauteil dann vier Meter tief in die Flusssohle. Danach wird der Drempel einbetoniert. Der 42 Meter lange, zwei Meter breite, 135 Tonnen schwere und 1,80 Meter hohe Drempel aus Spannbeton bildet die Dichtung zum Sperrtor hin. Bisher fahren die drei Hochwassersperrtore auf dem Neckar noch per Kette nach unten. Das neue Tor in Ladenburg, ein gebogenes Stauschild, wird künftig an Segmentarmen nach oben und unten bewegt. Es dauert rund eine Stunde, bis das 42 Meter breite, 8,20 Meter hohe und 230 Tonnen schwere Stahltor über den Hydraulikantrieb geschlossen ist, und genauso lange, bis es wieder offen ist.

"Diese Zeit ist unkritisch, weil in der Einsatzplanung Puffer eingebaut sind", erklärt Bernd Walter. Bevor die Schifffahrt nach einem Hochwasser innerhalb von 24 Stunden wieder freigegeben wird, überprüft das Wasser- und Schifffahrtsamt die Fahrrinne des Neckars auf Hindernisse und entfernt sie. Umgestürzte Bäume zählen nach Sturmschäden unter anderem zu den Gefahrenquellen. Nach dem Ersatzneubau in Ladenburg werden auch die anderen beiden Hochwassersperrtore in Horkheim und Pleidelsheim nacheinander ersetzt. Sie stammen ebenfalls aus den späten 1920er Jahren und haben ihre Lebensdauer erreicht.

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