Künstliche Intelligenz

Wenn die "Maschine" beim Verkaufen hilft

Das Wirtschaftsministerium zeichnet Firmen für Lösungen auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz aus.

27.07.2021 UPDATE: 28.07.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 39 Sekunden
Roboter, die mit Menschen kommunizieren, gibt es schon. Foto: dpa

Stuttgart/Heidelberg. (hab/cab) Die vergangenen zwei Tage brachten einen Schub für Unternehmen auf dem Gebiet der Künstlichen Intelligenz (KI) in der Region. Am Dienstag wurde die Einrichtung eines Innovationsparks für KI in Heilbronn bestätigt. Am Tag zuvor erhielten neun Projekte und Firmen die undotierte Auszeichnung "KI-Champion Baden-Württemberg". KI gilt als Schlüsseltechnologie der Zukunft und ist für das Land als Wirtschaftsstandort nach Ansicht von Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) von essenzieller Bedeutung. Die diesjährigen "KI-Champions" kommen unter anderem aus Heidelberg, Mannheim, Karlsruhe und Heilbronn.

Gleich zu Beginn mischte die aus Ägypten stammende Expertin, Wissenschaftlerin und Unternehmenschefin Rana el Kaliouby aufgekratzt und kaum zu bremsen die digitale Preisverleihung mit ihrem Vortrag auf. Wer sich wie el Kaliouby dem Thema der "Maschine"-Mensch-Schnittstelle annimmt und sie in den Mittelpunkt seiner Firmenaktivitäten stellt, kann gar nicht emotionslos und gelassen bleiben. Nicht umsonst stößt die Forschung an KI in Deutschland auf mehr Vorbehalte als in vielen anderen Staaten – allen voran den USA, wo el Kaliouby tätig ist.

Wie soll eine Künstliche Intelligenz als Maschinenintelligenz die Kommunikation mit einem Menschen erfassen, wenn sich nur zehn Prozent dieser Kommunikation in harten Fakten ausdrücken, 90 Prozent aber aus einer so genannten nichtverbalen Kommunikation stammen. Mit wie viel Energie spricht jemand, lächelt er dabei, ist er ruhig oder aufgeregt, gestikuliert er, wie schnell spricht er? Diese 90 Prozent bedeuten eine emotionale Blindheit der KI, die sie unfähig macht zu erfassen, wie "jemand drauf ist".

Diese 90 Prozent waren bisher "lost in cyber-space". Die Amerikanerin nimmt für sich, ihre Software und ihr Unternehmen in Anspruch, dass sie diese verschütteten Daten einer Kommunikation auch für KI fruchtbar machen kann. Damit käme die KI der menschlichen Intelligenz wieder einen Schritt näher. Nicht umsonst trägt der Award, den die Ministerin vergab, eine rückwärts laufende Uhr in sich, die auf das Jahr 2062 ausgerichtet ist. In diesem Jahr, so haben Wissenschaftler ausgerechnet, soll künstliche Intelligenz das Niveau der menschlichen Intelligenz erreichen. Die KI-Pionierin el Kaliouby will damit erreichen, das Leben für Menschen besser und einfacher zu machen, wie sie betont.

Die acht Unternehmen und eine Forschungseinrichtung, die den Preis in drei Kategorien erhielten, beschäftigen sich mit Sprachoptimierung, mit der Verbesserung der Altpapierverwertung oder auch mit der Verbesserung des Angebots von Schienendienstleistern.

Auch interessant
Digitalisierung: "Deutschland kann schnell aufholen", sagt die SAS-Deutschland-Chefin
Datenschutz und KI: Apple verschärft Wettbewerb mit Facebook & Co.
Heilbronn: Stadtsiedlung plant Neubau der Innovationsfabrik am neuen Standort
Heilbronn: KI-Park ist Riesenschritt in die Zukunft  (Update)

"Eine gesunde Schiene führt zu mehr Effektivität, zu mehr Attraktivität und damit zu mehr Nachhaltigkeit", erklärt Olga Mordvinova von der Heidelberger Inctec GmbH. Diese bietet eine Software zur Zustandsüberwachung von Bahngleisen an, die Defekte erkennt und klassifiziert. Das soll auch Wartungsarbeiten effektiver machen und für weniger Störungen im Schienenverkehr sorgen.

Die zweite ausgezeichnete GmbH aus Heidelberg nennt sich Aleph-Alpha. Gründer Jonas Andrulis wagt sich mit seiner Firma in Sphären der menschlichen Sprache. Seine KI, die fünf europäische Hauptsprachen beherrscht, soll ein Kontextverständnis aufbringen, ein Weltverständnis und ein Gefühl dafür, was Menschen wollen. All das hat bisher gefehlt.

Allein die Benutzung des Wortes "Gefühl" in Zusammenhang mit einer Maschinensoftware ist ungewöhnlich. "In Sprache ist alles drin. Einfach alles. Implizit unser gesamtes entcodiertes Weltverständnis. Im Neo-Cortex des Menschen entstehen Assoziationen. Im langsamen Denken andere Konstrukte", betont er. Grundlage für solche Sprachgenies unter den Computern sind die Datenmengen. "Wird die Datenmenge groß genug, entstehen dadurch Effekte und Ergebnisse, die niemand erwartet hat". Genau das ist es, was manchen Wissenschaftlern Sorge bereitet. Um nicht zu sagen: Angst macht.

"KI-Champion" aus Mannheim ist die Adtelligence GmbH. Deren "Personalisierungsmaschine" ist quasi ein Verkaufsförderer und spricht Kunden unter anderem auf Webseiten und Produktseiten persönlich an – unter Beachtung des Datenschutzes, wie es hieß. Anwender bräuchten für den Einsatz keine Programmierungskenntnisse. Durch die gezielte Ansprache soll die KI neue Kunden anlocken oder zum Kauf weiterer Produkte animieren. Um Kundenbindung und Verkauf geht es auch der Karlsruher Qymatix-Solutions GmbH. Ihre Software empfiehlt Vertriebsaktivitäten und greift dafür auf die Vertriebsdaten des Unternehmens zurück, das die KI einsetzt. Ziel ist, in Fertigung und Großhandel mehr zu verkaufen, und das mit geringeren Kosten.

Aus Heilbronn ist unter den Preisträgern die 100-Worte-Sprachanalyse GmbH. Sie analysiert und verbessert die digitalen Kommunikationswege von Unternehmen. Zielgruppen sollen besser angesprochen werden. Zum Einsatz kommen dabei auch marktpsychologische Merkmale. Die KI bezieht zudem neueste Erkenntnisse aus Sprachwissenschaft und Neuromarketing mit ein.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
(zur Freigabe)
Möchten sie diesen Kommentar wirklich löschen?
Möchten Sie diesen Kommentar wirklich melden?
Sie haben diesen Kommentar bereits gemeldet. Er wird von uns geprüft und gegebenenfalls gelöscht.
Kommentare
Das Kommentarfeld darf nicht leer sein!
Beim Speichern des Kommentares ist ein Fehler aufgetreten, bitte versuchen sie es später erneut.
Beim Speichern ihres Nickname ist ein Fehler aufgetreten. Versuchen Sie bitte sich aus- und wieder einzuloggen.
Um zu kommentieren benötigen Sie einen Nicknamen
Bitte beachten Sie unsere Netiquette
Zum Kommentieren dieses Artikels müssen Sie als RNZ+-Abonnent angemeldet sein.