Polizei nutzt intelligente Videokameras
2018 startet das Projekt "Mannheimer Weg 2.0" - 71 Kameras im Einsatz

Der Platz vor dem Hauptbahnhof ist derzeit der einzige videoüberwachte Ort in Mannheim. Ab 2018 werden dann 71 intelligente Kameras an Brennpunkten eingesetzt. Foto: Gerold
Von Heike Warlich-Zink
Mannheim. Im öffentlichen Raum mittels modernster Kameratechnik mehr Sicherheit gewährleisten und dabei möglichst wenig in die Freiheitsrechte der Bürger eingreifen - geht das überhaupt? Mannheimer Stadtverwaltung und Polizei sind überzeugt, dass es funktioniert. "Wenngleich dieses Spannungsfeld niemals ganz aufzulösen sein wird", räumt Erster Bürgermeister Christian Specht ein, als er gestern gemeinsam mit Polizeipräsident Thomas Köber das Pilotprojekt "Mannheimer Weg 2.0" vorstellte.
So sieht der Plan aus: Ab dem ersten Quartal 2018 sollen im Bereich des Bahnhofsvorplatzes, wo momentan Kameras der ersten Generation hängen, neue "intelligente" Kameras installiert werden. Ebenso auf dem Alten Messplatz, in der Breiten Straße zwischen Paradeplatz und Neckartor einschließlich Marktplatz sowie am Plankenkopf. In der Summe sind 71 Kameras an 28 Standorten eingeplant. Laufen wird die Software voraussichtlich ab dem dritten Quartal 2018.
Das Besondere an der neuen Kamerageneration: Sie setzt auf intelligente Technik, die bestimmte Verhaltensmuster erkennt. Bewegungen wie Fallen, Rennen, Treten oder eine plötzliche Rudelbildung, um dann im polizeilichen Führungs- und Lagezentrum Alarm zu schlagen. Dort sitzen Beamte am Monitor und können schnell Kollegen zum Eingreifen vor Ort losschicken. Eine solche, vom Fraunhofer Institut entwickelte Software zur automatischen Bildauswertung gibt es bereits. Ihr Einsatz im öffentlichen Raum war bisher aus rechtlichen Gründen jedoch nicht möglich, sodass sie längst noch nicht ausgereift ist. Sie müsste unter tatsächlichen Gegebenheiten noch weiter "lernen", um eine mögliche Straftat zu erkennen.
"Sobald der Entwurf zur Änderung des Landespolizeigesetzes verabschiedet ist, können wir diese Art von Videoschutz einzusetzen", so Specht. Und das will man als bundesweites Pilotprojekt unter wissenschaftlicher Begleitung der Universität Freiburg dann auch tun. Denn schon mit der analogen Kameratechnik der Generation 1.0 hat Mannheim laut Köber gute Erfahrungen gemacht. Von 2001 bis 2007 im Einsatz, seien die Straftaten im öffentlichen Raum zurückgegangen. So signifikant, dass man die Geräte - ausgenommen am Bahnhofsvorplatz - aus rechtlichen Gründen wieder abschalten musste. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet. Die Straßen- und Betäubungsmittelkriminalität ist in den letzten beiden Jahren stark angestiegen, sodass Stadt und Polizei erneut auf die Videoüberwachung setzen wollen. "Doch nicht grundsätzlich und flächendeckend, sondern zugeschnitten auf die Mannheimer Verhältnisse und begrenzt auf sorgsam ausgewählte Standorte, die als Kriminalitätsschwerpunkte einzustufen sind", betont Köber.
Auch interessant
Die Kameras werden nicht in Wohngebiete und nicht in private Bereiche gerichtet. Es wird weder eine biometrische Gesichtsfelderkennung noch eine Auswertung von Sprache geben. Im Endausbau des Systems sollen die Gesichter der Passanten verpixelt sein. Gesamtprojektleiter Klaus Pietsch rechnet mit raschen Fortschritten. Zum Personaleinsatz sagte Köber, dass er davon ausgeht, dass in den ersten beiden Jahren drei bis vier Beobachter für die Monitore eingesetzt werden, später nur zwei.
"Ziel ist die Polizeipräsenz vor Ort. Ich will die Beamten auf der Straße und nicht vor dem Bildschirm haben", erklärte der Polizeipräsident. Specht und er sehen innerhalb der Bevölkerung eine große Akzeptanz der Videoüberwachung als Mittel zur Verbesserung des Sicherheitsgefühls. Beide beziehen sich dabei unter anderem auf Erhebungen, wonach sich zwei Drittel der Befragten über die frühere Maßnahme von 2001 bis 2007 positiv geäußert hätten.
Gestern wurde der Ausschuss für Sicherheit und Ordnung über den Stand des Projekts ebenfalls informiert. Im Dezember soll sich der Gemeinderat noch ausführlich mit dem Thema befassen und die Mittel freigeben.



