Heidelberg

Niedrigwasser belastet die Wasserqualität

Fauna, Flora und auch das Trinkwasser sind betroffen: Im Neckar nimmt der Anteil des geklärten Abwassers zu.

09.08.2020 UPDATE: 10.08.2020 06:00 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden
Auch im Leimbach bei Sandhausen gefährdet die Abwasserbeseitigung die Wasserqualität. Die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes „Untere Hardt“ wird daher um eine Reinigungsstufe erweitert. Foto: Hebbelmann

Von Sabine Hebbelmann

Heidelberg. Die Folgen des Klimawandels sind nicht mehr zu übersehen. Ausgedörrte Felder und sterbende Bäume sind sichtbare Zeichen für Probleme, die im wahrsten Sinne tiefer liegen. Mit dem "Dürremonitor" des Helmholtz Zentrums für Umweltforschung lässt sich tagesaktuell der Dürrezustand des Bodens verfolgen. Bereits die Jahre 2018 und 2019 waren viel zu trocken, und das entstandene Niederschlagsdefizit müsste eigentlich dringend ausgeglichen werden. Doch auch in diesem Jahr hat es wieder zu wenig geregnet. Laut Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) fielen in den Monaten April bis Juli in Baden-Württemberg nur rund 57 Prozent des Niederschlages, der im langjährigen Mittel für diesen Zeitraum üblich ist.

Niedrige Wasserstände in Trockenperioden können auch Auswirkungen auf die Wasserqualität haben, denn Flüsse und Bäche nehmen häufig auch behandeltes Abwasser aus Kläranlagen, sogenanntes Klarwasser, mitsamt den darin enthaltenen Schadstoffen und Krankheitserregern auf.

Wie hoch der Anteil des geklärten Abwassers in Flüssen und Bächen deutschlandweit ist, wie sich dieser Anteil bei Niedrigwasser verändert und was das für die Gewässerökologie und die Gewinnung von Trinkwasser aus Uferfiltrat bedeutet, hat das Umweltbundesamt (UBA) 2018 in einer Studie untersucht. Fazit der Studie ist: "Im Zuge des Klimawandels werden Klarwasseranteile in den Oberflächengewässern zunehmen und somit qualitativ sowohl für den ökologischen und chemischen Zustand des Gewässers als auch für die Trinkwasserversorgung eine noch größere Rolle spielen."

Besonders sticht in der bundesweiten Betrachtung der Neckar heraus. Bei Niedrigwasser besteht das Neckarwasser an den meisten Stellen zu mehr als der Hälfte aus geklärtem Abwasser. Denn im Einzugsgebiet des Flusses findet sich die höchste Dichte an kommunalen Kläranlagen in ganz Baden-Württemberg. Laut Studie behandeln 478 kommunale Kläranlagen jährlich zusammen rund 830 Millionen Kubikmeter Abwasser und leiten es in den Neckar ein. Nur drei dieser Anlagen verfügen über eine Behandlungsstufe zur Spurenstoffentfernung mit Pulveraktivkohle (PAK). Dabei geht es vor allem darum, Mikroschadstoffe wie etwa Medikamentenreste aus dem Abwasser herauszufiltern. Eine solche vierte Reinigungsstufe hat seit 2016 auch das Klärwerk Mannheim. Im Rhein-Neckar-Kreis ist die Kläranlage des Abwasserzweckverbandes "Untere Hardt" in Sandhausen die erste, die eine Reinigungsstufe zur gezielten Spurenstoff-Elimination bekommt. "Bei der Aufnahme in das Landesprogramm kommt es auf die Dringlichkeit an", weiß Margarete Schuh, Leiterin des Wasserrechtsamtes des Rhein-Neckar-Kreises.

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Bei der Trinkwassergewinnung gibt sie Entwarnung. Vom Neckar beeinflusst sind nach ihrer Auskunft im Kreisgebiet lediglich die flussnahen Flachbrunnen von Edingen-Neckarhausen. "Das meiste ist frei von Uferfiltrat", betont Schuh. In Heidelberg sind es nach Angaben der Stadtwerke Heidelberg die Wasserwerke Rauschen und Schlierbach, deren Trinkwasserbrunnen Uferfiltrat des Neckars enthalten.

Schuh betont: Trinkwasser in Deutschland gilt als Lebensmittel und wird entsprechend streng kontrolliert. Sollte es in einem Wasserwerk zur Überschreitung von Grenzwerten kommen, wird Wasser anderer Herkunft beigemischt. Außerdem sind rund um die Trinkwasserbrunnen, aus denen Grundwasser zur Trinkwassergewinnung geschöpft wird, Wasserschutzgebiete ausgewiesen. In Heidelberg sind zum Schutz der öffentlichen Trinkwasserversorgung 46 Prozent des Stadtgebiets als Wasserschutzgebiet ausgewiesen.

Im Rhein-Neckar-Kreis bestehen derzeit 47 Wasserschutzgebiete für Trinkwassergewinnungsanlagen. Je nach Schutzzone gelten für Landwirte unterschiedliche Einschränkungen, zum Beispiel in Form von Verboten zur Ausbringung von Jauche, Gülle, Klärschlamm und Pflanzenschutzmitteln.

In vier der 47 Wasserschutzgebiete des Kreises wurde bei Messungen der Grenzwert für Nitrat im Grundwasser von 50 Milligramm pro Liter überschritten, und zwar in Eppelheim sowie in den nördlich von Heidelberg gelegenen Wasserschutzgebieten Lobdengau (Ladenburg), Obere Bergstraße und Eichelberggruppe. In diesen "Nitrat-Sanierungsgebieten" müssen besonders strenge Auflagen erfüllt werden. Auch im Kraichgau gibt es erhebliche Nitrat-Belastungen. So musste die Gemeinde Dielheim die gemeindeeigenen Brunnen schließen und viel Geld in die Umstellung der Wasserversorgung auf Bodenseewasser investieren. Bei Niedrigwasser leiden auch Fauna und Flora. Schuh berichtet von Aktionen örtlicher Feuerwehren, die – um Fischsterben zu verhindern – Wasser in Bäche pumpen.

Und was kann jeder Einzelne für den Schutz des Wassers tun? "Bitte entsorgen Sie Medikamentenreste nicht über die Toilette!", lautet der dringende Appell der Amtsleiterin. Außerdem diene es der Grundwasserneubildung, wenn man Flächen entsiegelt und, anstatt die Einfahrt zuzubetonieren, Rasengittersteine verwendet.

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