Private Betreiber schreiben schwarze Zahlen
Städte und Gemeinden pumpen in ihre Hallenbäder dagegen enorme Summen, auch damit Bürger und Vereine nicht darauf verzichten müssen - Eine regionale Analyse

Metropolregion Rhein-Neckar. (RNZ) Hallenbäder sind kommunalpolitische Reizthemen. Wartung, Betrieb und Technik kosten jede Menge Geld. Das Personal ist auch nicht günstig. Und über die Eintrittspreise kann man die Kosten nicht reinholen. Private Spaß- und Freizeitbad-Betreiber seien da freier, heißt es aus den Rathäusern. Und doch wollen Städte und Gemeinden, die Schwimmbäder haben, nur äußerst ungern darauf verzichten oder gar laut über Schließungen nachdenken. Aber warum? Und wie hoch sind die Defizite wirklich? Wie gehen die Kommunen damit um? Die RNZ hat in der Region recherchiert und stieß dabei auch auf überraschend kreative Ansätze.

Eine Ruine in Schönau. Die Region rund um Heidelberg hat in den vergangenen 30 Jahren zwei Hallenbäder verloren: jene in Schönau und Meckesheim. Das Schönauer Hallenbad steht noch, ist aber eine Ruine und gammelt vor sich hin. Es wurde im Jahr 2008 nach 42 Jahren geschlossen. Das im Jahr 1966 für 1,67 Millionen Mark errichtete Hallenbad mit "Kleinstschwimmhalle" und 16,67 mal acht Meter großem Becken war finanziell immer ein Sorgenkind. Die jährlichen Defizite stiegen von anfänglich 21.000 auf 380.000 Mark im Jahr 1996. Im Jahr 1997 schien die Stadt alle Sorgen los zu sein, als sie das Bad kostenlos an einen Pächter übergab. Dieser wollte den Glanz zurückholen, konnte sich aber nur elf Jahre über Wasser halten. Inzwischen gibt es in Schönau Überlegungen zu einem Neubau.
Gescheiterte Sanierungspläne in Meckesheim. Von Neubauplänen ist in Meckesheim nichts bekannt. Das Hallenbad der Gemeinde im Elsenztal galt nach der Eröffnung im Jahr 1975 als das modernste in der Region. Doch schon 1990 wurde es wieder geschlossen. Beim Bau der 2,4 Millionen Mark teuren Vorzeigeeinrichtung war trotz des weichen Untergrundes auf eine Tiefgründung verzichtet worden. Mit fatalen Folgen: Schon während des Baus neigte sich das Gebäude, es bildeten sich Risse, Leitungen wurden undicht, es regnete herein, Fensterscheiben und Fliesen rissen. Als dann die Fußbodenheizung kaputt ging, gab es einen Pilzbefall. Dieser bedeutete das endgültige Aus. Alle Sanierungspläne scheiterten. Der Abriss im Jahr 2013 kostete rund 100.000 Euro.
Kostenfrei in Sandhausen, teurer in Eppelheim, saniert in Dossenheim. Besser geht es den Hallenbädern in Dossenheim, Eppelheim, Leimen, Mauer, Nußloch und Sandhausen. Doch auch diese lassen sich nicht wirtschaftlich führen, sondern sind Zuschusseinrichtungen. Im vergangenen Jahr saniert wurde das Hallenbad in Dossenheim für rund 3,5 Millionen Euro. Die alte Technik wurde komplett auf den neuesten Stand gebracht, ein neuer Kassenautomat wurde installiert. Ebenso wurde in Brandschutz und Barrierefreiheit investiert. Das Baden in Eppelheim ist unlängst deutlich teurer geworden. Erwachsene müssen seit diesem Jahr vier statt 2,50 Euro Eintritt zahlen, was Mehreinnahmen von 30.000 Euro bringen soll. Das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein: Denn das Defizit lag im Jahr 2018 bei rund 564.000 Euro. Sandhausen geht einen anderen Weg: Dort ist der Eintritt frei.
Sorgen in Mauer. Sorgen um die Zukunft des Hallenbades machen sich derweil die Bürger in Mauer. Dort hat sich ein neuer Verein gegründet, der das Hallenbad bei Sanierungen und Reparaturen finanziell unterstützen möchte. (cm)
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Diskussionen in Eberbach. In Eberbach wird über die Zukunft des 1973 fertiggestellten Hallenbads am Neckar seit Jahren diskutiert. Die Technik ist marode. Das jährliche Betriebskostendefizit von Hallen- und Freibad liegt bei 900.000 Euro und wird von den Stadtwerken über Gewinne aus dem Strom- und Gasverkauf ausgeglichen. Im Gemeinderat gibt es eine starke Mehrheit für den Erhalt oder einen Neubau. Allein das scheitert bislang an den Kosten: Die liegen laut Gutachten zwischen fünf und zehn Millionen Euro – Geld, das die mit über 28 Millionen Euro verschuldete 14 000-Einwohner-Stadt nicht hat. Die Freien Wähler im Rat sprechen sich deshalb für eine Schließung aus: Schwimmen lernen könnten Kinder auch im Sommer. Druck dagegen kommt von Vereinen wie der DLRG, den Kanuten oder den Schwimmern des Turnvereins, die das Bad im Winter zum Training nutzen. Viel zu bieten hat es mit Sprungturm und Sauna im Vergleich zu modernen Spaßbädern nicht. Die Besucherzahlen sinken seit Jahren. 2019 waren es 33 400. Im Jahr 2008 besuchten noch 46 000 das Eberbacher Hallenbad. Konkurrenz macht die nur elf Kilometer entfernte Katzenbuckeltherme in Waldbrunn. Wie es weitergehen könnte, tüftelt ein Arbeitskreis hinter verschlossenen Türen aus. Eine Lösung zur Finanzierung eines Neubaus scheint nicht ausgeschlossen. (cum)
Erwartungen in Waldbrunn. In der Region Mosbach gibt es vier kommunale Hallenbäder. Das größte von ihnen ist die Katzenbuckeltherme in Waldbrunn. Über 100.000 Besucher ziehen dort jedes Jahr ihre Bahnen, erst kürzlich hat man den millionsten Besucher begrüßt und beglückwünscht. Weniger zu Glückwünschen lädt aber das Defizit ein, welches das Bad jedes Jahr erwirtschaftet: 2017 waren es 672.000 Euro, 2018 dann 630.000 Euro, für 2019 rechnet man sogar mit 761.000 Euro. Auch weil einige Maßnahmen anstanden. "Um rentabel zu arbeiten, müsste man den Eintrittspreis deutlich erhöhen. Das ist nicht machbar", meint Bürgermeister Markus Haas. Denn: "Bei kommunalen Bädern wird erwartet, dass man günstig baden kann", ist das Gemeindeoberhaupt überzeugt.
Schwimmen lernen in Haßmersheim, Gesundheitsgedanke in Aglasterhausen. Auch in Haßmersheim kann man günstig im kommunalen Hallenbad schwimmen. "Es ist wichtig, allein um Kindern Schwimmunterricht zu bieten", ist Hauptamtsleiterin Jenny Retzbach überzeugt. Für Sabine Schweiger, Bürgermeisterin in Aglasterhausen, ist das auch einer der Gründe, um Bäder zu erhalten: "Bei uns lernt jedes Kind schwimmen", zeigt sie sich stolz. "Das Bad ist anerkannt. Und ich denke, dass es auch zum in Aglasterhausen herrschenden Gesundheits- und Sportgedanken gehört." Der Ausgleich des Defizits sei ein Beitrag, den die Gemeinde leiste, um eben dieses Angebot zu schaffen.
Stabile Besucherzahlen in Mosbach. In Mosbach wird das Hallenbad (wie auch das Freibad) von den Stadtwerken betrieben. Auch Geschäftsführer Jürgen Jaksz betont: "Mosbach als Große Kreisstadt muss gewisse Dinge vorhalten. Und da gehört ein Hallenbad einfach dazu." Der Lohn seien stabile Besucherzahlen. Aber auch die Schulen und die DLRG profitieren von dem Bad und bilden hier Kinder zu Schwimmern aus. In der Gemeinde Obrigheim wurde das kleine Hallenbad aufgrund der hohen Kosten für Instandhaltung und Betrieb im Jahr 2008 geschlossen. (stk)
Geschickter Plan in Sinsheim. Sinsheims Bäderlandschaft aus städtischem Hallenbad, großem Freibad und der privaten "Badewelt" müsse als Ganzes betrachtet werden, sagt Andreas Uhler, Chef der Stadtwerke in der 36.000-Einwohner-Stadt. Ein geschickter Plan hat bewirkt, dass der politisch gewollte Neubau des maroden Hallenbads wahrhaft Großes nach sich zog: In einer europaweiten Ausschreibung hatte man damals nach einem Erbauer gesucht, der "im Umfeld des neuen Hallenbads eigenes Geld in die Hand nimmt, idealer Weise im Wellness-Sektor". Dass die Gruppe des verstorbenen "Bädermoguls" Josef Wund anklopfte, sei auch der günstigen Autobahnlage "und etwas Glück" geschuldet gewesen, sagt Uhler. Wund investierte über 50 Millionen Euro. Sinsheim, das auch marode Schulschwimmbecken schließen musste, erhielt Ende 2012 zugleich ein modernes Sportbad – und nicht nur das: Für die Schüler, die in der "Badewelt" zum Schwimmunterricht gehen, wurde ein eigener Bustransfer eingerichtet. Im Gegenzug zahlen die Stadtwerke über einen Zeitraum von 22 Jahren einen Betriebskostenzuschuss von 1,05 Millionen Euro an die Wund-Gruppe, werden dadurch Eigentümer des Bads. Die Wund-Gruppe wiederum hat Parkplätze der Stadtwerke gepachtet. Die Leistungs-, Gegenleistungs- und Verrechnungsmodelle seien komplexer und "nicht so einfach auf andere Orte übertragbar", so Uhler. Fakt ist aber: Bädersterben ist in Sinsheim kein Thema. 100.000 Besucher nutzen jährlich das Sportbad, kalkuliert hatte man mit 60.000. Weiterer Nebeneffekt: Das Freibad konnte aufwändig saniert werden. (tk)
Bauarbeiten in Bad Rappenau. Dass in Bad Rappenau in der auf eigenem Stadtgebiet geförderten Sole geplanscht werden kann, hat Tradition. Und das "Rappsodie" zieht Besucher aus einem weiteren Umkreis an. Doch Salzwasser ist aggressiv; schon mehrfach musste das Bad saniert werden. Aktuell stehen wieder einmal Bauarbeiten an, die die nicht besonders finanzstarke Kurstadt vor Herausforderungen stellen dürften. Hinter verschlossenen Türen hat der Gemeinderat über die Zukunft des "Rappsodie" gesprochen, nach außen hin gibt man sich wortkarg. Gerüchte gibt es reichlich – sie reichen von einer Sanierung bis zum Neubau an anderer Stelle. Doch klar ist: Die Stadt braucht ein Bad, sonst verliert sie ihren Bäderstatus. (cbe)
Verrechnungen in Walldorf. Der Walldorfer "Aqwa"-Bäderpark hat den Stadtwerken 2018 einen Verlust von rund drei Millionen Euro beschert, und das trotz hoher Besucherzahlen im Freibad (166.000), Hallenbad (163.000) und in der Sauna (49.000). Grund für das hohe Minus sind viele Unterhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen, vor allem aber gestiegene Personalkosten. Darauf hat das "Aqwa" reagiert und nach fünf Jahren die Eintrittspreise zum 1. Januar 2020 deutlich erhöht (je nach Angebot zwischen 20 und 50 Prozent). Stadtwerke-Geschäftsführer Matthias Gruber sprach vom "sorgfältigen Umgang mit öffentlichen Mitteln". Als Betreiber des Bads verrechnen die Stadtwerke in einem steuerlichen Querverbund die Gewinne aus der Versorgungswirtschaft (Strom, Wasser, Gas) gegen den Verlust des "Aqwa", wodurch für Spartengewinne keine Steuern bezahlt werden.
Becken wich Turnhalle in Wiesloch. Die Stadt Wiesloch hatte bis vor fünf Jahren noch drei Lehrschwimmbecken: in Schatthausen, Baiertal und in der Kernstadt an der Schillerschule. Letzteres wurde vor fünf Jahren geschlossen und abgerissen – dort wurde eine dringend benötige Turnhalle errichtet. Die Anlagen in Baiertal und Schatthausen kamen im Rahmen der Eingemeindung 1973 nach Wiesloch. Die jährlichen Betriebskosten belaufen sich auf 200.000 Euro, hinzu kommen Sanierungs- und Reparaturkosten. Der Eingemeindungsvertrag sieht vor, die Lehrschwimmbecken zu erhalten. Ihr baulicher Zustand ist aber bedenklich. Sollte die Betriebssicherheit nicht mehr gewährleistet sein und noch höhere Kosten anfallen, müsste der Gemeinderat eine Grundsatzentscheidung fällen. Dann könnte über den Neubau eines zentralen Lehrschwimmbeckens für die gesamte Stadt entschieden werden.
"Badespaß" im Minus in St. Leon-Rot. Das Hallenbad "Badespaß" in St. Leon-Rot hat 2018 ein Minus von 822.000 Euro geschrieben, "deutlich weniger als prognostiziert", wie Bürgermeister Alexander Eger betont. Bürgern und Vereinen biete man gezielt "sehr moderate Preise". Fast 73.000 Gäste waren es 2018 – gegenüber rund 53.000 anno 2014, ein für Eger sehr erfreulicher Zuwachs. Für dieses Jahr stehen laut Plan den Einnahmen von knapp 93.000 Euro aus Badegebühren Ausgaben von fast einer Million gegenüber: mehr als 250.000 Euro Personalkosten, 350.000 Euro Betriebsaufwand (etwa Energie), ein Verwaltungsaufwand von über 70.000 Euro und Abschreibungen von fast 300.000 Euro. "Für uns war von Anfang an wichtig, das Schwimmenlernen zu ermöglichen", so Eger. Das sei von enormer Bedeutung und leider in letzter Zeit aus dem öffentlichen Bewusstsein verschwunden, jedes Jahr wiesen die Statistiken bundesweit mehr Tote bei Badeunfällen aus. (rö/hds/seb)
Kostenteilung in Schwetzingen und Oftersheim. Das Freizeitbad "Bellamar" in Schwetzingen wurde 2014 für acht Millionen Euro umgebaut. Die Kosten dafür wurden zu einem Drittel von der Gemeinde Oftersheim und zu zwei Dritteln von der Stadt Schwetzingen aufgebracht. Auch die Betriebskosten teilen sich die beiden Kommunen nach diesem Schlüssel. 2019 kamen 270.000 Besucher ins "Bellamar", das aus Hallen- und Freibad sowie aus Sauna und Gastronomie besteht. Der Verlust des Bades lag im Jahr 2018 trotzdem aufgrund der günstigen Eintrittspreise bei 1,9 Millionen Euro. "Dazu stehen wir aber, weil unser Bad für alle Generationen und auch für Familien mit Kindern attraktiv bleiben soll", so Dieter Scholl, Leiter des Eigenbetriebs Bellamar.
Leiden unter der Salierbrücke in Hockenheim. Das "Aquadrom" in Hockenheim ist innerhalb der Stadtwerke Hockenheim angesiedelt. Das Freizeitbad hat eine Salzgrotte und das größte deutsche Wellenbecken im Außenbereich. Im Jahr 2019 kamen 265.000 Besucher nach 346.000 im Jahr zuvor. Die Betreiber machen die Sperrung der Salierbrücke für den Rückgang mitverantwortlich. Das Betriebsergebnis für 2019 weist ein Defizit von rund drei Millionen Euro aus. Um das Defizit zu mindern, wurden die Eintrittspreise im letzten Jahr moderat angehoben. (hab)
Drei Modelle in Weinheim. In Weinheim gibt es drei Bäder-Modelle. Mit jährlich rund 700.000 Gästen am stärksten frequentiert ist das privat geführte Miramar. 1987 übernahm die Unternehmerfamilie Steinhart den hochdefizitären Betrieb zum symbolischen Preis von einer Mark. Nach Angaben des heutigen Badinhabers Marcus Steinhart sind allein in den letzten 25 Jahren über 40 Millionen Euro in den Betrieb geflossen. Die Verwaltungsverantwortlichen freuen sich darüber, betonen aber auch, dass private Bäder wirtschaftlicher betrieben werden können als öffentliche, weil sie bei der Gestaltung von Personalkosten, beim Vergaberecht der Bauleistungen und bei den Eintrittspreisen freier sind. Zumal kommunale Badbetreiber sozialen Aufgaben nachkommen, etwa durch ihre günstige Preisgestaltung, aber auch durch Angebote an Vereine und Schulen. So gibt es noch das 58 Jahre alte Hallenbad Weinheim "HaWei" in der Nähe des Bahnhofs. Den Betrieb führen die Stadtwerke, die das Bad in Schuss halten und um die 100.000 Besucher im Jahr anziehen. Ebenso wie das "HaWei", liegt auch das Viktor-Dulger-Bad im Ortsteil Hohensachsen unter einer städtischen Sporthalle. Der gleichnamige Pumpenhersteller hat in die Technik des Bades investiert. Das 50 Jahre alte Gebäude gehört der Stadt. 2005 hat ein Förderverein den Betrieb übernommen. In den kommenden Jahren muss die Lokalpolitik entscheiden, wie es weitergeht: Denn im Bad ist in absehbarer Zeit viel zu tun. (web)

Neues Kombibad in Mannheim. In Mannheim gab es im Jahr 2018 Einnahmen in Höhe von 1,75 Millionen Euro bei den Bädern. Dem gegenüber stehen Ausgaben von rund 9,65 Millionen. "Die Deckung erfolgt über den städtischen Haushalt", erklärt ein Stadtsprecher. In die Mannheimer Bäderlandschaft kommt Bewegung: Am Standort des Herzogenriedbads in der Neckarstadt wird ein Kombibad errichtet. Mit dem Ziel, das öffentliche sowie das Schul- und Vereinsschwimmen aus dem Herschelbad in der Innenstadt und dem Hallenbad Seckenheim zu integrieren. Dann könnte Letzteres aufgegeben werden. "Die Planungen sind in vollem Gang, der Baubeginn ist für Ende 2021 vorgesehen", so der Stadtsprecher. In der Zwischenzeit soll eine neue Nutzungskonzeption des Herschelbads erarbeitet werden. Zudem gibt es Überlegungen, ein neues Sportbad am Standort des Carl-Benz-Bads in Käfertal zu bauen und dafür das Hallenbad in Vogelstang aufzugeben. (oka)