Neuer Verein will Rehkitze retten
Aktivisten schlossen sich bei Versammlung in Gaiberg zusammen - Mähdrescher größte Gefahr für Tiere

Von Karin Katzenberger-Ruf und Jürgen Ruf
Gaiberg. Rund 100.000 Rehkitze verenden jährlich in Deutschland. Sie werden auf den Feldern von Mähmaschinen schwer verletzt oder sofort getötet. Die erschreckende Zahl haben jetzt 18 Tierschützer zum Anlass genommen, den Verein Rehkitzrettung Rhein-Neckar aus der Taufe zu heben. Die Gründungsversammlung ging auf dem Grundstück des stellvertretenden Kreisjägermeisters Ralph Steffen in Gaiberg über die Bühne. Nach knapp anderthalb Stunden war der Vorstand gewählt und die Satzung besprochen, die nur noch geringfügig ergänzt werden soll.
Die Botschaft ist klar: Rehkitze sollen künftig besser geschützt werden – durch den Einsatz von Ehrenamtlichen, die die Felder mit Infrarot-Drohnen-Kameras von oben absuchen, bevor der Mähdrescher kommt. Die in diesem Jahr geborenen Kitze sind inzwischen so groß, dass sie nicht mehr bedroht sind.
Nachfolgende Generationen sollen im Rhein-Neckar-Kreis wie folgt geschützt werden: Landwirte melden Bedarf an, damit am frühen Morgen vor der Mahd ein Drohnen-Team anrücken kann. Das sind dann mindestens drei Personen, die Frühaufsteher und zwischen 3 und 8 Uhr morgens einsatzbereit sein sollen. In dieser Zeit ist die Suche nach den Tieren im Feld am effektivsten, was mit deren Körpertemperatur im Vergleich zur Außentemperatur zu tun hat. Damit kennt sich Bernd Branczyk aus Mannheim bestens aus. Er hat dank seiner Drohne in diesem Jahr schon drei Rehkitze in Speyer gerettet und außerdem ein Enten-Gelege mit 20 Eiern, das ansonsten auch platt gemacht worden wäre.

Eine Drohne, die zur Rettung von in einem Feld versteckten Tieren taugt, kostet rund 5000 Euro. Der "Drohnen-Führerschein" schlägt mit rund 720 Euro zu Buche. Der neu gegründete Verein setzt genau da an, will den Ehrenamtlichen Ausrüstung und Ausbildung finanzieren. Die Voraussetzungen sind gut: Die Rehkitzretter haben drei Drohnen-Piloten in ihren Reihen und Mitglieder, die es gern werden wollen.
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Jetzt müssen nur noch genügend Mitglieder gewonnen werden. Für Aktive wurde bei der Gründungsversammlung ein Jahresbeitrag von 20 Euro beschlossen, fördernde Mitglieder sind mit 60 und Firmen mit 300 Euro dabei. Zum Ersten Vorsitzenden wählte die Versammlung Ralph Steffen aus Gaiberg, "Vize" ist der Rettigheimer Stefan Werner. Die Nußlocher Christoph Maetz (Kassenwart) und Martina Löber (Schriftführerin) erweitern die Vorstandschaft. Der Verein möchte sich so bald wie möglich den Interessierten in Wald und Flur vorstellen. Nur sind die Veranstaltungen in freier Natur – auch jene unter der Regie des Geo-Parks – derzeit nur eingeschränkt möglich. Dafür war Martin Löber mit dem Aufbau einer Homepage für den jungen Verein ganz schnell. Sie ist unter der Adresse www.rehkitzrettung-rhein-neckar.de erreichbar.
Wie Ralph Steffen am Rande der Sitzung erläuterte, zieht es wegen eingeschränkter Freizeitmöglichkeiten in der Coronakrise mehr Menschen als sonst in die Natur. In den Wäldern komme es daher zu Problemen. Nicht alle Menschen blieben auf den Wegen, Wildtiere würden so gestört. In Gaiberg kümmert sich Ralph Steffens Frau Anne um Rehkitze, die gefunden werden und hilflos sind. Mit Milch aus der Flasche werden sie gefüttert und großgezogen. Ohne diese Unterstützung drohe ihnen der Tod. Voraussichtlich im Oktober könnten sie dann zurück in die Natur und dort ohne menschliche Hilfe überleben.
Wer im Wald ein Rehkitz findet, solle den Förster rufen, sagte Ralph Steffen. Auf keinen Fall dürften sie angefasst werden. Mit Menschengeruch nehmen Mütter den Nachwuchs nicht mehr an. Die Kitze drohten zu verenden.